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Mein Bild sagt mehr als deine Worte

Mein Bild sagt mehr als deine Worte

Titel: Mein Bild sagt mehr als deine Worte
Autoren: David Levithan
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die Cafeteria, und es fühlte sich merkwürdig an – ich ging sonst immer mit der zweiten Schicht essen, deshalb kam es mir jetzt so vor, als hätte man alle, die ich kannte, durch Fremde ersetzt. Dieselben Tische wie immer, nur dass dort falsche Gesichter zu sehen waren. Ich scannte den ganzen Raum und tat so, als würde ich einen freien Platz suchen, aber in Wirklichkeit suchte ich nach ihr.
    Nichts. Nichts. Nichts.
    Ich weiß, dass es sie gibt. Wie es mich gibt. Wie es Ariel irgendwo gibt.
    Nichts.
    Nichts.
    Ich war mit dem Essen fertig.
    Nichts.
    Stellte das Tablett zurück.
    Nichts.
    Nichts.
    Bezog wieder Stellung im Korridor.
    Musterte alle, die an mir vorbeizogen.
    Nichts.
    Nichts.
    Und dann

21
    Da war sie.

    Das musste sie sein.

21 A
    Sie war allein. Aber es waren zu viele Leute um sie herum. Ich konnte sie nicht einfach anhalten, dafür waren zu viele Leute um sie herum.
    Ich war mir ganz sicher, dass sie es war.
    Sie musste es sein.
    Ich folgte ihr. Fort von der Cafeteria. Zu ihrem Spind in einem Gang weit weg von dem Gang, in dem sich mein Spind befand. Weit weg von Jacks Spind. Sie stellte ihren Rucksack auf den Boden. Drehte an ihrem Zahlenschloss.
    Ich wusste nicht, was ich zu ihr sagen würde. Ich ging direkt auf sie zu. Sie drehte sich um und schaute mich an.
    Sie war es. Sie musste es sein.
    »Du bist es«, sagte ich.
    »Ähm, wie bitte?«, antwortete sie. Sie sah nicht ganz genauso aus wie auf dem Foto, aber so ziemlich. Sie kaute einen Kaugummi. Sie schien mich nicht zu kennen.
    »Du hast uns die Fotos geschickt«, sagte ich.
    Sie sah mich an, als wüsste sie nicht, wovon die Rede war.
    »Ich glaub, du verwechselst mich mit jemandem«, sagte sie und machte ihre Spindtür auf.
    »Warum tust du das?«, fragte ich.
    Sie drehte sich genervt zu mir um.
    »Was?«
    »Das mit den Fotos.«
    »Welche Fotos?«
    Sie weiß nichts davon.
    Sie weiß es ganz genau.
    »Hör auf damit«, sagte ich. »Ich weiß, wer du bist.«
    Sie muss es sein.
    »Jetzt hör mal gut zu, du Komiker«, sagte sie und wurde richtig böse. »Ich muss jetzt in den Unterricht. Ich glaube, du verwechselst mich mit einem anderen Mädchen. Ich habe nämlich keine Ahnung, wovon du redest.«
    Sie ist es, oder?
    »Ariel«, sagte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, ich bin nicht Ariel.«
    Sie holte ein Buch aus ihrem Spind. Klappte die Tür zu und schloss den Spind ab. Wollte gehen. Würde gleich wieder verschwunden sein.
    »Nein«, sagte ich, »hör auf damit!«
    Sie muss es sein.
    »Bist du total krank, oder was?«
    Ein Mädchen in der Cafeteria. »Du bist ja wohl auch krank im Kopf.«
    Ich wusste gar nicht, was ich tat. Aber ich musste einfach irgendetwas tun. Deshalb packte ich ihren Rucksack und rannte davon.

22
    »Hey!«, brüllte sie.
    Ich rannte.
    »Ich brauche deine Hilfe nicht!«, hast du geschrien.
    Ich rannte.
    »Du bist gegen mich! Ihr seid beide gegen mich – ihr alle beide.«
    Ich rannte an Jack und Katie vorbei, die in der Eingangshalle miteinander redeten.
    »Ich bring mich um. Ich schwör dir, ich bring mich um«, hast du gedroht.
    Ich war mir sicher, dass sie hinter mir herrannte.
    »Wir lassen dich nicht allein«, sagte ich.
    Sie musste hinter mir herrennen.
    Ich bin nicht im Mittelpunkt von irgendetwas.
    Ich stellte mir vor, wie die vielen Kameras Fotos von mir machten. Mich festhielten, während ich rannte. Mich festhielten, aber mich nicht aufhielten.
    Ich stellte mir sie hinter ihrer Kamera vor. Lächelnd.
    Aus der Schule raus.
    Hinaus ins Freie.
    »Das ist genau die Frage, oder?«, hast du irgendwann mal gesagt. »Bringt der Tod die Freiheit oder ist er das Ende der Freiheit?«
    In den Wald hinein.
    Tiefer.
    Noch tiefer.
    Dorthin, wo es geschehen ist.
    Zurück.
    Zurück.
    Ich höre sie alle hinter mir.
    Höre sie keuchen.
    Höre, wie außer Atem sie sind.
    Weiß, dass es der richtige Ort ist.
    Ich bin dir in den Wald gefolgt.
    Ich bin dir gefolgt.
    Ich wäre dir überallhin gefolgt.
    Ich dachte jedenfalls, dass ich dir überallhin folgen würde.
    Aber dann bist du an einen Ort aufgebrochen, an den ich dir nicht mehr folgen konnte.
    Sie folgten mir.
    »Hier«, hast du gesagt.
    »Mach ein Foto von mir«, hast du gesagt.
    »Was machst du da, Evan?«, brüllte Jack.
    »Sie ist es«, sagte ich und zeigte auf das Mädchen. »Siehst du nicht, dass sie es ist?«
    »Tut mir leid«, sagte Katie zu dem Mädchen.
    »Es tut mir leid«, schrie ich. Und daraufhin hast du mir einen Blick zugeworfen, der mir klarmachte,
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