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Mein schwules Auge

Mein schwules Auge

Titel: Mein schwules Auge
Autoren: Rinaldo Hopf u.a.
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deine Lippen, die mich am Morgen wachgeküsst haben. Fehlen mir deine Worte, die mich zum Lachen gebracht haben. Fehlen mir deine Hände auf meinem Körper, deine Arme, die mich halten, alles, alles, alles von dir fehlt mir. Unsere Zukunft.
    Zusammen.
    Unten auf der Straße kommt ein Martinshorn näher. Ich höre quietschende Reifen und dann erneut Schritte im Treppenhaus. Viele Schritte. Noch einmal die Klingel und dann ein lautes Hämmern. Ein Hämmern, das nicht aufhören wird, das die Tür aufbrechen wird, um dich wieder von mir zu trennen. Aber diesmal wird es nicht gelingen. Es ist Zeit.
    Ich beuge mich über dich und sehe, dass sich das Laken unter dir langsam rot verfärbt. Zärtlich streiche ich dir ein letztes Mal durch das Haar und küsse deinen kalten Mund. Dann ziehe ich das Messer aus deiner Brust und trinke dein Leben. Vereint. In mir.
    Für immer.

Rolf Redlin JACKENSAMMLUNG
aus Mein Schwules Auge 7
    Dirk lädt mich am Telefon ein. „Am besten kommst du mal selbst vorbei und schaust dir die Jackensammlung in Ruhe an.“
    Tags darauf stehe ich vor seiner Haustür. Ein Reihenhaus aus den Siebzigern: Gelbklinker und Flachdach. Er schiebt mich sanft die Kellertreppe hinab. Neonröhren flackern auf. Ein ganzer Raum voller Jacken!
    „Vor ein paar Jahren habe ich halbzolliges Gasrohr als Kleiderstange an die Decke gedübelt. Platzmäßig sehr komfortabel. Heute krieg ich kaum noch eine Neuerwerbung untergebracht.“
    Alle 97 Jacken hängen einer gewissen Ordnung folgend. Vorn die Motorrad-Jacken.
    Dirk lacht: „Die unerotische Ecke. Schwarze dreiviertellange Textiljacken mit Goretex. Praktisch bei wechselhaftem Wetter, wasserdicht und warm. Diese zwei blousonförmigen Varianten gehen grad noch so. Ich trage sie zu Zunfthosen. Da stimmt die Optik halbwegs und man ist nicht wie ein Stino-Biker unterwegs.“
    Das leuchtet ein. Aber ich suche nach Leder, dem klassischen Material für Motorradkleidung. Dirk hebt eine schwarze Jacke mit Aufnähern von der Stange und drückt sie mir in die Hand. Sauschwer!
    „ California Highway Patrol , die schwule Lederjacke schlechthin. Gegenstand unzähliger feuchter Träume. Eine ziemlich originalgetreue Ausführung. Made in USA , kein Billigding. Schöne Patina, weil auf dem Bike getragen. Ich weiß noch, wie ich sie gekauft habe. Damals hatte ich noch meine Moto Guzzi. Eines Abends lief im Fernsehen die Serie ‚Die Straßen von San Francisco’ mit Karl Malden und Michael Douglas. In der Folge fuhr ein Cop die gleiche Guzzi V7 California wie ich und er trug dabei so eine Jacke. Klar, dass ich die auch haben musste. Wenn du jemanden findest, der die Serie auf DVD hat, dann lass es mich wissen! Nun konnten sich die Cops nicht dauerhaft mit italienischen Motorrädern anfreunden, aber das unter Fans liebevoll Cali genannte Modell wurde unter deutschen Bikern ein beachtlicher Erfolg. Denk an Udo Lindenbergs Song ‚Cowboy Rocker‘. Da singt Inga Rumpf mit ihrer Reibeisenstimme: ‚Das einzig Starke an dir ist deine Moto Guzzi, aber sonst bist du ja so ein Fuzzi!. Erinnerst du dich? 1974!“
    Klar, da war ich sechzehn! Das Gewicht der Jacke zieht an meinem Arm und ich greife nach einer leichteren. Mit so was war in den Achtzigern jeder Biker unterwegs: abgesteppte gepolsterte Schultern, integrierter Nierengurt und an der Brust zwei Reißverschlüsse, damit man das Ding mal mit, mal ohne Pullover tragen konnte.
    „Ach, der Klassiker. Hatte ich neulich erst wieder an. Parke die Yamaha irgendwo bei einem Bikertreffpunkt und trotte zur Imbissbude auf einen Kaffee. Kommt mir ein Typ in der gleichen Jacke entgegen: gut aussehend, prolliger Kurzhaarschnitt, Händchen haltend mit einer Tusse. Und obwohl Platz genug ist, geht der Hetero so dicht an mir vorbei, dass sich unsere Schultern berühren. Was sagt man dazu?“
    Spaßeshalber ziehe ich die Jacke über. Typisch Achtziger: die überbreiten Schultern. Fast schon monströs. Klar, was der angebliche Hetero von Dirk wollte. Ich hänge das gute Stück wieder zurück. Nun wird es bunt.
    Dirk erläutert: „Eigentlich mag ich keine farbigen Jacken. Hier aber kommt das
    Orange zum Schwarz ganz gut. Im Winter gekauft, herabgesetzt. Ist von Dainese, die sind vor allem für ihre Lederkombis bekannt. Das Kultmodell ist die Luce . Eine Kombi ganz in schwarz mit ein paar weißen Applikationen und Schriftzügen. Leider haben die Italiener so ihre Probleme mit der Passform bei groß gewachsenen Nordeuropäern. An den Schultern brauch ich
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