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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987
Autoren: Leni Riefenstahl
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Motiven wurde fast jedesmal zu einem Erlebnis.
      Ich könnte viel über die Malediven schreiben, die sich auf ihre Weise von der Karibik und dem Roten Meer unterscheiden. Dafür ist hier kein Raum. Nur von meinen ersten, sehr nahen Begegnungen mit Haien will ich berichten. Trotz vieler Tauchgänge hatte ich nur selten Haie in der Nähe gesehen, meine Furcht vor ihnen aber nie ganz verloren. Allerdings stellte sie sich nur bei der Vorstellung ein, plötzlich stünde ein großer Hai vor mir mit aufgerissenem Maul. Solche Gedanken habe ich nie, wenn ich tauche, sondern nur, wenn über Haie diskutiert wird.
      In den Malediven wurden Stolli, Horst und ich von einem französischen Filmproduzenten eingeladen, der auf vielen Meeren der Welt einen Film über das Verhalten der Haie herstellte, seinen Aufnahmen zuzuschauen. Obgleich mir bei dieser Einladung nicht ganz wohl zumute war, nahm ich sie an. Die Neugierde war stärker als die Angst. Die Aufnahmen entstanden an einer Stelle im WaadhooKanal, an der die Strömung so extrem war, daß wir uns nur langsam, an den Korallen haltend, vorwärts bewegen konnten. Noch nie hatte ich eine so starke Strömung erlebt. An einer Riffkante machte sich das Filmteam für die Aufnahmen bereit. Auch wir hatten unsere Kameras mitgenommen. Dann geschah alles ganz schnell. Der französische Taucher, der die Haie anlocken sollte, öffnete einen mit Fischen gefüllten Sack, holte einen großen Fisch heraus und hielt ihn wedelnd über seinem Kopf. Im Nu war alles um uns schwarz. Fische in allen Größen schwammen zwischen uns und Michel, so hieß der Taucher, der kaum noch zu sehen war, obgleich er nur zwei bis drei Meter von uns entfernt auf dem Sand kniete. Nur durch eine plötzliche Bewegung der Fische konnten wir den ersten Hai bemerken, der sich blitzschnell seinen Fisch holte. Damit nicht genug. Erschrocken sah ich, wie sich Michel den nächsten Fisch in den Mund steckte — ich mußte wegschauen und wandte mich ab. Mir erschien dies ein wahnsinniges Spiel mit dem Tod. Jeden Augenblick fürchtete ich, ein Unglück würde geschehen. Aber nichts geschah. Nur an den zahlreich aufsteigenden Luftblasen war die große Erregung des Tauchers zu erkennen. Mehrere Haie hatten sich eingefunden, die aber durch die vielen Fische nur ab und zu sichtbar wurden. In einer knappen halben Stunde war der Fischsack leer, Michel hatte sie alle verfüttert. Ich war froh, als wir wieder in unserem Boot saßen, ich fand an diesem Haifüttern keinen Gefallen, die Franzosen dagegen waren zufrieden. Sie hatten, ohne daß ich es bemerkte, diese Gelegenheit unter Wasser auch
    dazu benützt, mich beim Fotografieren zu filmen.
      Ganz anders erlebte ich später eine Haifütterung auf der Insel Bandos. Sie erregte weltweit Aufsehen, aber auch Widerspruch. Der Zauberer, der zweimal wöchentlich seine unglaubliche Schau mit den Haien zeigt, Herwarth Voigtmann, ist einer der besten Spezialisten für Unterwasseraufnahmen. Was er vorführte, war in der Tat unerhört. In einer Tiefe von ungefähr 18 Metern spielte sich das ab. Während Herwarth in einem eleganten Tauchanzug, auf einem vorspringenden Korallenkopf kniend, sich für die Fütterung der Haie vorbereitete, saßen unter einer Riffkante, nur wenige Meter von ihm entfernt, die zuschauenden Taucher. Es war wie ein Rundtheater mit aufsteigenden Sitzreihen. Alle schauten auf das dunkle Wasser und warteten mit ihren Kameras gespannt auf das Erscheinen der ersten Haie. Auch Horst war mit unserer 16-mm-Filmkamera in Bereitschaft, die Haie möglichst nah ins Bild zu bekommen. Ein erregender Anblick.
      Nur wenige Minuten nachdem Voigtmann einen Fisch aus dem Sack geholt hatte und kleine Fische danach schnappten, erschienen aus der Tiefe kommend die ersten Haie. Noch hielten sie sich in einiger Entfernung und schwammen ihre Runden. Als sie näher kamen, konnte man sehen, daß es große Haie waren, die durch das einfallende Tageslicht fast weiß aussahen und silbrig glänzten. Noch ehe ich es richtig erfassen konnte, war ein Hai auf Herwarth zugeschossen und hatte sich den Fisch aus seiner Hand geholt.
      Was nun folgte, war wie ein spannendes Ritual. Manchmal drehten die Haie kurz vor ihm ab, kehrten aber wieder zurück. Jedesmal, wenn ein Hai auf ihn zuschwamm, ergab sich eine andere Situation, aber souverän beherrschte Herwarth auch die kritischsten Momente, die manchmal dadurch entstanden, daß zwei Haie gleichzeitig auf ihn zuschossen. Blitzschnell wehrte er
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