Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine Suche nach der besten Pasta der Welt

Meine Suche nach der besten Pasta der Welt

Titel: Meine Suche nach der besten Pasta der Welt
Autoren: Maiwald Stefan
Vom Netzwerk:
Fitnessprogramm aufzuerlegen, denn ich bin Protestant. Ich kann nichts ohne schlechtes Gewissen machen. Ich kann nicht einmal ohne schlechtes Gewissen über die Straße schlendern. Wenn ich einen Polizeiwagen sehe, senke ich automatisch schuldbewusst meinen Blick, und wenn ich eine Sirene höre, dann denke ich: »Was habe ich verbrochen, dass ich gejagt werde?« Aber nicht nur das: Wenn ich ein Kaufhaus verlasse, an dessen Türen mächtige
Diebstahlsicherungsschranken aufgebaut sind, dann bin ich mir so gut wie sicher, dass es bei mir piepst, und innerhalb von Sekundenbruchteilen male ich mir bizarre Bilderwelten aus, in denen Kaufhausdetektive, Polizisten, tief enttäuschte Familienmitglieder und Arbeitskollegen sowie öffentliche Schandpfähle vorkommen.
    Im Januar 2011, kurz bevor meine Jagd nach der besten Pasta der Welt losgehen sollte, legte ich eine Fastenwoche ein. Dass ich sie durchhielt, muss als Wunder gelten. Ich bin der wankelmütigste Mensch, den man sich vorstellen kann (mein Spitzname: Ornella Wankelmuti), aber ich schaffte es, indem ich die Woche mehr oder weniger komplett auf dem Sofa vor dem Fernseher verbrachte, wo ich apathisch vor mich hin döste. Zum sogenannten Fastenbrechen, wo der Körper über mehrere Tage wieder an normale Nahrung gewöhnt werden soll und Experten zu einem halben Apfel oder einer geraspelten Möhre raten, griff ich zu einer Flasche Rotwein und einer Tafel Kinderschokolade. Aber zuvor hatte ich tatsächlich sechs Kilo verloren und fühlte mich top in Form. Ich wollte mir diesen einigermaßen intakten Körper nicht durch dieses Buch verderben lassen.
    Es gab noch einen anderen, viel wichtigeren Grund, um auf meine Linie zu achten: Ich ließ meine Frau mit unseren zwei kleinen Töchtern mehrere Monate allein zurück, während ich also durch das Land reisen, schöne Städte sehen, guten Wein trinken und Berge von Essen vertilgen würde. Ich konnte nach dieser Zeit nicht braungebrannt und rund und glücklich zurückkehren und »Ja, auch ich hatte eine harte Zeit« mümmeln, während mir
noch Pastareste zwischen den Zähnen und Soßenflecken auf dem viel zu eng gewordenen Hemd klebten. Die Leidensmiene und eine gewisse reisestressbedingte Hagerkeit war ich meiner Frau einfach schuldig.
    Für die Reise packte ich in jedem Fall mal meine Laufschuhe ein. Ein erster, wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Statistiken des Schlemmens
    I taliener essen 22 Kilogramm Pasta pro Jahr. Im Süden sind es sogar 35 Kilogramm. Das macht, auf 365 Tage und mit der üblichen Portion von 80 Gramm gerechnet, ziemlich genau einen Teller pro Tag. Italiener essen also gern Pasta, wobei »gern« hier so zu verstehen ist wie in dem Satz »Ich atme gern«. Wir Deutschen kommen übrigens auf 8 Kilogramm, immerhin, und liegen damit im internationalen Vergleich weit vor dem großen Rest der Welt. Am Ende der Skala (unnützes Wissen gefällig?) liegt von allen Ländern, aus denen verlässliche Zahlen vorliegen, der mittelamerikanische Kleinstaat El Salvador mit 950 Gramm im Jahr, also etwa die Menge, die ich an einem einzigen Tag allein zu verdrücken in der Lage bin, zumindest dann, wenn ich zweimal warm esse. Zufällig ist die Mutter der besten Freundin meiner Tochter Salvadorianerin. Ich sprach sie auf diese Merkwürdigkeit an, und sie antwortete: »Ja, wir ernähren uns ausschließlich
von pupusa .« Gefüllte Maisfladen. Uninteressant für dieses Buch.
    Italien produziert pro Jahr 3 Millionen Tonnen Pasta, davon 1,3 Millionen für den Export. Um diese Zahl anschaulich zu machen: Das ist ziemlich genau das Gewicht aller lebenden Italiener. Hauptabnehmer ist das Inland, es folgen Deutschland und Frankreich. Der zweite italienische Exportschlager ist Wein (48 Millionen Hektoliter, damit Weltmarktführer vor Frankreich und Spanien). Gut die Hälfte des Weins vertrinken die Italiener selbst, die andere Hälfte geht ins Ausland, vor allem wiederum nach Deutschland, Großbritannien und in die USA. 818 000 Hektar Anbaufläche gibt es zwischen Bozen und Lecce, eine beachtliche Zahl für ein Land, das, wie jeder weiß, der einmal auf einer dortigen Autobahn unterwegs war, äußerst dichtbesiedelt ist. Pasta und Wein – nur, falls Sie sich gefragt haben sollten, warum Italien so lebenswert ist. 8180 Quadratkilometer Rebfläche, das sind drei Prozent des Landes oder, in der üblichen Vergleichsgröße deutscher Journalisten, mehr als drei Saarlande.
    Die beliebteste Pasta in Italien sind die Spaghetti, wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher