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Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Titel: Meister Antifer's wunderbare Abenteuer
Autoren: Jules Verne
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niederlassen konnte, wollte er seinen Schatz wieder heben, wo er ihn verborgen hatte.
    Der Kapitän Zo billigte den Plan Kamylk-Paschas und erbot sich zur Ausführung desselben in einer solchen Weise, daß jenes Geheimniß niemals entschleiert werden konnte. Jetzt wurde eine Brigg-Goëlette angekauft und mit einer aus den verschiedensten Elementen gewählten Mannschaft besetzt, mit Seeleuten, die keiner mit dem andern durch irgendwelche Bande verknüpft waren, nicht einmal durch das Band der gleichen Nationalität.
    Die Fässer brachte man an Bord, ohne daß jemand von ihrem Inhalt etwas ahnen konnte. Am 13. April stach das Schiff, dem sich Kamylk-Pascha im Hafen von Latakie selbst mit anvertraute, nach seinem unbekannten Ziele in See.
    Die Absicht des Pascha ging, wie bekannt, dahin, ein Eiland aufzufinden, dessen Lage niemand außer ihm selbst und dem Kapitän bekannt wäre. Die Besatzung mußte also so irre geleitet werden, daß keiner derselben über den von der Brigg-Goëlette verfolgten Cours klar bleiben konnte. Demnach verfuhr der Kapitän Zo seit fünfzehn Monaten, indem er die Richtung des Schiffes immer und immer wieder änderte. Niemand konnte wissen, ob er das Mittelmeer verlassen hatte, und wenn es so war, ob er wieder dahin zurückgekehrt war.
    Ebenso unerkennbar blieb es, ob das Schiff die Meere des alten Continentes besucht hatte oder sich vielleicht gar auf einem solchen befand, als das neue Eiland entdeckt wurde. Jedenfalls war die Brigg-Goulette in sehr verschiedenen Klimaten, also in mehreren Zonen der Erde gewesen, so daß auch der erfahrenste Seemann nicht hätte bestimmen können, wo sie augenblicklich segelte. Für mehrere Jahre verproviantiert, war sie nur zur Einnahme von Wasser mehrere Male an’s Land gegangen, doch ohne daß jemand erfuhr, an welchem Orte das geschah.
    Kamylk-Pascha hatte also sehr lange umherkreuzen müssen, ehe er ein ihm passendes Eiland auffand, und endlich, als er schon den Entschluß faßte, seine Schätze ins Meer zu versenken, war das so ungeduldig gesuchte Stückchen Land in Sicht gekommen.
    Dann kamen die Ereignisse, die sich an die Geschichte Aegyptens und Syriens knüpften und die hier im voraus erwähnt werden mußten. Später wird davon kaum noch die Rede sein, denn unsre Erzählung gewinnt einen weit mehr phantastischen Charakter, als man aus dem etwas ernsten Anfang schließen dürfte. Sie bedurfte aber einer sozusagen soliden Grundlage, und diese hat der Autor ihr gegeben – oder wenigstens zu geben versucht.
Drittes Capitel.
Worin das Eiland in einen diebessichern Geldschrank verwandelt wird.
    Der Kapitän Zo ertheilte dem Steuermann seine Befehle und ließ mehr Segel einziehen, um die Herrschaft über das Schiff zu behalten. Von Nordosten her wehte eine leichte Morgenbrise. Langsam näherte sich die Brigg-Goulette der kleinen Insel. Kam das Meer in heftigere Bewegung, so konnte sie am Fuße dieses Eilands sogar vorläufigen Schutz finden.
    Während Kamylk-Pascha, auf die Regeling des Hintercastells gestützt, voller Spannung hinausblickte, segelte der Kapitän Zo nach Seemannsgebrauch vorsichtig näher an das Eiland heran, dessen Lage ihm seine Karten nicht angaben.
    Das ist allemal gefährlich. Gerade bei ruhigem Wasser ohne Brandung kann man gar leicht auf verborgne Klippen stoßen; kein Zeichen weist darauf hin, wie man steuern soll. Hier schien die nächste Umgebung jedoch sehr klar zu sein, denn von Unterwasserklippen zeigte sich keine Spur. Der Oberbootsmann, der die Sonde nicht aus der Hand ließ, konnte nirgends eine schroffe Erhebung des Erdbodens entdecken.
    In der Entfernung einer Seemeile und zur Zeit, wo die Sonne das Eiland von Osten nach Westen zu beleuchtete, nachdem sie über die Morgennebel aufgestiegen war, bot jenes etwa folgenden Anblick:
    Es war nur ein Eiland, nichts weiter als das, und kein Staat hätte daran gedacht, es sich anzueignen, denn das lohnte sich kaum der Mühe – natürlich mit Ausnahme des Länderwucherers England. Ein untrüglicher Beweis dafür, daß diese Felsenanhäufung den Seefahrern und Hydrographen noch unbekannt war, daß es auch auf den neuesten Karten nicht eingezeichnet sein konnte, lag darin, daß Großbritannien daraus noch kein zweites Gibraltar gemacht hatte, um in dieser Gegend die Oberhand zu behalten. Ohne Zweifel lag es außerhalb der befahrnen Straßen und war gewiß erst neueren Ursprungs.
    Im großen und ganzen bildete es ein ziemlich zusammenhängendes Hochplateau, dessen Umfang gegen
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