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Mein wunderbarer Brautsalon

Mein wunderbarer Brautsalon

Titel: Mein wunderbarer Brautsalon
Autoren: Jana Sonntag
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passiert das immer wieder. Und dabei sollte doch gerade ich mich auskennen! Was habe ich nicht schon an schlauen Büchern über das andere Geschlecht gelesen: über den passiv-aggressiven Mann, über die Nähe-Distanz-Problematik, darüber, warum Männer mauern, Bindungs- und Beziehungsangst, Mutter-Sohn-Konflikte, Emotionsblockaden, männliche Kommunikationsmuster, warum Männer bleiben, gehen oder einfach rein gar nichts tun – ich bin eine wandelnde Partnerschaftsbibliothek und habe jeden (wirklich jeden!) Ratgeber zu diesem Thema bei mir im Regal stehen.
    Für meine Artikel habe ich auch sämtliche Tipps, die dort angepriesen werden, selbst ausprobiert. Ich habe beim Telefonieren neben einer Eieruhr gehockt, um nach zehn Minuten abrupt aufzulegen. Habe frühestens nach dem dritten Date Sex gehabt. War immer locker, leicht und fröhlich und um Himmels willen nicht zu tiefsinnig oder emotional. Habe in seiner Gegenwart nie die bösen Worte »Heirat«, »Kinder« oder »gemeinsame Wohnung« ausgesprochen, habe beim Reden darauf geachtet, immer nur »Ich-Botschaften« zu senden und Sätze wie »ich liebe dich« gleich vollständig aus meinem Vokabular eliminiert. Ich war wahnsinnig beschäftigt, obwohl ich in Wahrheit gelangweilt auf dem Sofa saß, habe ein Date nie in einen Liebesfilm geschleift oder mit Kuschelattacken traktiert und selbstverständlich zahllose Male Anrufe nicht entgegengenommen, obwohl ich durchaus zu Hause war.
    Und was hat es gebracht? Nichts! Spätestens, wenn ich nach wochenlanger Zermürbung und Selbstkasteiung um etwas mehr Verbindlichkeit bat, war mit einem Schlag immer alles vorbei. Mag ja sein, dass all diese tollen Tipps und Tricks bei meinen Leserinnen funktionieren, bei mir selbst nützen sie rein gar nichts. Deshalb bin ich für mich persönlich zu dem Schluss gekommen: Es liegt nicht an mir, es liegt an den Kerlen. Und eben darum bin ich vorläufig raus aus dem Rennen und werde das andere Geschlecht ab sofort nur noch dazu benutzen, ein bisschen Spaß zu haben. Denn wenn ich noch ein einziges Mal von einem Mann den Satz »Ich will ja, aber ich kann nicht« höre, lache ich mich entweder tot – oder erschieße ihn.
    »Na, was starrst du denn so düster vor dich hin?« Mein Kollege Paul steht neben meinem Schreibtisch und mustert mich amüsiert. Er ist unser »Quotenmann« und hat jeden Monat seine Kolumne »Was Männer wirklich wollen – Paul Ostermann verrät’s«. Dabei ist Paul der untypischste Vertreter seiner Gattung, den ich kenne, schließlich ist er schon seit Jahren auf der Suche nach der Frau fürs Leben und wünscht sich unglaublicherweise eine feste Beziehung und dazu auch noch Kinder. Aber wir sind hier halt allesamt Profis – da muss man abstrahieren können.
    »Meditiere gerade über ein neues Single-Thema«, gebe ich mürrisch zurück. »Da hab ich eine tolle Idee für dich«, sagt Paul unbeirrt fröhlich. »Eine Freundin von mir hat sich vor ein paar Wochen einen Hund gekauft.«
    »Glaube nicht, dass Sodomie bei der Chefin so gut ankommt«, fahre ich ihm unwirsch über den Mund. »Quatsch«, erwidert er leicht gekränkt, »das meine ich doch nicht. Aber der Hund ist offensichtlich eine echte Flirthilfe, sie hat seitdem beim Spazierengehen jede Menge nette Männer kennengelernt.« »Aha«, gebe ich wenig begeistert zurück. »Ja, wirklich!« Paul strahlt mich aufmunternd an. »Sie kommt viel leichter ins Gespräch, das ist doch schon die halbe Miete.«
    »Kann ja mal drüber nachdenken«, lenke ich ein. »Vielleicht schlage ich es nachher in der Konferenz vor.« »Mach das«, meint Paul und geht durch unser Großraumbüro rüber zu seinem Schreibtisch.
    Ein Hund? So weit kommt es noch, dass ich mir einen Kläffer zulege, um damit einen vernünftigen Kerl anzulocken. Trotzdem spiele ich es in Gedanken mal kurz durch: Ich, zusammen mit meinem Collie, an einem Sommertag im Stadtpark. Auf einer weichen Decke habe ich es mir gemütlich gemacht, während »Lassie« (ich bin bei Hundenamen nicht gerade einfallsreich) fröhlich über die große Wiese tobt. Ich dämmere vor mich hin und bin schon fast eingeschlafen, als mich plötzlich ein Aufschrei hochschrecken lässt: Lassie hat sich über das Grillgut meiner drei männlichen Sitznachbarn hergemacht und verschlingt gerade mit großer Begeisterung ein paar Nürnberger Rostbratwürste. Einer der Männer kommt auf mich zu, lächelt mich an und sagt dann: »Leinen Sie Ihren blöden Köter gefälligst an, wenn Sie schon
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