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Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Titel: Meister Antifer's wunderbare Abenteuer
Autoren: Jules Verne
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Jordan überschritten, und auf der andern Seite kreuzte das englische Geschwader unter Sydney Smith in den Gewässern Syriens. Obgleich Bonaparte die Division Kleber mit Junot dahin gesendet und er sich sogar persönlich nach dem Kampfplatz begeben hatte, obgleich er die Türken in der Schlacht am Berge Tabor zermalmte, war es doch zu spät, als er eintraf, Saint-Jean d’Acre auf’s neue zu bedrohen. Die Festung hatte eine Verstärkung von zwölftausend Mann erhalten. Vereinzelt trat die Pest auf. Am 20. Mai entschloß sich Bonaparte, die Belagerung aufzugeben.
    Kamylk-Pascha glaubte jetzt nach Syrien zurückkehren zu dürfen. Sich nach Aegypten, nach dem jener Zeit tief erschütterten Lande, zu begeben, wäre die schlimmste Unklugheit gewesen. Er mußte warten, und Kamylk Pascha wartete volle fünf Jahre. Dank seinem großen Vermögen lebte er in verschiedenen Provinzen auf großem Fuße und geschützt gegen ägyptische Habgier.
    In diese Zeit fiel das Auftreten des Sohnes eines einfachen Aga, dessen hoher Muth schon in der Schlacht von Abukir 1799 aufgefallen war. Mehemet Ali erfreute sich bereits eines solchen Einflusses, daß er die Mameluken zu bestimmen vermochte, sich gegen den Gouverneur Khosrew-Pascha zu erheben, sich gegen ihren Anführer aufzulehnen, Khurschid, den Nachfolger Khosrew’s abzusetzen, und daß er es schließlich wagen konnte, sich mit Zustimmung der Hohen Pforte zum Vicekönig zu erklären.
    Zwei Jahre vorher war Djezzar, der Beschützer Kamylk-Paschas, gestorben. Da dieser sich jetzt im Lande allein sah, glaubte er, durch seine Rückkehr nach Kairo keine weitere Gefahr zu laufen.
    Er zählte jetzt siebenundzwanzig Jahre, und neuere Erbschaften, die ihm zufielen, hatten ihn zu einem der reichsten Männer Aegyptens gemacht. Einer Eheschließung mehr abhold, von wenig mittheilsamem Charakter und geneigt zu einem möglichst zurückgezogenen Leben, hatte er nur seine lebhafte Vorliebe für den Soldatenberuf bewahrt. In der Erwartung, daß sich schon noch Gelegenheit zur Bethätigung seiner Fähigkeiten bieten werde, wollte er der natürlichen Lebhaftigkeit seines Alters durch lange und weite Reisen genug thun.
    Da Kamylk-Pascha keine directen Nachkommen hatte, entstand die Frage, wem sein ungeheures Vermögen einmal zufallen sollte, und hierbei konnte nur irgend ein Seitenverwandter in Betracht kommen.
    Ein gewisser Murad, geboren 1786, also sechs Jahre später als er, war sein Vetter, mit dem er aber, da die politischen Ansichten der beiden Männer nicht übereinstimmten, gar nicht zusammentraf, obwohl Beide in Kairo wohnten.
    Kamylk-Pascha huldigte den Interessen der Pforte, und hatte das, wie wir wissen, schon thatsächlich bewiesen. Murad dagegen bekämpfte den ottomanischen Einfluß in Worten und Werken und wurde zum eifrigsten Berather Mehemet Ali’s bei dessen Unternehmungen gegen den Sultan Mahmud.
    Dieser Murad, der einzige Verwandte Kamylk-Paschas, doch eben so arm, wie der andere reich, konnte auf das Vermögen seines Vetters nur rechnen, wenn es zwischen ihnen zu einer Aussöhnung kam. Das sollte aber nicht der Fall sein. Im Gegentheil höhlte die Gereiztheit, ja der Haß mit allen seinen tollen Folgen zwischen den beiden Mitgliedern dieser Familie einen immer tieferen Abgrund aus.
    Achtzehn Jahre verliefen von 1806 bis 1824, während der die Regierung Mehemet Ali’s durch keine äußeren Kriege gestört wurde. Dagegen mußte dieser gegen den zunehmenden Einfluß und das bedrohliche Auftreten der Mameluken, seiner Helfershelfer, ankämpfen, denen er früher den Thron zu verdanken hatte. Ein allgemeines Gemetzel, das 1811 in Aegypten stattfand, befreite ihn von dieser lästig gewordenen Miliz.
    Seitdem genossen die Unterthanen das Vicekönigs lange Jahre der Ruhe, und dessen Verhältniß zu dem Divan gestaltete sich ganz vorzüglich – wenigstens dem Anscheine nach, denn der Sultan hegte mit Recht stets ein gewisses Mißtrauen gegen seinen Vasallen.
    Kamylk-Pascha war gar oft dem Uebelwollen Murad’s ausgesetzt. Gestützt auf die Beweise der Gunst und Theilnahme, die er vom Vicekönig erhielt, hörte er nicht auf, seinen Herrn gegen den reichen Aegypter einzunehmen. Er erinnerte ihn unaufhörlich daran, daß dieser ein Parteigänger Mahmud’s, ein Freund der Türken sei, für die er sein Blut vergossen habe. Seiner Darstellung nach war er eine gefährliche Persönlichkeit, ein Mann, der überwacht werden mußte… vielleicht ein Spion…. Dieser enorme Reichthum in einer Hand
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