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Mein wunderbarer Brautsalon

Mein wunderbarer Brautsalon

Titel: Mein wunderbarer Brautsalon
Autoren: Jana Sonntag
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gelegt, da war ich kurz abgelenkt«, starte ich einen lahmen Erklärungsversuch. »Kannst du das noch mal erzählen?«
    »Also gut«, setzt Kiki an. »Das Modell, das ich eigentlich kaufen wollte, ist vielleicht doch nicht ganz perfekt. Ich glaube, das macht überm Po ein bisschen dick.«
    »Süße«, beruhige ich sie, »du wirst in jedem Kleid fantastisch aussehen, du könntest sogar im Gelben Sack in die Kirche kommen.«
    »Danke«, meint sie, »aber ich hab heute Vormittag in der Stadt ein echtes Wahnsinnskleid entdeckt und wollte dich bitten, ob du es dir mal ansehen kannst. Ist bei dir direkt um die Ecke, da kommst du auf dem Heimweg fast vorbei.«
    »Hm«, meine ich, »ich weiß nicht genau, wann ich heute hier rauskomme. Meine Arbeitszeiten sind ja immer ziemlich unberechenbar.« »Bitte, Nika!«, beharrt Kiki. Immer, wenn sie mich zu etwas überreden will, benutzt sie meinen albernen Kosenamen. »Es wäre mir wirklich wichtig, du bist doch so geschmackssicher.« Ich muss lachen.
    »Du glaubst wohl auch, dass du mich so billig rumkriegen kannst, wie?« Kiki lacht jetzt auch. »Ja«, gibt sie mir Recht. »Aber ich meine das durchaus ernst, ich lege wirklich großen Wert auf deine Meinung.«
    »Aber wir haben doch fast genau denselben Geschmack«, erinnere ich sie. Mehr als einmal ist es schon vorgekommen, dass Kiki und ich unabhängig voneinander die gleichen Klamotten oder den gleichen Einrichtungsgegenstand für unsere Wohnung gekauft haben. Manchmal fast unheimlich, es lässt sich nicht verleugnen, dass wir Geschwister sind. Nur, was unseren Männergeschmack betrifft, sind wir vollkommen verschieden. Aber das sieht man ja, wer von uns beiden da das bessere Händchen hat.
    »In Ordnung«, meine ich, »Ich sehe zu, dass ich es noch rechtzeitig aus der Redaktion schaffe, um mir dieses Wahnsinnskleid mal anzusehen.« »Das wäre super!«, freut sich Kiki. »Ich bin einfach so unsicher und muss mich ja langsam mal entscheiden.«
    »Richtig«, ziehe ich sie auf, »bis zum 5. Mai sind es ja nur noch knapp vier Monate, das reicht kaum noch aus, um ein Kleid zu kaufen!«
    »Erstens sind vier Monate so gut wie nichts«, klärt sie mich auf. »Und zweitens bin ich eben aufgeregt, das wärst du doch wohl auch.« Ich seufze. Ja, das wäre ich. Und da ich selbst offensichtlich nie in diese Lage kommen werde, kann ich ja einfach mal für Kiki mit aufgeregt sein. »Okay, dann schieß los.« Kiki nennt mir die Adresse des Ladens und das Modell, dann verabschiedet sie sich.
    In diesem Moment ruft die Sekretärin ins Büro: »Bitte alle zur Themenkonferenz!«
    »Das ist alles nicht sonderlich originell, alles schon mal da gewesen!« Beatrice Schröder, Chefredakteurin der »Isabelle«, wirft einen unzufriedenen Blick in die Runde. »Fällt euch denn nicht Neues ein?« Meine Kollegen und ich blicken betreten zu Boden, keiner traut sich, etwas zu sagen. Dabei wäre ein »nein« die ehrliche Antwort. Weil es nichts Neues gibt, weil wir – wie die Konkurrenz übrigens auch – alle immer wieder das Gleiche schreiben und uns permanent reproduzieren. Man kann schließlich nicht täglich das Rad neu erfinden, geht eben nicht. Und alle zwei Jahre, wenn alle Themen einmal durchgenudelt worden sind, fängt man halt von vorne an. »So setzen Sie sich im Job durch«, »Das hilft gegen Cellulitis«, »Strategien gegen Stress«, »Top gestylt in zwei Minuten«, und natürlich: »So klappt es in der Liebe«. Immer wieder anders formuliert und trotzdem der gleiche Inhalt. Eigentlich könnten wir uns die Arbeit auch sparen und einfach nur die alten Hefte aus dem Archiv holen, sie optisch ein wenig aufpeppen, und – voilà – haben wir wieder
    eine neue Ausgabe.
    »Annika«, wendet Beatrice sich an mich. »Wie sieht’s denn mit neuen Ideen für die Single-Rubrik im Mai-Heft aus?« Paul, der neben mir sitzt, stößt mich in die Seite. Ich ignoriere es, die Hundegeschichte ist wirklich zu blöd.
    »Ich hab da ein paar interessante Vorschläge«, beginne ich. »Da gibt es zum Beispiel diesen US-Mediziner, der gerade eine Studie darüber veröffentlicht hat, dass man mit Pheromon-Parfum tatsächlich so gut wie jeden Mann für sich interessieren kann.«
    »Hatte die ›Lady‹ schon vor zwei Monaten«, werde ich von Beatrice abgewürgt. »Liest du denn nicht, was die anderen machen?« »Doch, doch«, stottere ich und werde rot. »Hab ich gelesen, aber ich dachte, wir könnten die Geschichte weiterdrehen. So nach dem Motto: Aber was, wenn ich das
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