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Mein bis in den Tod

Mein bis in den Tod

Titel: Mein bis in den Tod
Autoren: Peter James
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elisabethanische Haus zufuhr, auf dem mit Bäumen und Rhododendren gesäumten Kiesweg bis zur mit Efeu bewachsenen Giebelfassade – früher tat ihr Herz jedes Mal einen kleinen Sprung vor lauter Aufregung.
    Es war ein prächtiges Haus, keine Frage, wunderschön gelegen, nahe am Fuß der sanft gewellten Hügel der South Downs. Zehn Schlafräume, dazu Wohnzimmer, Bibliothek, Billardzimmer, ein Esszimmer mit Sitzmöglichkeiten für dreißig Gäste, ein Arbeitszimmer, eine riesige Küche mit Eichendielen sowie eine Vielzahl von Nebengelassen. Doch keines der Zimmer – mit Ausnahme vielleicht des Esszimmers – wirkte zu groß, wenn nur sie beide daheim waren. Das Haus war gerade klein genug, dass es noch gemütlich war, aber groß genug, um Ross’ Kollegen und einen Reporter oder ein Fernsehteam zu beeindrucken, die hin und wieder herkamen.
    Das Grundstück umfasste insgesamt über 5,6 Hektar. Früher hatten noch rund hundert Hektar Weide- und Ackerland zum Haus gehört, doch im Lauf der letzten zweihundert Jahre hatten die vorherigen Eigentümer die Nebengebäude und Parzellen nach und nach verkauft. Aber der Rest war immer noch mehr als genug: gepflegte Rasenflächen, ein Obstgarten mit alten Apfel-, Birn-, Pflaumen- und Kirschbäumen, ein kleiner See sowie ein verwildertes Waldstück, das unbedingt zurückgeschnitten werden musste. Den Gästen, die einen Abend oder ein Wochenende zu Besuch kamen, erschienen Haus und Grundstück wie ein Idyll.
    Doch im Haus herrschte eine Atmosphäre, die Faith davon abhielt, sich rundum wohl zu fühlen. Und dieses Gefühl wurde noch verstärkt durch die schmalen, von außen schwarz wirkenden Bleiglasfenster, die Fachwerkfassade, die irrsinnig hohen und verzierten Schornsteine – und durch das Gerücht, dass in einem davon eine Frau eingemauert worden sei. Diese sei die Geliebte des Mannes gewesen, der das Haus gebaut hatte, und nachts könne man hören, so die örtliche Legende, wie sie drauflos hämmerte und herauszukommen versuchte. Faith hatte sie nie gehört, obwohl sie den Geisterglauben keineswegs von sich wies, sondern fühlte sich in dem Haus selbst irgendwie eingemauert. Manchmal, wenn sie es betrat, empfand sie die große düstere Halle, das scharfe Ticken der Standuhr unten an der geschnitzten Treppe und die Schlitze in den Helmvisieren der Rüstungen, die Ross sammelte, als wahrhaft gruselig.
    Heute war es aber in Ordnung. Es war Mittwoch, und die Putzfrau war im Haus: Faith hörte das Dröhnen des Staubsaugers in einem der Schlafzimmer. Sie war froh, dass Mrs. Fogg da war, aber genauso froh, dass sie oben arbeitete: Die Frau konnte vorzüglich putzen, redete jedoch wie ein Wasserfall, und zwar meistens darüber, dass nur eine Reihe von Katastrophen sie dazu genötigt habe, die Stelle anzunehmen, und sie beileibe keine Reinigungskraft sei.
    Rasch trug Faith die Lebensmittel in die Küche, holte den Schwangerschaftstest aus der Drogerie-Tüte und las die Gebrauchsanweisung durch, bevor sie die Einkäufe auspackte.
    Über ihr saugte Mrs. Fogg noch immer den Fußboden.
    Faith holte aus der Schachtel ein kleines Plastiktöpfchen, eine Pipette und die Testscheibe, trug alles in die Gästetoilette im Erdgeschoss und schloss die Tür hinter sich. Sie urinierte in das Töpfchen, zog ein wenig Urin in die Pipette und gab fünf Tropfen in die Einkerbung der Scheibe, wobei sie sich genau an die Gebrauchsanweisung hielt.
    Die Übelkeit war wieder da, und ihr Kopf fühlte sich ein wenig heiß an, als hätte sie leichtes Fieber.
    Ein rotes Minuszeichen.
    Hoffentlich erschien ein rotes Minuszeichen.
    Sie blickte überall hin, nur nicht auf ihre Uhr. Auf die Pferde-Stiche an der Wand, die altmodischen Messingarmaturen am strahlend weißen Waschbecken, die smaragdgrüne Tapete, den Stapel
National Geographics
auf dem Regal neben dem Toilettensitz. Oben in einer Ecke bemerkte sie eine Spinnwebe und nahm sich vor, Mrs. Fogg darauf hinzuweisen.
    Dann blickte sie an sich herunter und hob das Stäbchen an.
    Sie musste zweimal hinsehen, um sicherzugehen, dann las sie die Gebrauchsanweisung noch einmal.
    Minus!
    Ein rotes Minuszeichen füllte das zentrale Fenster der Testscheibe. Und mit ihrer Erleichterung war auch ihre Übelkeit verschwunden.

[home]
    4
    O liver Cabot wurde an diesem Abend von mancherlei Dingen abgelenkt, hauptsächlich aber von der Frau am Nachbartisch, die zweimal seinen Blick erwidert hatte und von ihren Tischnachbarn offenbar genauso gelangweilt war wie er von
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