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Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)
Autoren: Håkan Nesser
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fünfzigtausend Kronen und einen angesehenen Ghostwriter versprochen. Worauf er erklärt hatte, dass er unter keinerlei Umständen irgendeinen Ghostwriter benötige, und anschließend darum gebeten hatte, sich die Sache noch einmal überlegen zu dürfen. Vielleicht sollte er das Angebot doch annehmen? Warum eigentlich nicht? Er könnte das Geld nehmen, auf die Kanarischen Inseln oder nach Thailand oder weiß der Teufel wohin fahren. Nein, nicht noch einmal nach Thailand. Zwei Monate im Liegestuhl jedenfalls, mit seinem alten Romanmanuskript und es ein letztes Mal durchgehen. Mensch ohne Hund. Vielleicht würden sie es ja nehmen? Vielleicht war dieser Scheißverlag ja gar nicht hinter seiner Version der Ereignisse auf der Insel her, vielleicht lag es nur an seinem Namen Wichs-Walter Hermansson.
    Und auch wenn sie letztendlich nein sagten, war es nicht gerade eine Flucht, die er brauchte? Konzentrierte Arbeit. Isolation und gutes Wetter. Es war jetzt sieben Jahre her, seit er Mensch ohne Hund das letzte Mal durchgegangen war, vielleicht waren gerade so eine Zeitspanne und so eine Situation nötig, damit er eine letzte, sorgfältige Hand an den Text legen und dann den Roman herausgeben konnte? Endlich. Die vier größten Verlage des Landes hatten ihn alle zum Begutachten bekommen, Bonniers sogar zwei Mal. Er hatte die Ansichten von drei verschiedenen Lektoren erhalten und mit zwei Verlegern gesprochen. Besonders der Mann vom Albert Bonniers Verlag hatte ihm Hoffnung gemacht. Fast flehentlich hatte er ihn gebeten, doch die sechshundertfünfzig Seiten noch einmal durchzugehen und zu versuchen, mindestens hundertfünfzig davon zu streichen und dann wiederzukommen. Im Prinzip war man bereit, das Buch zu veröffentlichen, daran war gar nicht zu rütteln.
     
    Doch damals, im September 1999, nachdem Seikka ihm gerade ihre Absichten dargelegt hatte, war er nicht dazu in der Lage gewesen. Er hatte sich nicht hinsetzen und ein weiteres Mal in den Metaphern herumstochern können, dazu wäre auch sonst niemand in der Lage gewesen. Er hatte zwei Gedichtsammlungen vorzuweisen. Der Steinbaum von 1991 und Das Beispiel des Obsthändlers von 1993. Beide hatten freundliche Rezensionen erhalten, es wurde behauptet, er sei auf der Jagd nach seiner eigenen Stimme, und er hatte insgesamt an vier Lesungen und einem Poesiefestival teilgenommen.
    Nein, warum sollte Walter Hermansson sich aufhängen? Noch gab es Hoffnung.
    Oder zumindest Fluchtmöglichkeiten. Wie gesagt. Mehr begehrte er gar nicht.
    Er hatte nie viel vom Leben begehrt, wenn er die Sache näher betrachtete. Das Leben forderte mehr von ihm als er vom Leben, war es nicht so? Am Sonntag, dem 18. Dezember, war er um zwölf Uhr immer noch nicht aus dem Bett aufgestanden, aber er hatte das halbe Kreuzworträtsel im Svenska Dagblad gelöst und war dreimal wieder eingeschlafen. Fluchtmöglichkeiten?, dachte er. Ein Sinnbild für mein Leben?
    Vielleicht konnte man die Sache ja so betrachten. Er hatte nie etwas lange durchgehalten, und das, was er vielleicht mit der Zeit länger hätte durchhalten können, das hatte nicht mit ihm durchgehalten. Er war fünfunddreißig Jahre alt, und das Einzige, womit er sich in seinem Leben eigentlich beschäftigt hatte, das war, nach etwas anderem zu suchen. Weiß der Teufel, dachte er und drehte das Kopfkissen um, wenn man in Ebbas Schatten aufgewachsen ist, dann sehnt man sich hinaus in den Sonnenschein.
    Das war ein häufig wiederkehrender Gedanke, und er hatte schon vor langer Zeit seine Würze verloren. Man kann die Schuld an gewissen Dingen seiner Familie und seiner großen Schwester zuschieben, aber nicht in alle Ewigkeit. Man kann ein Opfer äußerer Umstände sein, aber kaum das ganze Leben lang. Nicht in der schwedischen Mittelklasse Ende des 20. Jahrhunderts. Es war nicht leicht, in der Geschichte und Geographie Menschen zu finden, die genauso große Möglichkeiten hatten, ihr Lebensschicksal zu bestimmen, wie Ebba, Walter und Kristina Hermansson. Das war eine unbestreitbare Tatsache – wie Vater Karl-Erik es ausgedrückt hätte.
    Und eigentlich, wenn man ganz genau sein wollte, war es ja erst wirklich schiefgegangen, seit er seines eigenen Glückes Schmied war. Walter hatte am naturwissenschaftlichen Zweig im Gymnasium daheim in Kymlinge sein Abitur gemacht, wie es sich gehörte. Das war 1988, und auch wenn er nicht der Beste in der Klasse gewesen war, so war sein Zeugnis zweifellos ehrenhaft gewesen. Nicht zu vergleichen mit dem, das Ebba
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