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Mein fremder Bruder

Mein fremder Bruder

Titel: Mein fremder Bruder
Autoren: Tahmima Anam
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Ellbogen auf die Bühne.
    Maya nickt ihr zu und beginnt. »Bitte nennen Sie Ihren Namen.«
    »Piya Islam.«
    »Bitte sagen Sie uns, warum Sie hier sind, Mrs. Islam.«
    Sie lächelt. »Miss Islam.«
    Die Zuschauer lachen anerkennend.
    »Miss Islam, sagen Sie uns, warum Sie heute hier sind.«
    »Ich wurde am 26. Juli 1971 von der pakistanischen Armee gefangengenommen. Sie überfiel mein Dorf; jemand hatte erzählt, in unserem Dorf würden Guerillakämpfer versteckt. Mein Vater wurde getötet.« Sie hält inne und räuspert sich. Der junge Mann reicht ihr ein Glas Wasser. Sie trinkt.
    »Ich wurde auf einen Lastwagen geworfen. Die Tochter unserer Nachbarn war auch dabei; sie war erst vierzehn Jahre alt. Sie weinte und erbrach sich auf dem Lastwagen.
    Wir wurden an eine Wand gekettet. Vor uns war schon jemand dagewesen – sie hatte ihren Namen in die Wand gekratzt. Sie hatte sich aufgehängt. Deswegen schoren sie uns die Haare ab und nahmen uns die Saris weg.«
    »Können Sie uns sagen, wie viele Soldaten es waren?«
    »Zwanzig, dreißig. Sie wechselten sich ab. Als das andere Mädchen starb, war nur noch ich übrig.«
    »Und wie lange waren Sie in Gefangenschaft, Miss Islam?«
    »Bis der Krieg vorbei war.«
    »Vielen Dank, Miss Islam. Möchten Sie dem noch etwas hinzufügen?«
    »Ja.« Sie drehte sich zu dem jungen Mann um. »Das ist meinSohn. Er heißt Sohail. Ich habe ihn nach dem Mann benannt, der mich aus diesem Ort befreit hat. Dem Mann, der mir das Leben gerettet hat.«

    Piya tritt vom Zeugenstand herunter. Maya breitet die Arme aus, und vor all diesen Menschen, den Menschen, die gekommen sind, um Zeugnis abzulegen, und den Menschen, die gekommen sind, um ihre Geschichte zu erzählen, umarmen sie sich. Alles, was in ihrem Bruder gut ist, und alles, was in ihr gut ist, ist auf diesem Feld, in dieser Frau, die ihren Sohn nach ihm benannt hat, in dem Mädchen, das nach seinem Sohn benannt ist. Zaid. Zubaida. Ein im Namen umschlossener Name. Jedesmal, wenn ihre Tochter lacht, voller Begeisterung und Freude am Leben, hinterläßt der Schmerz einen Abdruck, die Erinnerung an ein kleines Sprachgenie, einen Falschspieler und Dieb. Er fehlt ihr. Jeden Tag fehlt er ihr. Zaid und Sohail. Da spürt sie es, da unter den Rippen, neben dem schlagenden Herz. Und hier, an ihren Schläfen. Jedesmal, wenn sie die Augen schließt und sieht, was aus Sohail geworden ist, und weiß, daß sie nie zusammen ins Kino gehen werden oder mit Ammu am Tisch sitzen und Witze erzählen oder ein Buch lesen werden (es kann nur Einen geben, es kann nur Einen geben), wird es ihr das Herz brechen. Aber sie erkennt die Wunde in seiner Geschichte, die nie verheilende Wunde, denn auch sie hat diese Wunde. Seine Wunde ist ihre Wunde. Und weil sie das weiß, merkt sie, daß sie sich nicht länger wünschen kann, er wäre anders.

Danksagungen
    Als allererstes möchte ich meinen Eltern Shaheen und Mahfuz Anam danken, die mich in allen Höhen und Tiefen des Schriftstellerinnenlebens unterstützt haben. Sie führen mir vor Augen, wofür ich schreibe; mit ihrem engagierten und integren Leben im Dienst von anderen sind sie mir leuchtende Vorbilder. Meine Dankbarkeit für sie kennt keine Grenzen. Meine Schwester und wunderbare Komplizin Shaveena erfüllt jeden gemeinsamen Augenblick mit Liebe, Lebensfreude und heiterer Gelassenheit. Ich danke ihr besonders für ihre frühe, klarsichtige Lektüre des Buches. Meine Großmutter Musleha Islam ist mir nach wie vor eine große Quelle der Inspiration. Ich möchte auch allen Mitgliedern der Familien Farouq/Faruk/Islam danken, daß sie es mir so großzügig gestattet haben, Bilder und Ereignisse unserer gemeinsamen Familiengeschichte zu dokumentieren.
    Sarah Chalfant ist meine Agentin, Seelenverwandte und mein Schutzengel zugleich. Sie ermöglicht mir, meinen Beruf ernst zu nehmen. Ich danke ihr von ganzem Herzen.
    Terry Karten ist der personifizierte Traum aller Schriftsteller. Ich werde nie den langen Nachmittag kurz nach Fertigstellung einer Fassung dieses Buches vergessen, an dem wir über tausend Themen sprachen, die doch alle mit diesem Roman zu tun hatten. Ihr Verständnis und Scharfsinn haben vieles in diesem Roman auf ein anderes Niveau gehoben. Möge unser Dialog noch lange weitergehen.
    Auch bei diesem Buch habe ich wieder mit Anya Serota zusammengearbeitet. Als Lektorin besitzt sie einen geradezu beängstigend wachen Instinkt und eine Zauberhand. Als Freundinist sie treu, großzügig und ein wahrer
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