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Mein Leben Ohne Gestern

Mein Leben Ohne Gestern

Titel: Mein Leben Ohne Gestern
Autoren: Lisa Genova
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Playtex-Tampons. Sie dachte einen Augenblick lang nach. Sie hatte ihre Periode den ganzen Sommer über nicht gehabt. Hatte sie sie im Mai gehabt? Nächsten Monat würde sie fünfzig werden, daher war sie nicht beunruhigt. Sie hatte noch keine Hitzewallungen oder nächtlichen Schweißausbrüche, aber das hatten auch nicht alle Frauen in den Wechseljahren. Das konnte ihr nur recht sein.
    Als sie sich die Hände abtrocknete, sah sie die Schachtel Trojan-Kondome hinter Lydias Haarpflegeprodukten. Sie musste mehr über diese Mitbewohner herausfinden. Vor allem über Malcolm.
     
    Sie saßen an einem Tisch im Freien auf der Terrasse des Ivy, eines angesagten Restaurants im Zentrum von Los Angeles, und bestellten zwei Getränke, einen Espresso Martini für Lydia und einen Merlot für Alice.
    »Und? Wie kommt Dad mit seinem Science -Aufsatz voran?«, fragte Lydia.
    Sie musste kürzlich mit ihrem Vater gesprochen haben. Alice hatte seit einem Telefonanruf am Muttertag nichts mehr von ihr gehört.
    »Er ist fertig. Er ist sehr stolz darauf.«
    »Wie geht es Anna und Tom?«
    »Gut, sehr beschäftigt, sie arbeiten hart. Wie hast du Doug und Malcolm eigentlich kennengelernt?«
    »Sie sind eines Abends ins Starbucks gekommen, als ich dort gearbeitet habe.«
    Der Kellner erschien, und sie bestellten ihr Essen und noch etwas zu trinken. Alice hoffte, dass der Alkohol die Anspannung zwischen ihnen auflockern würde, die dick und schwer genau unter der pauspapierdünnen Unterhaltung lag.
    »Wie hast du Doug und Malcolm eigentlich kennengelernt?«, fragte Alice.
    »Das habe ich dir doch eben schon gesagt. Warum hörst du mir eigentlich nie zu, wenn ich etwas sage? Sie sind irgendwann abends ins Starbucks gekommen und haben darüber geredet, dass sie einen Mitbewohner suchen, als ich dort gearbeitet habe.«
    »Ich dachte, du arbeitest als Kellnerin in einem Restaurant.«
    »Das tue ich auch. Unter der Woche arbeite ich im Starbucks und samstagabends als Kellnerin.«
    »Das klingt nicht so, als würde es dir noch viel Zeit zum Schauspielern lassen.«
    »Im Augenblick habe ich keine Rolle, aber ich nehme Workshop-Unterricht, und ich spreche viel vor.«
    »Was denn für Unterricht?«
    »Meisner-Technik.«
    »Und wo hast du vorgesprochen?«
    »Fernsehen und Presse.«
    Alice schwenkte den Wein in ihrem Glas, nahm den letzten, großen Schluck und leckte sich die Lippen ab.
    »Lydia, was genau hast du hier eigentlich vor?«
    »Ich habe nicht vor, damit aufzuhören, falls das deine Frage ist.«
    Die Getränke zeigten allmählich Wirkung, aber nicht in der Weise, die Alice sich erhofft hatte. Stattdessen dienten sie als Brennstoff, der das kleine Stück Pauspapier verbrannte, sodass die Anspannung zwischen ihnen offen zutage trat, am Rande einer gefährlich vertrauten Unterhaltung.
    »Du kannst doch nicht ewig so weiterleben. Willst du immer noch bei Starbucks arbeiten, wenn du dreißig bist?«
    »Das ist in acht Jahren! Weißt du denn schon, was du in acht Jahren tun wirst?«
    »Ja, das weiß ich. Irgendwann musst du Verantwortung übernehmen, du musst dir Dinge wie eine Krankenversicherung, eine Hypothek, Rücklagen für die Rente leisten können.«
    »Ich bin krankenversichert. Und vielleicht schaffe ich ja den Durchbruch als Schauspielerin. Es gibt Leute, die ihn schaffen, weißt du. Und die machen verdammt viel mehr Geld als du und Dad zusammen.«
    »Es geht nicht nur ums Geld.«
    »Worum denn dann? Dass ich nicht du geworden bin?«
    »Sprich ein bisschen leiser.«
    »Sag mir nicht, was ich zu tun habe.«
    »Ich will doch gar nicht, dass du ich wirst, Lydia. Ich will nur nicht, dass du dich in deinen Entscheidungen einschränkst.«
    »Du willst meine Entscheidungen für mich treffen.«
    »Nein.«
    »Ich bin, wer ich bin, und ich tue, was ich tue.«
    »Was denn, Venti Lattes ausschenken? Du solltest aufs College gehen. Du solltest diese Zeit deines Lebens damit verbringen, etwas zu lernen.«
    »Ich lerne doch etwas! Ich sitze nur nicht in einem Harvard-Hörsaal und rackere mich ab, um eine Eins in Politikwissenschaft zu bekommen. Ich habe fünfzehn Wochenstunden ernsthaften Schauspielunterricht. Wie viele Wochenstunden haben denn deine Studenten, zwölf?«
    »Das ist nicht dasselbe.«
    »Na ja, Dad findet, es ist dasselbe. Er bezahlt dafür.«
    Alice umklammerte den Saum ihres Rocks und presste die Lippen zusammen. Was sie als Nächstes sagen wollte, war nicht für Lydia bestimmt.
    »Du hast mich noch nicht einmal spielen sehen.«
    John
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