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Mein Freund Tutenchamun, Band 2: Grabräuber (German Edition)

Mein Freund Tutenchamun, Band 2: Grabräuber (German Edition)

Titel: Mein Freund Tutenchamun, Band 2: Grabräuber (German Edition)
Autoren: Alfred Bekker
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eine Geisel. So lange die Beziehungen zwischen Ägypten und Kreta gut waren, sollte es auch ihm gut ergehen. Er wurde von ägyptischen Gelehrten ausgebildet, hatte deren Sprache und die Hieroglyphen-Schrift erlernt und vieles über ihre Götter gelernt. Und wenn er eines Tages nach Kreta zurückkehrte, um dort einen wichtigen Posten einzunehmen oder sogar doch noch König zu werden, dann war es für den Herrscher Ägyptens natürlich einfacher mit jemandem zu verhandeln, der die ägyptische Sprache verstand.
    Für den Fall allerdings, dass der König von Kreta auf den Gedanken kam, sich etwa mit den Feinden Ägyptens zu verbünden, würde es Herkos schlecht ergehen. Und so hoffte man am Hof des Pharao, dass Herkos' Vater es sich zweimal überlegen würde, seinen Sohn in Gefahr zu bringen.
    Obwohl Herkos eine Geisel war, hatte er sich allerdings bisher sehr wohl am Hof des Pharaos gefühlt. Er konnte sich vollkommen frei bewegen. Wohin hätte er auch fliehen sollen? Er konnte weder in die Wüste noch über das Meer flüchten. Und davon abgesehen hätte er dann auch das Wort gebrochen, das sein Vater gegeben hatte und mit dem das Bündnis zwischen Ägyptern und Kretern besiegelt worden war.
    Bisher gab es für Herkos keinen Grund, sich Sorgen zu machen, zumal er sich inzwischen ein wenig mit dem jungen Pharao angefreundet hatte.   
    „Scheint, als hätte er sich seinen Herrn selbst ausgesucht“, meinte Tutenchamun nun nachdenklich und deutete auf den Hund, der sich sichtlich wohlzufühlen schien. Der Hund war noch nicht lange an Bord der LICHT DES HORUS, wie das Schiff des Königs hieß. In der letzten Nacht hatte die kleine Flotte von prächtig hergerichteten Papyrus-Schiffen, in deren Begleitung Tutenchamun flussaufwärts zog, in einem kleinen Ort am Flussufer übernachtet.
    Der örtliche Wesir hatte seinem Herrscher diesen Hund zum Geschenk gemacht. Da der Gott der Windhunde in dieser Gegend besonders verehrt wurde, sollte dieses Geschenk auch ein Zeichen für die Verbundenheit der Menschen, die hier lebten, mit dem Pharao sein.
    Obwohl Tjesem eigentlich ein Tier war, das viel Auslauf brauchte, war er nun gezwungen, schon den ganzen Tag über auf der verhältnismäßig engen LICHT DES HORUS auszuharren. Hier musste er sich mit einem Platz begnügen, der kaum zwei Schritt durchmaß. Außerdem stiegen ihm dauernd die Düfte der Wesen in die empfindliche Nase, die an Bord der LICHT DES HORUS als Proviant mitgeführt wurden. Manches davon stellte offenbar auch für einen Windhund eine Köstlichkeit da und Tjesem hatte sich diesbezüglich auch schon mit dem königlichen Koch angelegt, der Tutenchamun selbstverständlich auf dieser Reise begleitete.
    Aber jetzt lag er vollkommen ruhig bei Herkos und ließ sich kraulen.
    Selbst die würzigen Düfte schienen ihn kaum noch abzulenken. Einmal schnaufte er zwar, so als müsste er niesen, aber er ließ den Kopf gesenkt. Der königliche Koch Meten-chepru sah ihn nur mit einem sehr finsteren Blick an und Tjesem winselte kleinlaut.
    „Ich glaube, unser ehrenwerter Meten-chepru will damit sagen, dass du besser hier bei mir bleibst, wenn du nicht in den Kochtopf landen willst!“, raunte Herkos dem Hund zu. „Und wenn du nochmal darüber nachdenken solltest, ins Wasser zu springen und ans Ufer zu schwimmen, dann kann man dich nur warnen!“
    Die LICHT DES HORUS segelte etwa in der Mitte des Flusses, der im Augenblick Hochwasser führte und dadurch an manchen Stellen so breit war, dass man das Gefühl hatte, sich auf einem Meer zu befinden - oder zumindest auf einem etwas größeren See.
    Jedenfalls hörte Herkos manchmal einige der Ägypter an Bord der LICHT DES HORUS darüber auf diese Weise reden. Das lag ich daran, dass der Nil breiter wurde, je weiter man flussaufwärts fuhr. Viele der Besatzungsmitglieder waren zum ersten mal so weit nach Oberägypten gelangt. In Wahrheit hatte keiner von denen wirklich eine Ahnung davon, was es bedeutete, über ein richtiges Meer zu fahren, so fand Herkos. Er jedenfalls war wohl der einzige, der das schon erlebt hatte, als er mit von Kreta aus nach Ägypten gebracht worden war.
    „Vielleicht solltest du Tjesem eine richtigen Namen geben, mein Pharao“, sagte Herkos. Schließlich war 'Tjesem' einfach nur das ägyptische Wort für Windhund. Man unterschied neun verschiedene Arten und für jede dieser Windhund-Arten gab es  eine eigene Gottheit.
    Tutenchamun beugte sich etwas vor und sah sich den Hund, den er bis jetzt einfach Tjesem
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