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Meine Schwester und andere Katastrophen

Titel: Meine Schwester und andere Katastrophen
Autoren: Anna Maxted
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kaufen kann, aber man kann damit haufenweise andere Dinge kaufen, mit denen sich vieles kompensieren lässt. Tim leistete sich einen Agenten und ließ ihn den Vertrag aushandeln - der immerhin so eindrucksvoll war, dass Tim im Wirtschaftsteil der Times vorgestellt wurde. Unter der Schlagzeile: »Der Töpfchenkönig macht Druck.«
    Wie man sich ausmalen kann, machte ihn das nicht unbedingt beliebt. Nur seine Mutter, die zwanzig Exemplare der entsprechenden Ausgabe kaufte, fand an dem Titel nichts auszusetzen. Nicht nur, dass die Berichte über seinen Reichtum schamlos übertrieben waren - Steuern, Agentenhonorare usw. -, achtzehn Monate später, als gerade die ersten Lizenzgebühren zu fließen begannen, brachte ein Konkurrenzgeschäft
ein blaues Töpfchen in Form eines Rennautos heraus (was für ein heimtückischer Geniestreich!) und - welche Schande - einen rosa Topf in Form eines Prinzessinnenponys.
    Das war ziemlich blöd für uns, um ehrlich zu sein, denn wir hatten den Agenten beim Wort genommen - »Mit dem Geld können Sie ein neues Haus kaufen!« - und waren Jeremys und Tabithas Nachbarn geworden. Außerdem wurmte es uns ein wenig, dass alle unsere Bekannten überzeugt waren, wir hätten Milllionen gescheffelt, und das nicht aufgrund irgendwelcher hehrer Verdienste. (Obwohl ich annehme, dass wir uns, hätten wir wirklich Millionen gescheffelt, nach einer intensiven Elektroschocktherapie irgendwann mit den anrüchigen Fundamenten unserer zahllosen phantastischen Jetset-Villen angefreundet hätten.)
    Damit will ich eigentlich nur sagen, dass Tim und ich - nachdem wir schließlich unseren letzten Kontoauszug angesehen hatten - den Bußgang nach St Albans angetreten hatten. Tim war das ganze Exerzitium zutiefst zuwider.
    »Wo sind wir hier überhaupt?«, fragte er, als wir wieder aus der Stadt herauszufinden versuchten. Und dann: »Das hier ist das totale Nichts. « Und schließlich: »Hier ist alles tot. « Und kurz darauf: »Die Leute sind ganz anders als in London.« Und während wir über den Motorway rasten: »Ich würde mir immer nur wünschen, hier wieder wegzukommen.« Und als wir in unsere Straße bogen: »Wir sind zu groß für St Albans.« Und als wir in unsere Einfahrt bogen: »Ich würde eher nach Australien auswandern.«
    Wir verschwiegen Tabitha und Jeremy diesen Ausflug, die ununterbrochen ihr wohlgestaltetes Haus verschönerten und ärmeren Menschen, so fürchteten wir, wenig zugeneigt waren. Vor allem, wenn diese ärmeren Menschen die Paten ihres
Erstgeborenen waren. Ich übertreibe. In meinem Job als Assistentin der stellvertretenden Chefredakteurin bei Ladz Mag war ich zwar nicht zu Reichtum gelangt, aber eine Frau, die es sich leisten kann, einem Fitnessclub, den sie seit sieben Monaten nicht mehr betreten hat, monatlich achtundsiebzig Pfund zur Profitsteigerung zu spenden, nur weil sie ihre Niederlage nicht eingestehen kann, die eine Beendigung ihrer Mitgliedschaft darstellen würde, ist, genau genommen, nicht arm.
    Trotzdem hatten wir nicht genug Geld für unseren Lebensstil. Unsere Nachbarschaft bestand aus Ärzten und Anwälten und Bankern - Menschen mit anspruchsvollen Jobs und anspruchsvollen Gehältern -, unter denen Tim und ich nichts verloren hatten. Wir verdienten unser Geld mit Worten und Kinderkacke!
    Daher der Entschluss, den diesjährigen Sommerurlaub in England zu verbringen. Wir buchten so spät, dass sich die Auswahl auf die Isle of Wight beschränkte. Alle taten so, als würden wir nach Französisch-Polynesien reisen. Wunderschön … bezaubernd … unglaubliche Sandstrände. Ich kam gar nicht auf den Gedanken, dass diese Menschen dieselben Lügner waren, die mir versichert hatten, dass mir Pumphosen stünden. Dann kam Tabitha vorbei und überbrachte mir die traurige Nachricht, dass der Vater eines ihrer Universitätskollegen gestorben sei. Sie mussten zur Beisetzung nach Tokio. Und natürlich wäre es idiotisch, so weit zu fliegen und dann gleich wieder heimzukehren. Leider hätten sie im Moment kein Kindermädchen - Tabitha ackerte sich durch die Kindermädchen wie ein Traktor durch den Schlamm -, und ob Tomas stören würde? Im ersten Moment kapierte ich nicht. Wobei sollte Tomas denn stören?
    Dann kapierte ich.

    »Ist es okay, wenn wir ihn mit auf die Isle of Wight nehmen?«
    Tabitha sah mich verwirrt an. Ich nehme an, dass sie nicht wirklich an Geldsorgen glaubte. Wahrscheinlich dachte sie, ich meinte das ironisch.
    »Aber natürlich !«
    Und so fuhr Tomas mit uns auf
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