Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meines Bruders Moerderin

Meines Bruders Moerderin

Titel: Meines Bruders Moerderin
Autoren: Irene Rodrian
Vom Netzwerk:
den Aufgang vom Patio zu ihrer Privatwohnung. Er überließ wohl nichts dem Zufall. Pia hörte Stimmen aus der Küche und ging schneller.
    An der Theke saß Barbara mit Fritz und knabberte Chips und Käsewürfel, offenbar hatte sie Bonet mitgebracht. Er öffnete gerade eine Flasche 99er gran reserva. »Cariña mia!« Er strahlte Pia an, wie er es in all den Jahren in der prefectura nicht getan hatte, und zog den Korken aus der Flasche. »Das Leben bei der brigada criminal ist trostlos, seit du nicht mehr dabei bist! Dummheit und Korinthenkackerei geben sich die Hand. Silvi kennt alle Paragraphen auswendig und büffelt jeden Tag noch zehn dazu. Toni würde gern Isabel Vidal als Pressesprecher ablösen, dann käme er noch öfter ins Fernsehen, und el jefe Sánchez-García arbeitet mit vollem Einsatz daran, sein Handicap beim Golf unter zwölf zu bekommen.«
    »Und mein Tisch?«
    »Da sitzt ein Neuer. Víctor Genares. Vorher organisiertes Verbrechen.«
    »Genares kenne ich. Der ist okay. Nicht so dumm wie Silvi und nicht so eitel wie Toni.« Pia stellte drei Gläser hin. Bonet füllte sie und schaute dann zu Barbara.
    »Seit wann trinkst du Wein? Ich dachte, du musst auf deine Reflexe achten.« Pia hätte ihn für seine Taktlosigkeit ohrfeigen können. Es war noch gar nicht so lange her, dass Barbaras Hände bei dem grauenhaften Feuer in Barceloneta beinahe völlig verbrannt wären. Die Narben waren noch deutlich zu sehen. Aber Barbara nahm die Bemerkung anscheinend locker.
    »Ich bin noch jung und spontan, Josep. Ich hab den Job gewechselt.« Sie ließ ihre Finger ein kleines Tänzchen aufführen, bevor sie den nächsten Chip schnappte. »Ich schule um. Auf Detektivin.« Sie hob ihr Glas und lachte. »Salud, señor colega.« Bonets Grinsen war verkniffen. Er hatte immer noch Probleme damit, dass eine ehemalige Taschendiebin jetzt als Detektivin arbeitete. Und natürlich hatte er ihr gegenüber Schuldgefühle, weil er sie damals für die Mörderin gehalten und viel zu spät reagiert hatte. Aber Barbara war jung, hübsch, absolut integer, ehrgeizig und professionell. Pia war sicher, dass sich Bonets Animositäten mit der Zeit legen würden.
    »Wir haben einen neuen Auftrag«, sagte sie zu Barbara. »Personenschutz. Morgen um zehn vor dem Claris. Wir sollen so eine Art Harem beim Einkaufen bewachen. Und du bist mit Abstand die Beste beim Observieren.«
    »Vor allem, wenn's um Gold und Klunker geht«, warf Bonet ein. Barbara kraulte Fritz, ein Zeichen dafür, wie sehr er sie getroffen hatte.
    Pia fuhr ihn an: »Und du? Warum bist du hier? Weil's billiger ist als bei Paco & Lola?«
    »Die tapas lassen noch etwas zu wünschen übrig. Obwohl König Alfons der Weise per Gesetz angeordnet hat, dass zum Wein kleine Essensportionen zu reichen sind.«
    »Ja, vor zweihundert Jahren. Und in den Tavernen! Damit die Kutscher nicht vom Bock fallen. Wenn's überhaupt stimmt.« Pia mochte ihn eigentlich gern. Josep Bonet, den klugen Ermittler, der sich seit Jahren weigerte, seinen Frontjob den Jüngeren zu überlassen und sich nach oben in die Verwaltung zurückzuziehen. Aber Barbara hatte nicht nur an den Händen Narben. Pia musste sie schützen.
    Bonet grinste und hob die Schultern. »Okay, tut mir Leid.« Er verzog das faltige Bassetgesicht. »Können wir noch mal bei null anfangen?« Er sah aus, als würde er gleich in eine tiefe Depression fallen. Selbst sein graues Borstenhaar schien schlapp zu machen.
    »Mir kommen die Tränen. Josep, was willst du?«
    Bonet schenkte sich nach und beugte seine dürre Gestalt nach vorn über die Theke. Keine Spur mehr von Depression. »Deinen Kopf. Dein geniales Hirn.«
    Fritz sprang vom Hocker und lief auf die Terrasse. Barbara wollte ihm folgen, doch Pia hielt sie am Arm fest. »Bleib. Bitte.« Barbara zögerte.
    Bonet hob in einer resignierenden Geste die Hände. »Euer beider Köpfe! Euer aller bekanntermaßen viel größere Frauenhirne!«
    Pia lachte. Barbara setzte sich wieder hin. »Machos sind okay, solange sie wenigstens Charme haben.«
    »Man bemüht sich.« Bonet sah nicht hoch. »Also: Ich arbeite gerade an einem vertrackten Fall, bei dem ich nicht von der Stelle komme. Wir hatten in den letzten drei Wochen vier verschwundene Kinder. Kleine Mädchen zwischen sieben und neun Jahren. Keine Auffälligkeiten, weder in der Familie noch in der Schule, keine Erpresserbriefe oder Anrufe, keine Geldforderungen. Folglich behandeln wir sie wie ganz normale Vermisstenanzeigen.«
    »Und was
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher