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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin
Autoren: Stephen Fine
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Hand, bis auf einige rötliche Druckstellen, wie Beverlys Zähne sie hinterlassen hatten, keine Spuren meiner heftigen Attacken erkennen ließ. Nicht wenig verzweifelt, mußte ich einsehen, daß ich so gut wie unzerstörbar war, außerdem hatten meine Bemühungen zu allem Übel eine Informationsschleife in Gang gesetzt, die meine Qualen noch vergrößerte: »Haltbarkeit ist geradezu der Familienname des P9. Jede Einheit ist absolut unbrennbar, schnittfest, hygienisch, steril und – für den unwahrscheinlichen Fall einer Beschädigung – selbstheilend. Der P9 kann auch eine rauhe Behandlung vertragen. Er verfügt über einen Kraftfaktor von +5 – sehr vorteilhaft bei Notfällen oder wenn schwere Lasten zu bewegen sind. Da es sich bei dem P9 um einen Humanophyten handelt, benötigt er sehr wenig Nahrung und ist praktisch wartungsfrei, wodurch er sich als besonders kostengünstig qualifiziert. Falls Sie umfassendere Informationen über dieses erstklassige Produkt wünschen, wenden Sie sich bitte an Ihren nächsten Pirouet-Händler, der Sie gerne beraten wird.«
    Meine Gebieterin mußte mehrere Male rufen, bevor ich in der Lage war zu reagieren. Wie betäubt stellte ich das Wasser ab und ging ins Schlafzimmer. Sie trug ihre neueste Erwerbung, ein fließendes Abendkleid aus duftiger Seide, und betrachtete sich wohlgefällig in einem mannshohen Spiegel. »Ich konnte nicht erwarten, es anzuprobieren«, sagte sie. »Es ist ein Pariser Wickelkleid mit flexiblen Flachsglasträgern und Schärpe. Ist es nicht herrlich?« – »Ja, gnädige Frau. Es ist herrlich.« – »Es steht mir gut, findest du nicht?« – »Ja, gnädige Frau.« Sie drehte sich im Kreise. »Ich sehe jung aus darin. Sag, daß ich jung aussehe.« – »Sie sehen jung aus.« – »Und es paßt ausgezeichnet zu dem neuen Gesicht.« Meinem Programm entsprechend stimmte ich zu. »Ach, ich danke dir, Molly. Du bist ein Schatz. Soll ich das Haar aufstecken oder offen tragen? Was meinst du?« – »Wie Sie wünschen.« – »Ja. Ich werde es aufstecken. Soll ich das Kleid zum Abendessen tragen, nur so zum Spaß?« – »Wie Sie wünschen.« – »Allerdings.« Damit begann sie sich zu entkleiden. Jedes Teil, das sie auszog, gab sie mir, als wäre ich ein Kleiderständer. Dann befahl sie mir, ihr das neue Gesichtsmodel aufzusetzen. * Sie schmorte eine halbe Minute, dann entfernte ich das Model und benutzte die bereitliegenden Saugtücher, um die modische, elegante Fassade abzuwischen, die jetzt als zäher Schleim von ihren Wangen troff. Ich vergaß nicht, dabei zu lächeln, denn sie bedurfte der Aufmunterung, wann immer ihre nichtssagenden, alles andere als taufrischen Züge zum Vorschein kamen. Nach diesem Ritual schlenderte sie ins Badezimmer, und ich blieb allein vor dem Spiegel zurück. Ich hielt mir das neue Kleid an, um zu sehen, wie es mir stand. Es ließ sich nicht leugnen: Das edle Stück gewann durch den Wechsel; meine Brust war voller und wohlgeformter, die Taille schmaler, die Hüftpartie runder, und ich war mit einer vollendeten Haltung gesegnet. Die Gebieterin konnte mir schlicht nicht das Wasser reichen. Und doch bummelte sie durch die Geschäfte von Malibu Island, während ich den Haushalt versah; schwelgte sie in prachtvollen Stoffen und Mustern, während ich mich mit dem Outfit des Dienstmädchens begnügen mußte; und ihre Unterwäsche, die sie mir eben in die Hand gedrückt hatte, bestand aus der feinsten Tortini-Baumwolle, meine dagegen aus Synthetik. Wer war sie, fragte ich mich selbst, daß sie solche Freiheit und solchen Luxus genießen durfte, wenn ich ihr so offensichtlich in jeder Beziehung überlegen war? Stand mir nicht auch ein schönes Heim zu und ein Leben voller Annehmlichkeiten? Warum sollte ich verzichten müssen? Wieder einmal half logisches Denken mir nicht weiter: Je mehr ich über diese neue Welt erfuhr, desto verwirrender erschien sie mir.
    Ein Schrei aus dem Badezimmer ließ mich auffahren. Gleich darauf erschien meine Gebieterin in der Tür und verlangte mit überschnappender Stimme eine Erklärung, denn sie hatte sich beim Einsteigen in das heiße Badewasser das rechte Bein bis zur Wade verbrüht. Zornbebend nannte sie mich einen dummen Roboter, doch ich gab nüchtern zu bedenken, daß sie mich ins Schlafzimmer gerufen hatte, bevor ich mit den Badevorbereitungen fertig gewesen war. Nachdem sie sich beruhigt hatte, half ich ihr beim Ankleiden und nutzte die Gelegenheit, um ihr deutlich zu verstehen zu geben, daß ich weder
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