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Mein wunderbarer Brautsalon

Mein wunderbarer Brautsalon

Titel: Mein wunderbarer Brautsalon
Autoren: Jana Sonntag
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nicht auf ihn aufpassen.« In der Zwischenzeit pinkelt Lassie genüsslich gegen den Picknickkorb der Männer … Was für ein toller Einstieg für eine romantische Beziehung! Ich schüttele den Kopf und kichere dabei vor mich hin. Mein Telefon klingelt.
    »Redaktion Isabelle, Annika Peters«, melde ich mich noch immer etwas prustend.
    »Hallo!«, erwidert die Stimme meiner jüngeren Schwester Kiki. »Du klingst ja gut gelaunt.« »Ja«, japse ich, »ist hier gerade sehr lustig.« »Fein«, meint Kiki, »freut mich, dass du so gut drauf bist.«
    Dann kommt sie ohne weitere Umschweife zu dem Thema, das sie seit Wochen voll und ganz beschäftigt. »Du, wegen der Hochzeit …« Ich schalte innerlich auf Durchzug, denn ich weiß, was jetzt folgt: Eine halbe Stunde lang wird sie mir nun die
    neuesten Erkenntnisse über die Vorbereitungen ihrer bevorstehenden Heirat erläutern.
    Nicht dass es mich nicht interessieren würde, zu welcher Musik meine Schwester mit ihrem Matthias durch den Mittelgang schreiten will (»Meinst du, der Kanon von Pachelbel ist besser als ›Jesu bleibet meine Freude‹?«), welche neuen Ideen sie für die Gestaltung der Tischkärtchen hat (»Es gibt da diesen Brauch, den Gästen fünf Mandeln zu schenken, deshalb wollte ich kleine Zellophantütchen damit füllen und einen Zettel mit dem jeweiligen Namen dranbinden«) und dass sie in irgendeinem Gartencenter eine sensationelle Rosenzüchtung entdeckt hat, die sich ganz fabelhaft auf der Motorhaube der noch zu mietenden Limousine machen würde (»Entweder ein Herz oder die Initialen von Matthias und mir, da bin ich mir noch nicht sicher«). Nein, es ist wirklich nicht so, dass ich davon nichts hören will – es ist aber so, dass ich in meiner derzeitigen Gefühlslage nicht wirklich erpicht darauf bin, mir den ganzen Krempel anzuhören. Schließlich habe ich den Männern fürs Erste abgeschworen, da erfreuen einen solche Schilderungen in etwa so sehr, wie wenn man gerade eisernes Heilfasten betreibt und sich dabei die Speisekarte des »Le Canard« vorlesen lassen muss. Hinkt das Bild? Egal, ich denke, jeder versteht, was ich meine.
    Trotzdem würge ich Kiki nicht ab, sie kann ja nichts dafür, dass ich so ein frustrierter Muffelkopf bin. Und ich freue mich auch für sie. So, wie ich mich für meine ältere Schwester Maren gefreut habe, als sie vor vier Jahren geheiratet hat. Damals fiel es mir allerdings deutlich leichter, denn zum einen war sie schließlich die Ältere und daher logischerweise mit Recht als Erste vom Markt, zum anderen hatte ich zu der Zeit tatsächlich so etwas wie einen festen Freund, den ich zu ihrer Hochzeit mitnehmen wollte. Unnötig, zu erwähnen, dass es so weit natürlich nicht kam. Allein die Frage, ob er mich begleiten wollte, veranlasste ihn dazu, nach Tadschikistan auszuwandern.
    So saß ich neben meinem übergewichtigen, kahlköpfigen Cousin Markus, der auch noch allen Ernstes Bemerkungen darüber machte, dass Sex unter Verwandten zweiten Grades ja nicht verboten sei. Bevor ich ihn allerdings nach vier Stunden Gefasel und Anzüglichkeiten in der Mitternachtssuppe ertränken konnte, wurde ich zusammen mit Kiki und sieben anderen kreischenden Single-Frauen in die Mitte des Saals geschoben, um den Brautstrauß zu fangen. Tatsächlich landete er wie von selbst in meinen Händen, womit mal wieder bewiesen wäre, dass von altmodischem Brauchtum rein gar nichts zu halten ist. Schließlich ist es Kiki, die nun heiratet. Meine süße, kleine Kiki, die mit gerade mal sechsundzwanzig Jahren ihren Traummann gefunden hat. Das Leben ist einfach nicht fair!
    Genau genommen sollten wohl Kiki oder Maren hier sitzen und meinen Job machen, die zwei scheinen sich wesentlich besser auszukennen, wenn es ums Thema Partnersuche geht. Und außerdem sind sie der Gegenbeweis dafür, dass es an den Männern liegt, irgendetwas scheinen sie anders zu machen als ich. Nur was? Das habe ich auch nach jahrelangen Beobachtungen noch nicht herausgefunden.
    »Also, guckst du’s dir mal an?« Kikis Stimme erinnert mich daran, dass ich gerade mit ihr telefoniere.
    »Äh, was?«, stottere ich verwirrt. »Das Kleid!«, meint sie. »Ob du dir das Kleid mal anguckst!« »Was für ein Kleid?« Bahnhof? Gütersloh? Bratkartoffeln? Kiki lacht. »Sag mal, hast du mir überhaupt zugehört?« »Ja, sicher hab ich das.« Sofort habe ich ein schlechtes Gewissen, ich bin eine ignorante, neidische blöde Kuh! »Ein Kollege hat mir nur gerade was auf den Schreibtisch
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