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Meine Suche nach der besten Pasta der Welt

Meine Suche nach der besten Pasta der Welt

Titel: Meine Suche nach der besten Pasta der Welt
Autoren: Maiwald Stefan
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aus einer mehligen Sorte nichts gescheit Geröstetes hinkriegen. Ich griff also auf gut Glück zu. Und ich griff daneben.
    Beim Kochen zerfielen die Kartoffeln zu Mehlstaub. Die krümeligen Überreste briet ich. Auf den kräftigen Gasherden meiner Frau mit offener Flamme – ich komme aus dem mitteleuropäischen Kulturkreis der Cerankochfelder – wurden die Krümel augenblicklich schwarz, die Zwiebeln ebenso. Salz, Pfeffer und meine Geheimwaffe (eine Prise Muskat macht jede Kartoffel kartoffeliger) halfen auch nicht mehr. Mein Schwiegervater fragte mich, ob er irgendwie helfen könne. Ich fragte ihn, ob er mir seinen Revolver leihen würde. Meine Schwiegermutter schwieg.
    Bis heute werden alle meine Versuche, beim Kochen mitzuhelfen, wortreich abgeschmettert.
    Doch meine Zeit wird kommen. Ich werde mich auf eine Reise begeben, um die beste italienische Pasta zu
entdecken, und ich werde als Held zurückkommen. Vor den Augen meiner italienischen Frau, vor den Augen meiner italienischen Schwiegermutter. Ich werde das ganze Dorf, in dem ich lebe, zum großen Nudelessen einladen. Und hinterher werden sich alle wohlig seufzend zurücklehnen. Der Dorfälteste wird seinen buschigen Schnurrbart zwirbeln, mich wohlwollend anblicken und kurz nicken. So wie man es aus der Werbung kennt.
    Also los.

Empirische Herangehensweise
    W ie würde ein deutscher Autor an die Aufgabe herangehen, die beste Nudel der Welt zu finden? Vielleicht so: Er würde alle relevanten Gourmetführer kaufen und daraus dann mittels einer Excel-Tabelle eine Art Schnittmenge extrahieren, unter Berücksichtigung der Hauben, Punkt- oder Sternezahl.
    Ich sage Ihnen was: Ich kenne Journalisten, die für Gourmetführer schreiben. Halten Sie das für einen Traumjob? Einer meiner Freunde bekommt 1000 Euro plus Spesen, um vier Restaurants im Großraum Stuttgart für einen sehr bedeutenden Gourmetguide zu testen. Was macht er also? Um die 1000 Euro möglichst schnell zu verdienen – außerdem drängt der Redaktionsschluss –, geht er viermal am Tag essen, zweimal mittags, zweimal abends. So hat er sich die 1000 Euro gewissermaßen an einem Tag verdient. Es kommt noch dicker (im Wortsinn): Das wahre Können eines guten Kochs zeigt sich
ausgerechnet bei den gehaltvollen Sachen wie Soßen und Desserts. Ein simples Rinderfilet kriegt jeder hin. Mein Freund muss also die kalorienreichsten Gerichte bestellen und sie hektisch herunterwürgen, weil er ja noch weiter muss. Dabei starrt er dumm in der Gegend herum, weil er allein vor sich hinkaut. Viermal am Tag. Er wiegt bei gleicher Größe 45 Kilo mehr als ich, und schon ich bin nicht richtig schlank.
    Gourmetjournalisten sind, wie Auto- und Reisejournalisten, in ihrer Arbeit so aufrichtig wie Sie und ich bei der Steuererklärung – also im Großen und Ganzen korrekt (nehme ich jetzt mal an), aber im Zweifel dann doch eher ans eigene Portemonnaie denkend.
    Wie würde ein italienischer Autor an die Aufgabe herangehen? Ganz einfach: Er würde sich umhören. Italiener sind ja ein kommunikatives (also geschwätziges) Völkchen. Wenn Sie das für ein Klischee halten, dann waren Sie noch nie in Italien, aber ich zeige Ihnen gern mal die Telefonrechnung meiner Frau. Ein italienischer Autor würde darauf vertrauen, dass sich Gutes herumspricht. Italien funktioniert als eine Art gigantisches, äußerst engmaschiges Facebook, denn jeder ist mit jedem vernetzt. Vor ein paar Jahren kam in den USA die spannende These »Six degrees of separation« auf, woraus ein nettes Gesellschaftsspiel wurde: Uns würden von jedem anderen Menschen dieser Welt nur sechs Kontakte trennen, ob Papst oder US-Präsident. Ich bin mir sicher, dass man in Italien höchstens drei Schritte braucht, um komplett durchs Land zu kommen, denn »wir sind eine Gesellschaft, die nicht auf Gerechtigkeit, sondern auf
Freundschaft basiert«, wie es der Philosoph Luciano de Crescenzo so schön ausdrückte.
    Ein englisches Sprichwort sagt: When in Rome, do as the Romans do . Ich beschloss, die gutgemeinten Tipps aller Reise- und Gourmetführer zu ignorieren und mich stattdessen mit offenen Ohren durchs Land zu bewegen.

Grado, Friaul
Der erste Schritt

    D er erste Schritt soll ja immer der schwerste sein, aber mir fiel er ganz leicht. So wie Serienkiller immer erst in ihrer Umgebung zuschlagen, bevor sie mit ihrer Passion in die große, weite Welt hinausziehen, ging ich zu Franco. Wie Sie vielleicht aus anderen Büchern von mir wissen, lebe ich in Grado, weil ich eine
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