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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987
Autoren: Leni Riefenstahl
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Wunder gelungen. Sie hatten von meinen Aufnahmen, die im Original ja nur Kleinbild-Dias waren, über Zwischennegative phantastische Vergrößerungen im Format von bis zu zwei mal fünf Meter hergestellt, die eine ganze Wand bedeckten. Die Aufnahmen wirkten in dieser Größe atemberaubend. Allein für die Laborarbeiten hatte das Museum an die 150
    000 DM auf gewendet. Wie besessen die Japaner in Dingen der Kunst sein können, beweist dies: Einen Tag vor der Eröffnung der Ausstellung fand Eiko, daß ihr die Farbe der Wände, an denen die Bilder festgemacht waren, nicht gefiel. Es gelang ihr, die Handwerker dafür zu gewinnen, die Nacht durchzuarbeiten und sämtliche Wände neu zu streichen. Völlig erschöpft, aber überglücklich umarmte sie mich vor der offiziellen Eröffnung. Auch Horst und Noriko, die mir wieder als Dolmetscherin zur Verfügung stehen sollte, waren eingeladen. Es waren Festtage, die schönsten, die ich nach Kriegsende erlebt habe. Ich war so beglückt, daß ich kaum noch meine Schmerzen spürte. Der Besucherrekord wurde um das Fünffache überboten. An manchen Tagen wurden bis zu 3000 Besucher gezählt. Meine Dia-Vorträge, die Noriko dolmetschte, waren ausverkauft, ebenso die Vorführungen aller meiner Filme. Auch der japanische Verleger, der Parco-Verlag in Tokio, war über den Erfolg überrascht. Schon in der ersten Woche wurden über 2000 NubaBildbände der japanischen Ausgabe verkauft. Eine solche Begeisterungsfähigkeit und Gastfreundschaft, wie ich sie bei den Japanern erfahren habe, ist mir nirgendwo auf der Welt ein zweites Mal begegnet.
      Bevor ich Tokio verließ, hatte ich noch ein besonders Erlebnis. Schon seit langem hatte mich die japanische Kunst des Tätowierens fasziniert, aber ich wußte, daß es schwierig wäre, mit den Meistern dieser Kunst zusammenzukommen. Ich hatte Glück. Issei Miyake, der berühmte japanische Mode-Designer, ein Freund von Eiko, machte mich in Yokohama mit ihnen bei Mitsuaki Ohwada, dem Chairman des «Japan Tattoo Club», bekannt. Überrascht sah ich in der kleinen Stube, in der ich von einer Anzahl tätowierter junger Japaner mit Jubel empfangen wurde, an den Wänden die großen Plakate meiner Bild-Ausstellung mit den Köpfen der eingeaschten oder bemalten Nuba. Damit hatte ich im Sturm die Herzen der «Tätowierten» erobert. Ich durfte so viele Fotos von ihnen machen, wie es mir in der kurzen Zeit dieses Besuchs möglich war. Zum Glück hatte auch Horst eine Leica dabei, und so konnten wir gemeinsam viele Aufnahmen machen. Natürlich schwebte mir sofort ein Film und ein Bildband vor, in der Hoffnung, für solche Pläne bald wieder gesund zu sein.
      Als meine Verleger wie List, Herrscher und auch andere diese Tätoo-Fotos sahen, waren sie so begeistert, daß sie am liebsten gesehen hätten, wenn ich sofort wieder nach Japan gegangen wäre — auch ich hätte es nur zu gern getan. Aber jetzt hatten meine Memoiren den Vorrang. Während meiner Japanreise hatten Droemer und «Time Books» einen Schriftsteller gefunden, den sie als Ghostwriter für geeignet hielten. Es war Georg R. von Halban, dessen Romane in Deutschland bei Piper erschienen sind. Sein erfolgreichstes Buch war «Malik der Wolf».
      Da kam es zu einem Ereignis, welches das ganze Projekt in Frage stellte. Nur wenige Tage, nachdem die letzten Einzelheiten des Vertrags mit Willy Droemer in einer sehr freundschaftlichen Atmosphäre besprochen worden waren, wurde bekannt, daß Herr Droemer aus seinem Verlag ausgeschieden war. In der deutschen und internationalen Verlagswelt eine Sensation. Willy Droemer hatte sich ins Privatleben zurückgezogen.
      Es entstand für mich eine veränderte Lage. Die neue Verlagsleitung war mit dem Vertrag, wie er mit Willy Droemer vereinbart war, nicht einverstanden. Neue Verhandlungen sollten geführt werden. Die Amerikaner wurden ungeduldig und drängten auf eine Entscheidung. Man bat mich, nach New York zu kommen. Ich fürchtete Komplikationen, da der bisherige Leiter der «Time Books» fast zur gleichen Zeit aus dem Verlag ausschied wie Herr Droemer. Angesichts dieser unklaren Situation bat ich Gerda Hiller, meine Freundin, die einige Jahre in Amerika gelebt und gearbeitet hatte, mich zu begleiten.
      Erfreulicherweise waren meine Befürchtungen unbegründet. Mr. Chase, der neue Direktor der «Time Books», war sehr entgegenkommend und erwies sich als ein angenehmer Partner. Mit ihm und seinen Mitarbeitern kam es in allen Details zu einer
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