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Mein Onkel Ferdinand

Mein Onkel Ferdinand

Titel: Mein Onkel Ferdinand
Autoren: Horst Biernath
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abschneiden möchte. Hahaha!«
    »Ich habe Ihr Unternehmen im Adreßbuch gefunden«, sagte der Fremde eisig und wies damit den Gedanken, der Ruf des Institutes Greif habe ihn nach Deutschland gelockt, mit einer deutlichen Gebärde der Entrüstung zurück. Er sprach übrigens ein ausgezeichnetes, grammatikalisch fehlerfreies Deutsch und verzichtete darauf, sich englisch zu unterhalten, obwohl Onkel Ferdinand ihm versicherte, daß ein paar Fremdsprachen wie Englisch, Französisch und Spanisch in seinem Unternehmen eine Selbstverständlichkeit seien.
    »Na schön«, meinte Onkel Ferdinand schließlich, »es ist ja auch völlig wurscht, wie Sie mein altes Institut gefunden haben, auf jeden Fall werden Sie bei mir von erstklassigen Fachleuten bedient.« Er prüfte den eleganten Mantel seines Gegenübers mit einem taxierenden Blick und fuhr mit tiefer Stimme fort: »Gerade Alimentationsangelegenheiten sind eine Spezialität meines Hauses!«
    Der Fremde schien die merkwürdige Gedankenverbindung zwischen Schneiderulstern und lockerer Moral glücklicherweise nicht verstanden oder überhört zu haben. Sein Blick wanderte mißtrauisch im Büro herum und blieb schließlich an unserer wunderbaren Klingelgarnitur hängen. Er stutzte, neigte den Kopf ein wenig zur Seite, um besser lesen zu können, zog die Augenbrauen achtungsvoll empor und—legte seine Handschuhe und den Hut, mit denen er bisher nervös auf seinem Schoß gespielt hatte, neben die Klingelknöpfe auf den Tisch.
    Onkel Ferdinand aber, dem das kurze Zwischenspiel nicht entgangen war, sah starr in mein Schlüsselloch hinein, blinzelte mir zu, und sein Blick schien zu sagen: Na, siehste wohl!
    »Also, Herrrrr...?« fragte er und rollte das R so lange aus, daß dem Fremden nichts anderes übrigblieb, als seinen Namen zu nennen.
    »Murchison...«, antwortete er in einem Tonfall, als würde er erpreßt.
    »Mörtschison also!« wiederholte der Onkel und nickte, als hätte er nichts anderes erwartet. »Alsdann, verehrter Mister Mörtschison, was führt Sie zu mir? Reden Sie frei von der Leber weg! Diskretion ist das oberste Gesetz meines alten Unternehmens.«
    Murchison befeuchtete die schmalen Lippen mit der Zungenspitze: »Da ist nicht viel anzuvertrauen«, sagte er mürrisch. »Ich brauche Ihre Hilfe in einer ziemlich einfachen Angelegenheit. Ich interessiere mich für eine junge Dame namens Gertrud Drost. Das ist alles.«
    Onkel Ferdinand spitzte die Lippen, um einen Pfiff auszustoßen, aber er besann sich noch rechtzeitig auf das Unstatthafte solcher musikalischen Äußerungen und kratzte sich den Kopf: »Ja, zum Teufel, Herr — verdammt, wie war doch gleich der werte Name? — richtig — Murchison, schließlich sind wir eine Detektei und kein Ehevermittlungsinstitut...«
    »Blödsinn!« sagte Mister Murchison grob und ein flüchtiges Rot färbte seine Stirn und seine Wangen aus Zorn oder aus Verlegenheit dunkler, »ich persönlich habe zu der Dame keine Beziehungen, verstehen Sie? Ich bin Partner eines Anwaltsbüros und wurde von einem Klienten beauftragt, über Fräulein Drost eingehende Erkundigungen einzuziehen. Ich selber möchte dabei sowenig wie möglich in Erscheinung treten. Kurz und gut, ich beauftrage Sie, mir in kürzester Frist einen detaillierten Bericht darüber zu liefern, wie Fräulein Drost lebt, wovon sie lebt, womit sie sich beschäftigt, mit wem sie verkehrt.«
    »Ein Ermittlungsfall!« schrie Onkel Ferdinand, »das Musterbeispiel des klassischen Ermittlungsfalles!« und er war drauf und dran, Mister Murchison auf die Schulter zu schlagen. »Ich gratuliere Ihnen, Sir, die Sache ist bereits so gut wie erledigt! Gerade Ermittlungssachen sind eine Spezialität meines alten Hauses. Wann brauchen Sie den Bericht?«
    »Schnell, schneller, am schnellsten!« knurrte Murchison grimmig und humorlos, und nach einer kurzen Pause: »Spätestens in drei oder vier Tagen. Je eher, desto besser.«
    Onkel Ferdinand lächelte überlegen und geringschätzig: »Drei Tage? Verehrter Herr, in drei Tagen haben wir schon ganz andere Sachen geschaukelt als so eine lausige Ermittlung. Moment mal, ich rufe nur Herrn Martin her — Dr. ehem. Martin — meinen besten und zuverlässigsten Mann, eine Kanone gerade auf dem schwierigen Gebiet der Ermittlungsfälle. Sprechen Sie Ihre Sache mit ihm durch. Ich selber bearbeite momentan gerade einen Mordfall, eine üble Angelegenheit, übel und höchst kitzlig für den armen Teufel, der im Verdacht steht, seine Schwiegermutter mit
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