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Mein perfekter Sommer

Mein perfekter Sommer

Titel: Mein perfekter Sommer
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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haben schien. Aber ohne es zu bemerken, waren die Green Teens beinahe alles für mich geworden.
    Deshalb war Olivias Veränderung so ein Schock für mich, geht mir auf, und deshalb war ich nicht besonders erpicht darauf, andere Sichtweisen gelten zu lassen. Denn wenn ich nichts anderes als ein Green Teen bin, was passiert dann, wenn ich anfange, unsere Ideale infrage zu stellen? Wie wird mein Leben ohne Olivia oder meine alte Gruppe, ohne Ziel und Zweck, wenn wir wieder zu Hause in New Jersey sind?
    Ethan neben mir ist still, ganz in seine eigenen Sorgen versunken, während ich hinaus auf den dunklen See schaue und an all die Versammlungen, Demos und die vielen Stunden zurückdenke, in denen ich Briefe geschrieben und Flugblätter verteilt habe.  – Ich hab mich sicherer dabei gefühlt, so als könnte ich auf diesem riesigen, unheimlichen Planeten irgendetwas ein klein wenig besser machen. Aber trotz aller Anstrengungen und Energie habe ich feststellen müssen, dass die Dinge nicht so einfach sind, wie ich dachte. Die Parolen, die ich gerufen, die Spruchbänder, mit denen ich gewedelt habe, treffen nicht annähernd die echten Probleme, mit denen es die Welt zu tun hat. Die echten Antworten sind Nuancen von Grau, unterlegt mit Kompromissen und Prioritäten, die ich gerade mal anfange zu sehen. Ich will verstehen, aber jetzt weiß ich, dass ich keine klar umrissenen Wahrheiten finden werde, solange ich nur Leute zum Recyceln animiere und mit Schildern auf Bauplätzen herumfuchtele,
als würde davon etwas besser werden. Es ist ein Anfang, aber es gibt noch so viel mehr.
    Ich atme tief durch. Ethan hat recht, meine Sorgen sind vielleicht nicht so lebensverändernd wie seine, aber es ist eine Erleichterung, wenn man die Wahrheit plötzlich vor sich ausgebreitet liegen sieht. Ich hab mich an meine Identität als Green Teen geklammert, damit ich irgendwo dazugehören konnte. Aber ich bin mehr als das. Und er auch.
    »Das wird schon«, sag ich ihm, und zum ersten Mal glaube ich es selbst. »Und du wirst deinen Weg finden.«
    Er lacht trocken. »Das wird sich nicht vermeiden lassen. Nichts lässt sich vermeiden.«
    Eine Weile beobachten wir das Wasser, unsere Finger liegen ineinander verschlungen auf dem taufeuchten Boden. Dann sind Stimmen zu hören, hinten, bei den Bäumen. Wir drehen uns um.
    »Gott sei Dank!« Angestrahlt von dem schmalen Strahl einer Taschenlampe stürzt Fiona auf uns zu. Sie hat eine leichte Jacke übergezogen, ihr Haar löst sich aus dem Pferdeschwanz. »Wir suchen euch schon ewig!«
    Wir?
    Reeve taucht hinter ihr aus den Schatten auf. Mit Grady. Der guckt runter und scharrt mit der Schuhspitze auf dem Boden herum, aber er ist da.
    Ich stehe auf, beunruhigt.
    »Alles okay«, Fiona guckt schnell rüber zu Grady. »Er hat sich beruhigt. Es wird keine … keine Szenen geben. Hab ich recht?« Sie haut ihm auf den Bauch. Er nickt zögernd.

    »Sollten wir …?« Ich schaue mich nach Ethan um. Der hat sich nicht vom Fleck gerührt, aber sein Gesicht wirkt ruhig.
    »Wir gehen zurück«, beschließt Fiona. Sie zittert. »Ein paar Leute können wir decken, aber wenn wir alle verschwinden, kriegen sie das bald mit.«
    Ich nicke. Das heißt dann wohl, dass Grady nichts gesagt hat. Und wenn er nichts gesagt hat …
    »Geht’s?«, frage ich Ethan leise.
    Er lächelt mich an. »Ich werd’s überleben.«
    »Und kein Schwimmen mitten in der Nacht mehr, verstanden?« Ich versuche einen Witz draus zu machen, aber meine Angst ist mir wohl anzumerken, denn plötzlich greift er nach mir und umarmt mich. Ich halte ihn ganz fest, aber eine Sekunde später macht er sich los.
    »Mir geht’s gut.« Er nickt, will barsch klingen. »Geht jetzt lieber. Ich will nicht, dass die einen Suchtrupp losschicken.«
    Ich mache mich davon, ihn lasse ich zusammengekauert am Seeufer zurück. Grady bleibt ein paar verlegene Schritte hinter ihm stehen.
    »Und Grady hat sich wirklich beruhigt?«, frage ich Fiona, als ich mich umschaue.
    »Ich hab ihm ein bisschen Verstand eingeprügelt. Ich glaub, das war nur der Schock. Also, schließlich sind sie Brüder. Er hatte überhaupt keine Ahnung …« Sie lässt es dabei. »Aber jetzt hat er sich eingekriegt. Er bringt das schon wieder in Ordnung.«
    Ich atme durch, ein Stein fällt mir vom Herzen.
    »Alles okay mit dir?« Reeve kommt an meine Seite, als wir
in den Wald zurück gehen. Ich blinzele. Eigentlich hätte ich registrieren müssen, dass er da ist, aber ich bemerke ihn jetzt erst,
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