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 Mein spanisches Dorf

Mein spanisches Dorf

Titel: Mein spanisches Dorf
Autoren: Brigitte Schwaiger
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vorgestellt, daß wir ein Paar sein könnten wie Kennedy und Jacqueline. Ich sehe ihr nämlich sogar ähnlich, und sie war Fotojournalistin, und das ist genau mein Traum. Wie das so ist mit dem Papa, sind wir natürlich heute nicht nach Linz gefahren, weil er es sich wieder überlegt hat. Und die Mutti sagt natürlich wieder, wir brauchen keine neuen Lodenmäntel, es ist nur Verschwendung. Aber jetzt zu Lothar. Er ist sehr groß, größer als alle anderen, und er hat eine Brille, aber die macht ihn interessant, und die Haare fallen ihm ganz tief in die Stirn. Jetzt hat er sie übrigens geschnitten, und er gefällt mir überhaupt nicht mehr. Aber er geht wirklich mit Susi, und heute habe ich die zwei beim Lichtenauer getroffen, das war mir furchtbar peinlich. Sie haben gelacht, und ich bin nach einer heißen Schokolade gleich nach Hause gegangen. Lothar hat den Schlagobers heruntergegessen, weil er sauer war. Und die Susi ist wirklich hübsch. Aber eines Tages wird sich alles wenden! Ich muß jetzt das Geschirr abwaschen, weil meine Schwestern mit dem Hund spazierengegangen sind.
     
     
    23.9.
    In Naturgeschichte haben wir einen neuen Professor. Er heißt Vlay und ist sehr nett, glaube ich. Mich hat er zweimal nach meinem Namen gefragt, und ich glaube, er kann mich gut leiden. Übrigens kann mich auch Giselher sehr gut leiden. Er fährt morgen nach Wien, und er hat gefragt, ob ich ihm schreibe, wenn er mir schreibt. So bekomme ich wenigstens Briefe. Schade, daß er so klein ist. Und seine Ohren stehen weg, da leuchtet die Sonne durch. Er ist sehr nett, aber wahrscheinlich wird er nie ein Mädchen bekommen. Und über Lothar bin ich hinweg. Ich glaube, er hat es nie ernst gemeint. Wenn das genügt, daß Susi ihm sagt, es tut ihr leid, daß sie ihn vorigen Sommer nicht erhört hat, und wenn er dann gleich mit ihr geht und ihr sagt, zwischen ihm und mir war es nur Kinderei. Dabei habe ich ihm erlaubt, daß er seine Hände unter meinen Pullover steckt. Hoffentlich erzählt er es nicht herum, sonst stehe ich bald da wie die Frühwirth-Ansch. Die hat übrigens beim Lichtenauer gesagt, ich bin dumm. Aber Giselher und Susi haben mich verteidigt, angeblich. Eigentlich finde ich Alexander sehr nett. Er ist fast so groß wie Lothar und hat Grübchen, wenn er lacht. Leider ist er sehr gut mit Smolka Rudi befreundet, und der ist ein Weiberfeind. Jedenfalls bin ich jetzt froh, daß ich Alexander damals nach dem Stiftungsfest eine Ohrfeige gegeben habe. Da wollte er mich nämlich küssen, und ich habe energisch und elegant zugeschlagen. Fast wie im Film, wenn wir nicht so eng im Kombibus gesessen wären. Die glauben, sie können mit uns schmusen, nur weil man zufällig neben ihnen sitzt! Jetzt ist meine Mutter gekommen und hat mich gefragt, wann ich endlich das Geschirr abwasche.
     
     
    26. 9
    Nach der Schule bin ich schnell heimgelaufen, weil es so kalt war und weil … Aber kein Brief von Giselher. Ist mir auch völlig egal. Susi hat mir übrigens erzählt, daß sie ungefähr zwanzig Liebesbriefe von ihm hat, mit Zeichnungen. Er macht so Figuren mit Sprechblasen, und darin drückt er aus, was er ihr sagen will. Bin gespannt, ob er mir auch solche Kunstwerke schickt. Gestern war ich fast ein bißchen traurig. Ich durfte ausnahmsweise ins Kino gehen, weil ich gesagt habe, es ist ein historisch bildender Film (Ben Hur), und nach dem Kino habe ich mich von Alexander verabschiedet. Er sagte: Bleib brav und lern fleißig! Ob ich ihn erobern könnte? Falls ich in nächster Zeit nach Wien fahre zur goldenen Hochzeit von der Tante Mia werde ich ihn besuchen und nicht Lothar. Der ist gestern schon am Vormittag abgereist, wie mir Susi gesagt hat. Er hat ihr übrigens mit seiner Zigarette eine Wunde in den Unterarm gebrannt, damit sie sich an ihn erinnert. Sie zeigt die Wunde dauernd her und kommt sich interessant vor. Morgen haben wir wieder Naturgeschichte. Jetzt muß ich mit dem Hund Spazierengehen, weil meine Schwestern das Geschirr abwaschen.
     
     
    30.9
    Heute erst um zehn Uhr Schule gehabt. Sehr angenehm! Um neun war ich auf der Post, aber kein Brief. Ich glaube, er hat das nur gesagt, damit Susi eifersüchtig wird. In der Pause war ich heute in Susis Klasse. Eder Wolfgang und Tomek Ludwig grüßten mich! Ohlala! Susi hat sich die Haare rötlich gefärbt, aber sie streitet es ab. Sie sagt, sie sind einfach nach dem Waschen plötzlich so geworden. In Latein hat sie ihren ersten Fleck gefangen. Ich gönne es ihr nicht, aber irgendwie
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