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 Mein spanisches Dorf

Mein spanisches Dorf

Titel: Mein spanisches Dorf
Autoren: Brigitte Schwaiger
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ist es ein kleiner Trost. Eder Wolfgang und Tomek Ludwig stehen auf sie. Überhaupt steht fast die ganze Klasse auf Susi. Sie hat so etwas, das kann man nicht beschreiben. Die anderen Mädchen in ihrer Klasse sind alle häßlich. Vielleicht ist es das. Ich werde mich jedenfalls bemühen, etwas schlanker zu werden. Leider gibt es in meiner Klasse keine diskutablen Männer. Sie sind viel zu kindisch. Nur Horwitz würde mir gefallen. Er ist aus Gmunden und zweimal sitzengeblieben. Er hat einen Kußmund. Aber ich würde nie mit einem aus meiner Klasse schmusen. Jetzt war gerade wieder meine Mutter herinnen, und zum Glück war der Atlas aufgeschlagen. Gleich muß ich mit dem Hund gehen. Nur noch so viel: Lothar war der einzige Mann, mit dem ich in diesem Jahr geschmust habe. Und zwar zu Silvester. Dann einmal im Schwimmbad, wie wir auf Susi gewartet haben, hinter der Kabine. Und sonst habe ich heuer mit niemandem geschmust. Alexander! Vielleicht war die Ohrfeige im Bus etwas voreilig! Aber noch ist ja nicht alles verloren. Das blöde Viech bellt schon draußen.
     
     
    4. Oktober 1964
    Dieser Vlay hat so einen merkwürdigen Blick. Und ich habe heute meinen ersten Fleck in Naturgeschichte bekommen. Das fängt ja gut an. Aber es berührt mich nicht. Nämlich: große Neuigkeit, liebes, liebstes Tagebuch! Alexander ist in Freistadt! Und zwar liegt er im Spital!!! Und muß mindestens sechs Wochen drinbleiben!!! Ich könnte ihn also jeden Tag besuchen. Aber ich werde es nicht tun. Man muß sich rar machen, sagt meine Mutter immer. Ich habe ihr von meiner neuen großen Liebe erzählt, und Alexander hat nur eine Großmutter und keine Eltern, und da können meine Eltern nichts kritisieren. Smolka Rudi, den ich beim Linzertor traf, als ich von der Schule heimging, hat es mir erzählt. Eine Nierenbeckenentzündung. Da darf er kein Bier trinken und muß sich überhaupt sehr schonen. Ich werde ihm das Buch «Heiterkeit kennt keine Grenzen» hinaustragen, und dann bleibe ich zwei Wochen fern. Wenn ich dann wieder hinausgehe, wird er sich um so mehr freuen. Dann bleibe ich wieder zwei Wochen fern, und er sehnt sich nach mir, und dann werde ich ganz diplomatisch an die Sache herangehen. Smolka Rudi hat ihm «Ulysses» hinausgetragen und «Das Jahrhundert der Chirurgen». Obst darf er essen. Jetzt muß ich leider strebern. In Mathematik haben wir wieder den Hardtmann, der wieder nicht in Pension gegangen ist. Schule, ich hasse Dich! Alexander, ich l ...!!!
     
     
    5. Oktober 1964
    Ich sitze in der Küche und habe das ganze Geschirr abgewaschen. Heute war ich bei IHM! Jetzt ist es acht Uhr. Was machst DU jetzt? Als ich hinauskam, waren schon Smolka Rudi und Susi bei DIR. Aber DU hast einigemale kurz hergeschaut, während DU mit Susi sprachst … Susi hatte drei rote Rosen im Korb. Ich nahm sie heraus und gab sie DIR in die Hand … Ich ließ nicht gleich aus, da spürte ich DEINE Finger! Wenn ich nächstesmal hinausgehe, bringe ich ihm einen Fruchtsalat. Oder etwas Ähnliches. Ich werde aber Zeit verstreichen lasse. To know, know, know you, is to love, love, love you ...
     
     
    8. Oktober 1964
    Am Nachmittag kaufe ich schöne Weintrauben in Linz. Wir haben jede einen grünen Lodenmantel bekommen. Auch eine Birne und einen Apfel habe ich gekauft und alles Alexander hinausgetragen. Seine Großmutter und Smolka Rudi waren draußen. Die Großmutter hat gar nichts geredet, und Smolka Rudi hat so zynisch gegrinst. Also habe ich nicht viel davon gehabt. Ich blieb nur ein paar Minuten. Auch «Heiterkeit kennt keine Grenzen» habe ich ihm gegeben.
     
     
    9. Oktober
    Mein liebes, liebes Tagebuch! Seit ich Dir alles über Alexander anvertraue, habe ich Dich noch viel lieber! True love is worth all the heartaches and pains, singt jemand im Radio, und er hat recht. Obwohl ich lieber keine heartaches hätte. Susi war heute bei DIR draußen. Sie hat erzählt, daß «Heiterkeit kennt keine Grenzen» ganz oben auf dem Nachtkastel gelegen ist. Von Giselher kam übrigens heute ein Brief, aber ohne Zeichnungen. Ich schreibe ihn hier ab:
     
     
    Wien, 7. Oktober 1964
    Liebe Lisi,
    Du wirst dich fragen, warum ich mich so spät entschließe, Dir dennoch zu schreiben. Nun, es bedürfte einer langen Erklärung, weshalb ich so lange zögerte. Vor einiger Zeit nämlich gab es in unserem Freundeskreis ein Mädchen, das Briefe erhielt von jemandem, den ich namentlich nicht erwähnen möchte. Aber vielleicht errätst Du «ihn» und «sie» bereits. Ihr seid ja
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