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Meineid

Meineid

Titel: Meineid
Autoren: Petra Hammesfahr
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leichtfertig wie ihre Freundin Tess, leider auch nicht so hübsch. Deshalb war es müßig, sich Hoffnungen auf einen passablen Schwiegersohn zu machen. Und dann brachte unsere Greta einen Sohn aus gutem Haus ins kleine Wohnzimmer. Einen von den Lümmeln, die mit dem goldenen Löffel im Mund geboren waren, nicht wussten, wie es war, mit Mark und Pfennig rechnen zu müssen, und sich eine Menge einbildeten auf ihren Charme und ihr gutes Aussehen. So sah ihre Mutter mich. Mit Papa Baresi unterhielt ich mich zwanglos. Gretas Mutter dagegen war sehr skeptisch.
    «Ich weiß nicht, Greta. So ein Mann, was will er von dir? Er könnte jede haben. Vielleicht will er nur mit dir ins Bett. Er wird dich ausnutzen und wegwerfen.»
    In einem Punkt hatte Frau Baresi Recht. Ins Bett mit Greta wollte ich unbedingt. Aber ausnutzen und wegwerfen wollte ich sie nicht. Es war mir wirklich ernst. Ich hatte mehr als ein halbes Jahr Zeit gehabt, sie an der Universität zu studieren. Es war mir so ernst, dass ich sie noch am selben Abend meinen Eltern und meinen Brüdern Horst und Armin vorstellte. Greta wunderte sich, dass alle so freundlich zu ihr waren, dass niemand sie schief von der Seite anschaute, dass sie akzeptiert wurde, weil ich mir sicher war: Sie war die Frau, mit der ich leben und arbeiten, vierundzwanzig Stunden täglich zusammen sein konnte, ohne jemals das Gefühl zu haben, dass sie mir auf die Nerven ging oder ich bei ihr etwas vermisste. Ich erfuhr bald, dass sie eine Freundin hatte. Schon in den ersten Wochen erzählte sie die kleinen Episoden aus der Kindheit und frühen Jugend. Manchmal entstand bei mir der Eindruck, dass sie von jeher jede Art von Lebensfreude nur über Tess bezog. Das machte mir Tess sympathisch, obwohl ich sie vorerst nicht kennen lernte. Ich ließ Greta nicht viel Zeit, die Freundschaft zu pflegen und Tess auf diese Weise einmal persönlich zu begegnen. Um ehrlich zu sein, ich war ein wenig eifersüchtig auf die Intensität dieser Beziehung. Ich wollte Greta ganz und ausschließlich für mich allein. Wir hatten große Pläne – beruflich und privat –, zwei Jahre lang. Das Dachgeschoss meines Elternhauses sollte für uns ausgebaut werden, fünf Räume, zwei Bäder. Die Arbeiten hatten bereits begonnen. Greta sollte selbstverständlich in die Kanzlei Brand eintreten. Mein Vater legte großen Wert darauf. Zu Weihnachten wollten wir uns verloben. Im nächsten Frühjahr sollte die Hochzeit sein, damit auf ihrer Dissertation gleich der richtige Name stand. Frau Doktor Greta Brand. Ihr Vater war glücklich, ihre Mutter immer noch überzeugt, dass Greta es nicht bis vor den Altar schaffte. Manchmal erklärte Greta mit diesem kleinen Lächeln, das ich so liebte an ihr, weil es ihr Gesicht so weich machte, sie könne ihre Mutter würgen für den Pessimismus. Aber Frau Baresi hatte leider Recht. * Ich fühle mich immer noch schäbig und erbärmlich, wenn ich darüber nachdenke. Erklären lässt sich das nicht, nicht mehr aus heutiger Sicht und nicht nach all der Zeit, die ich bereits mit Greta zusammen war. Eine Zeit, in der ich viel von Tess gehört hatte. Gesehen hatte ich sie schließlich auch einige Male, aber nur sehr flüchtig, wenn ich Greta daheim abholte. Meist lief Tess mir im Treppenhaus über den Weg. Sie ging, kurz bevor ich kam. Ob Greta sie wegschickte oder ob sie aus eigener Initiative das Feld räumte, kann ich nicht beurteilen. Und dann lernte ich Tess endlich näher kennen. Dreizehn Jahre ist das her. Es war Ende Oktober. Ihr Bruder Joachim war zum ersten Mal Vater geworden, seine Frau Sandra wollte Greta unbedingt als Taufpatin. Die Taufe war an einem Sonntagnachmittag. Ich war nicht eingeladen und fand das lächerlich. Ich wollte nicht einen ganzen Nachmittag auf Greta verzichten und konnte mir keinen noch so triftigen Grund vorstellen, der mich davon abhalten sollte, sie zu begleiten. Greta suchte nach Ausflüchten. Dass es keinen guten Eindruck mache, wenn ich uneingeladen erschiene. Doch so viel Wert auf Etikette legte die Familie Damner nicht. Sie hatte mir oft genug erzählt, dass es dort recht zwanglos zuging. Ich solle ihr ein paar Stunden mit Tess alleine gönnen, meinte sie, wo sie sich doch nur noch so selten sähen. Aber sie seien ja nicht allein, gab ich zurück, und bei all den Gästen könne es auf einen mehr oder weniger nicht ankommen. Mir kam nicht der Verdacht, Greta könne Angst haben. Sie hatte an der Seite von Tess gelernt, dass sie immer nur die zweite Wahl war. Aber
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