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Mein perfekter Sommer

Mein perfekter Sommer

Titel: Mein perfekter Sommer
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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der Verandalampen, dass im Vorgarten irgendwas los ist. In der Auffahrt steht ein Lieferwagen mit einem offiziellen Logo drauf, Adam runzelt die Stirn und Olivia gestikuliert wild vor einer uniformierten Frau mittleren Alters herum.
    Olivia? Schleunigst laufe ich raus zu ihnen.
    »Wir sind mit Sicherheit sämtliche Pläne durchgegangen, als wir das Gespräch im Bauamt hatten«, sagt Adam gerade. Er guckt ganz verwirrt. »Ich muss nur eben die Papiere raussuchen …«
    »Was geht hier vor?« Meine Frage hab ich an Olivia gerichtet. Sie dreht sich um und rammt die Hände in die Taschen ihrer Cargohosen. »Ist alles in Ordnung? Soll ich Susie holen?«
    »Nein, das ist nur ein Missverständnis«, sagt Adam schnell. »Kein Grund, sie zu beunruhigen.«
    Die Frau tritt ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. »Mir hat man gesagt, hier handele es sich um einen ökologischen Notfall.«
    »Tja, was soll ich dazu sagen. Sie wissen ja, wie dramatisch Kids manchmal sind.« Adam guckt Olivia an und begleitet
die Frau auf dem Weg zum Haus. »Gehen Sie doch nach hinten und feiern Sie ein bisschen mit, inzwischen suche ich die Genehmigungen raus.« Zuerst will sie nicht recht, aber Adam lässt nicht locker. »Da ist noch leckerstes Barbecue und ich weiß, dass Mrs. Johnson ihre berühmten Brownies mitgebracht hat …«
    »Ach, na gut, vielleicht ein paar Minuten.« Die Frau lächelt zum ersten Mal und macht sich auf zu den legendären Brownies.
    Ich drehe mich zu Olivia um.
    »Was denn?«, murmelt sie mürrisch. »Die wollen diesen Baum fällen. Was sollte ich denn machen?«
    »Weiß nicht. Wie wär’s denn mit gar nichts?« Fassungslos starre ich sie an. Sie hat tatsächlich die Polizei gerufen oder, wie auf dem Lieferwagen steht: die Graystone Valley Umweltschutzbehörde. Ich blinzle. Einen Moment lang fehlen mir schlicht die Worte.
    »Ich kann nicht fassen, dass du das gemacht hast!«, brülle ich schließlich. »Sie haben alles mit deinen Eltern geregelt und dich hier aufgenommen und sie waren so verdammt nett zu dir! Und so revanchierst du dich? Du willst ihnen ihren großen Eröffnungstag kaputt machen? Nach so viel Arbeit?«
    Aber das scheint Olivia nicht zu kratzen. Sie zuckt die Achseln, als sei es völlig nebensächlich, was ich gesagt habe. »Sie sollten ihn nicht fällen. Und wenn du ein guter Green Teen wärst, hättest du die Behörde schon vor Wochen gerufen.«

    Ich lehne mich an den Lieferwagen und schaue sie ganz benommen an. Hier draußen ist es jetzt dunkel, Schatten wuchern, und die Distanz zwischen uns, die ich so sehr versucht habe zu ignorieren, lässt sich nicht länger leugnen. Es ist jetzt anders. Auch wenn ich mich noch so zuversichtlich geben möchte, dass sie sich schon wieder besinnen und so wie früher werden wird, diese Olivia ist nicht der Mensch, den ich so viele Jahre gekannt habe.
    Und vielleicht gilt dasselbe auch für mich.
    »Diese Leute sind für mich wie Familie.« Ein letztes Mal noch versuche ich sie zur Einsicht zu bringen. »Ich begreif nicht, wie du so was machen kannst.«
    »Du kannst nicht auf ihrer Seite sein!«, wendet sie ein. »Du weißt, dass es falsch ist, was sie tun.«
    »Falsch?« Ich blinzele. »Livvy, sie betonieren doch nicht ein paar Hektar ein oder … oder töten Seehundbabys. Das ist ein Baum! Und glaubst du nicht, dass sie alles durchdacht haben? Sich überlegt haben, wie groß der Schaden ist oder ob irgendwas da nistet? Komm schon, Livvy, nicht jeder einzelne Mensch auf der Welt ist Teil deiner bekloppten kapitalistischen Verschwörung!«
    »Ich hätte wissen müssen, dass du so reagierst.« Olivias Gesicht wird hart. »Cash hat gesagt, du stehst nicht voll hinter …«
    »Nun hör doch endlich mal auf mit Cash.« Nun ist mein Geduldsfaden endgültig gerissen. »Hast du eigentlich noch einen einzigen eigenen Gedanken im Kopf oder hat er eine komplette Hirnwäsche mit dir durchgezogen?«

    »Hirnwäsche!«, brüllt Olivia zurück. »Du glaubst also, ich mach das nur seinetwegen? Dass ich nicht daran glaube, für das zu kämpfen, was richtig ist?«
    »Aber es ist doch nicht richtig, oder?« Ich schüttele den Kopf und kann gar nicht fassen, dass sie überhaupt nicht kapiert, worum es hier geht. Seit Tagen hab ich nichts gesagt, weil ich verwirrt war und Angst hatte, sie ganz und gar verloren zu haben. Aber es ist passiert. Ihr Sommer hat sie zum Extrem unseres Umweltbewusstseins gebracht, zur selben Zeit habe ich die andere Seite meiner Überzeugungen sehen
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