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Mein Onkel Ferdinand

Mein Onkel Ferdinand

Titel: Mein Onkel Ferdinand
Autoren: Horst Biernath
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klar?«
    »Drei Tage sind eine kurze Zeit«, antwortete ich vorsichtig.
    »Eine verdammt kurze Zeit!« bestätigte Onkel Ferdinand und sog mit der Zunge Luft durch die Zähne. »Nicht etwa, daß wir es nicht schaffen... Bewahre! Mein altes Institut schafft alles! Aber...«, er zog das Aber wie an einer Gummistrippe aus dem Mund, »die Geschichte hat einen anderen Haken. Ich muß für solch kurzfristige Aufträge, die sich nach so vielen Richtungen erstrecken, ein ganzes Bataillon von Leuten auf die Beine stellen. Und das kostet eine Stange Geld...«
    Mister Murchison unterbrach Onkel Ferdinand mit einer lässigen Handbewegung: »Geld spielt keine Rolle.«
    Onkel Ferdinand nickte wohlgefällig: »Das ist ein schönes Wort, Sir, und wohl dem, der das aussprechen kann. Ohne persönlich werden zu wollen, werter Herr, aber auf Ihrem Stuhl hat schon mancher Klient gesessen, der genauso gesprochen hat wie Sie. Aber wenn es dann darauf ankam, die Kröten springen zu lassen, dann war mit einemmal Finsternis in Ägypten.«
    »Kurz und gut«, fragte Murchison leicht angewidert und trommelte mit den Fingerspitzen auf seiner Kniescheibe, »wieviel verlangen Sie für Ihre Bemühungen?«
    Onkel Ferdinand holte ein riesiges, buntgemustertes Taschentuch hervor, wie man es nur noch bei Schnupfern sieht, und schneuzte sich umständlich und trompetenlaut. Dabei addierte er im Geist alle möglichen Auslageposten zusammen: Rum, Genever, Arrak, Cognac, Zigarren...
    »Zweihundert...«, sagte er schließlich und blinzelte unsicher.
    Murchison zog ein ansehnliches Bündel Banknoten aus der Brusttasche und ließ vier Fünfziger auf den Tisch flattern. Dem Onkel quollen die Augen aus dem Kopf...
    »Wir haben uns hoffentlich richtig verstanden, Mister«, stieß er kurzatmig hervor, »zwohundert Katharinchen als Vorschuß! Die Sache kann unter Umständen noch ein paar weitere Lappen kosten. Es ist kein einfacher Fall...«
    Murchison erhob sich: »Mehr als dreihundert gebe ich nicht aus!« sagte er kurz und kalt. »Ich wohne übrigens im Hotel Savoy. Benachrichtigen Sie mich sofort, sobald Sie Ihre Recherchen beendet haben. Und vergessen Sie nicht, daß Ihre Tätigkeit völlig unauffällig vor sich gehen muß! Fräulein Drost darf auf gar keinen Fall merken, daß man sich für sie interessiert.«
    Onkel Ferdinand reichte seinem ersten Klienten den Hut und die Handschuhe: »Darauf können Sie sich verlassen, Sir!« versicherte er mit Nachdruck. »Meine Leute arbeiten diskret. Diskret? Ich sage Ihnen, sie arbeiten, als ob es sie überhaupt nicht gibt!« Und mit dieser hanebüchenen Frechheit begleitete er Mister Murchison zur Tür.
    Als er zurückkam, sah er aus, als hätten die zweihundert Mark in seiner Westentasche ihn um das Doppelte seines bisherigen Umfanges aufgebläht.
    »Sei ehrlich, Hermann!« röhrte er lachend und ließ sich in seinen Stuhl fallen, daß ich fürchtete, das alte Möbel würde unter seinem Gewicht zusammenbrechen, »habe ich deinen lieben Eltern zu viel versprochen, wenn ich diesen Saftladen eine Goldgrube nannte?«
    Er zündete sich eine neue Zigarre an und blickte den ersten Rauchwölkchen träumerisch nach.
    »Teufel ja, dieser Mister Murchison! Drei Mille schleppte der Goldjunge lose mit sich herum! Drei Mille bei vorsichtiger Schätzung... olala!«
    Ich gestehe, daß mir bei diesen Worten von Onkel Ferdinand der Kragen ein wenig eng wurde. Bis vor einer Stunde hatte ich den ganzen Schwindel als eine Art von Bierulk angesehen und keine Bedenken gehabt, die Gaudi mitzumachen. Murchisons Anzahlung jedoch hatte — wenigstens meiner Meinung nach — der Geschichte ihren spaßhaften Anstrich gänzlich genommen. Und so äußerte ich denn auch freimütig, daß allzu große Tüchtigkeit im Geldverdienen unter Umständen sehr peinliche und äußerst verhängnisvolle Folgen haben könne.
    »Ja, um Himmels willen, Hermann!« rief Onkel Ferdinand und blickte mich aus seinen strahlend blauen Augen unter den weißblonden Brauen vorwurfsvoll und entrüstet an, »du willst damit doch nicht etwa sagen, daß ich unserem Freund Murchison die goldenen Federn ganz ohne Gegenleistung aus dem Schwanz rupfen will!«
    Ich zog es vor, aus Höflichkeit zu schweigen. Dafür interessierte es mich um so mehr, zu erfahren, wie Onkel Ferdinand die Geschichte mit diesem Fräulein Drost nun eigentlich anzupacken gedachte.
    Onkel Ferdinand versank in ein langes und angestrengtes Grübeln. Er rauchte, er entkorkte eine Flasche und goß uns zwei Cognacs
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