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Mein bis in den Tod

Mein bis in den Tod

Titel: Mein bis in den Tod
Autoren: Peter James
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Gruppe, den Beatles, die andauernd im Fernsehen auftraten, außerdem hörte er Schreie und Gelächter, als würde irgendwo weiter unten auf der Straße eine Party gefeiert. Immer wieder ertönte der Refrain, was seinen Hass nur noch verstärkte.
    Zwei Stunden zuvor war sein Vater in sein Zimmer gekommen und hatte ihm gute Nacht gesagt. Eine Stunde später hatte er ihn zu Bett gehen gehört. Eine halbe Stunde darauf hatte er sein Schlafzimmerfenster geöffnet und war die Regenrinne hinuntergerutscht. Wenn er zurückkam, würde er den gleichen Weg nehmen.
    Er hatte das alles schon seit Monaten geplant, jedes Detail, er hatte an alles gedacht, sogar an einen Fahrradreparatursatz, die Extraglühbirnen für die Fahrradlampen, die, in Papiertaschentücher eingewickelt, in der Satteltasche lagen, und die Küchenhandschuhe, die er sich nun anzog. Er besaß eine gute Beobachtungsgabe und war sehr geschickt mit den Händen.
    Immer wieder hatte er geübt, bis er seine Bettdecke so aussehen lassen konnte, dass man meinte, er schliefe darunter. Auf dem Kopfkissen hatte er eine Perücke drapiert, die er in einem Scherzartikelgeschäft gekauft hatte und der er die Haare geschnitten und gefärbt hatte, damit sie aussahen wie seine eigenen.
    Dutzende Male war er die Strecke von seinem Zuhause hierher geradelt, hatte die Zeit genommen und sogar geprobt, was er sagen würde, falls ihn ein Polizist anhielt, welchen Namen und welche Adresse er angeben würde. Damit die Fußabdrücke nicht so deutlich waren, hatte er auf eine Nacht ohne Mondschein, aber auch ohne Regen warten müssen.
    Als er letzte Nacht wachlag und darüber nachdachte, was alles schief gehen und seine Pläne zunichte machen könnte, war er nervös gewesen. Aber jetzt, da er hier war, fühlte er sich gut, war ganz ruhig.
    Ruhiger, als er je im Leben gewesen war.

[home]
    6
    N achts um Viertel vor eins saß Oliver Cabot im ehemaligen Loft eines Künstlers nahe der Portobello Road an seinem Schreibtisch, den er sich aus der Tür eines zerstörten indischen Tempels hatte anfertigen lassen.
    Er starrte auf den Bildschirm seines iMacs mit der abgestumpften Geduld eines erfahrenen Cybertravellers, während das kleine Farbfoto von Ross Ransome widerstrebend zentimeterweise heruntergeladen wurde.
    Jetzt war es fast da. Er klickte mit dem Cursor auf die Scroll-Leiste, bewegte ihn hinauf, dann wieder herunter, was aber nichts bewirkte. Bislang war nur die obere Kopfhälfte des Arztes zu sehen und hinter ihm so etwas wie eine Bücherwand.
    Er gähnte. In der Stille der Nacht erinnerte ihn das leise Surren des Computerlüfters an den tonlosen Laut in einem Flugzeug. Auf dem Schreibtisch lächelte ihn Jake, erhellt vom Schein der Anglepoise-Lampe, aus einem Schildpatt-Fotorahmen zu.
    Der sommersprossige Jake, mit seiner braunen Ponyfrisur und seinem typischen Grinsen – ihm fehlten zwei Schneidezähne, die die Zahn-Fee ihm gestohlen und nie zurückgegeben hatte.
    Jake, festgehalten in der Zeit, wie er aus der Tür ihres Hauses am Meer – mit Blick auf einen Kanal, der furchtbar nach Abwässern stank – in Venice, Santa Monica, lief. Jake auf seinem nagelneuen Mountainbike, der noch nicht ahnte, welch grausames Schicksal ihn fünf Tage später ereilen würde.
    Wieder diese Enge in der Kehle, die Oliver immer verspürte, wenn er diese Erinnerungen zuließ. Wieder blickte er auf den Bildschirm, bewegte den Cursor, scrollte hinunter. Jetzt sah er das ganze Bild von Ross Ransome – aber zu seiner Enttäuschung war dort sonst niemand zu sehen. Keine Faith Ransome.
    He, du Vollidiot, was für eine Art trauriger Mistkerl bist du eigentlich! Da surfst du mitten in der Nacht im Internet und suchst nach dem Foto der Ehefrau eines anderen, einer Frau, mit der du noch nicht einmal ein Wort gewechselt hast.

[home]
    7
    S chweigen im Auto. Ross fuhr schnell. Vor ihnen in der Dunkelheit spulte sich die Straße ab, ein endloses Band, manchmal erhellt von Scheinwerfern, dann wieder Leere. Im Radio lief Brahms, trauervolle Geigenklänge, wie das Präludium zu etwas Schlimmem. Der Geruch der Zigarre und der Lederbezüge erfüllten den Aston Martin, Ross’ Macho-Kokon.
    Faiths Vater hatte auch Zigarren geraucht, deshalb musste sie bei dem Geruch immer an ihn und das kleine Doppelhaus denken, in dem sie aufgewachsen war. Sie erinnerte sich an die Zeit, als ihr Vater die Arme nicht mehr bewegen konnte und sie neben seinem Bett saß. Den matschigen Stummel zwischen die Lippen geklemmt, hatte er
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