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Meine Tiere, mein Leben

Meine Tiere, mein Leben

Titel: Meine Tiere, mein Leben
Autoren: James Herriot
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gestört habe.«
    »Ach, mach dir deswegen keine Sorgen, Humphrey.«
    »Ja, aber es war nicht recht.« Er machte eine Handbewegung zu seinem strahlenden, mit dem Schwanz wedelnden Hündchen hin. »Sieh sie dir doch an. Jeder sieht, dass ihr heute Abend nicht das Geringste gefehlt hat.«

9 - Kleine Katastrophen
     
    FRÜH AM MORGEN BIN ICH NIE IN HÖCHSTFORM, schon gar nicht an so einem kalten Morgen im Yorkshire-Frühling, wenn der schneidende Märzwind von den Bergen herunterfegt und mir in die Sachen fährt, mich an der Nase und an den Ohren zwackt. Es war eine freudlose Tageszeit und besonders schlimm, zu dieser Stunde auf diesem gepflasterten Farmhof stehen und miterleben zu müssen, wie dank meiner Unfähigkeit ein schönes Pferd starb.
    Es hatte um acht Uhr angefangen. Mr. Kettlewell rief an, als ich gerade mein Frühstück beendete.
    »Ich hab hier einen schönen großen Wagengaul, und er hat überall Flecken gekriegt.«
    »Ach ja, was für welche denn?«
    »Tja, rund und flach; sie sind überall, am ganzen Körper.«
    »Und es hat ganz plötzlich angefangen?«
    »Ja, gestern Abend war er noch gesund und munter.«
    »Gut, ich schau ihn mir gleich einmal an.« Ich hätte mir beinahe die Hände gerieben. Nesselsucht. Gewöhnlich heilte die zwar spontan, aber eine Injektion beschleunigte den Prozess, und ich hatte ein neues Antihistamin, das ich ausprobieren wollte. Angeblich sollte es bei dieser Erkrankung genau das Richtige sein. Jedenfalls war dies eine Situation, in der man als Tierarzt leicht glänzen konnte. Der Tag ließ sich nicht schlecht an.
    In den fünfziger Jahren hatte zwar der Traktor die meiste Arbeit auf den Farmen übernommen, doch es gab in der Gegend immer noch eine stattliche Anzahl von Zugpferden, und als ich auf dem Hof von Mr. Kettlewell ankam, begriff ich, dass dieses hier ein besonderes Pferd war.
    Der Bauer führte es aus einer offenen Box auf den Hof. Ein herrlicher Shire, achtzehn Hand hoch, mit einem edlen Kopf, den er stolz schüttelte, als er auf mich zu schritt. Ich empfand so etwas wie Ehrfurcht, als ich die schwellende Kurve des Halses, den Körper mit dem mächtigen Brustkorb und die kräftigen Beine betrachtete, die oberhalb der starken Fesseln einen dichten Haarbehang hatten.
    »Was für ein wunderbares Pferd!«, stieß ich hervor. »Er ist ja riesig.«
    Mr. Kettlewell lächelte in stillem Stolz. »Ja, eine richtige Schönheit. Hab ihn erst letzten Monat gekauft. Ich hab gern gute Pferde um mich.« Er war ein kleiner Mann, schon älter, aber noch rüstig, und einer meiner Lieblingsfarmer. Er musste hoch hinauflangen, um dem Pferd auf den gewaltigen Hals zu klopfen, woraufhin es den Kopf an ihm rieb. »Friedlich ist er auch. Ganz ruhig.«
    »Ja, es ist viel wert, wenn ein Pferd gutmütig ist und auch noch gut aussieht.« Ich ließ die Hand über die typischen Plaques auf der Haut gleiten.
    »Tja, Urtikaria, kein Zweifel.«
    »Was ist das?«
    »Manchmal wird es auch als Nesselsucht bezeichnet. Es ist eine Allergie. Er hat vielleicht etwas Ungewöhnliches gefressen, aber es ist oft schwierig, die genaue Ursache zu bestimmen.«
    »Ist es was Ernstes?«
    »O nein. Ich habe da etwas zum Injizieren, das ihn bald wieder in Ordnung bringen wird. Sonst fehlt ihm doch nichts, oder?«
    »Nein, er ist putzmunter.«
    »Gut. Manchmal versetzt so eine Spritze die Tiere in Unruhe, aber dieser Bursche hier scheint ja vor Gesundheit zu strotzen.«
    Als ich die Spritze mit dem Antihistamin füllte, dachte ich, dass ich nie wahrere Worte gesprochen hatte. Das mächtige Pferd strahlte Gesundheit und Wohlbehagen aus.
    Es bewegte sich nicht, als ich ihm die Injektion gab, und ich wollte die Spritze schon weglegen, als mir etwas einfiel. Bei Urtikaria hatte ich immer ein Markenpräparat verwendet, und es hatte unfehlbar geholfen. Vielleicht sollte man es zusätzlich zum Antihistamin geben, nur zur Sicherheit. Ich wollte, dass dieses Prachtpferd ganz schnell wieder richtig in Ordnung kam.
    Ich lief zu meinem Auto zurück, um die alte Reservespritze zu holen, und injizierte die übliche Dosis.
    Wieder achtete das große Tier gar nicht auf mich, und der Farmer lachte.
    »Bei Gott, es macht ihm kein bisschen was aus, wie?«
    Ich steckte die Spritze in die Tasche. »Nein, ich wünschte, alle unsere Patienten wären so. Er ist ein Pfundskerl.«
    Dies, so dachte ich, war Tierheilkunde in ihrer schönsten Form. Ein leichter, problemloser Fall, ein netter Bauer und ein fügsamer Patient, ein bildschönes
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