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Mein Auge ruht auf dir - Thriller

Mein Auge ruht auf dir - Thriller

Titel: Mein Auge ruht auf dir - Thriller
Autoren: Mary Higgins Clark
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war. Sie hatte schützend die Arme um den Körper geschlungen und den Kopf gegen die Brust gepresst, als erwartete sie, jeden Moment geschlagen zu werden. Die Augen hatte sie fest geschlossen, ihre silbergrauen Haare fielen ihr über das Gesicht. Mariah kniete sich neben sie und wiegte sie wie ein Kleinkind in den Armen.
    »So viel Lärm … so viel Blut«, flüsterte ihre Mutter nur, die gleichen Worte, die sie seit dem Mord unaufhörlich wiederholte. Schließlich ließ sie sich von Mariah aufhelfen und das gewellte Haar aus dem hübschen Gesicht streichen. Wieder wurde Mariah daran erinnert, dass ihre Mutter nur wenige Monate jünger war als ihr Vater und für ihr Alter sehr jung aussah, wären nicht ihre ängstlichen Bewegungen gewesen, fast so, als fürchtete sie, jeden Augenblick in einen Abgrund zu stürzen.
    Während Mariah ihre Mutter aus dem Arbeitszimmer führte, bemerkte sie weder den hasserfüllten Blick von Rory Steiger noch deren verstohlenes Lächeln, das ihr in diesem Moment über die Lippen huschte.
    Jetzt, dachte Rory, werde ich sie bald los sein.

2
    D etective Simon Benet von der Staatsanwaltschaft des Bergen County sah aus wie jemand, der viel Zeit im Freien verbrachte. Er war Mitte vierzig, hatte eine rötliche Gesichtsfarbe und schütter werdendes blondes Haar. Seine Anzugjacke war immer verknittert, da er sie, sobald er sie nicht tragen musste, über eine Stuhllehne oder auf den Rücksitz seines Wagens warf.
    Seine Partnerin, Detective Rita Rodriguez, war eine durchtrainierte Frau hispanischer Abstammung, Ende dreißig, mit modisch kurzen braunen Haaren, und im Gegensatz zu Benet war sie stets makellos gekleidet. Die beiden bildeten das Top-Ermittlerteam, dem auch der Mordfall Jonathan Lyons übertragen worden war.
    Am Freitagmorgen waren sie die Ersten, die am Bestattungsinstitut eintrafen. Da sie aus Erfahrung wussten, dass der Täter – sollte er wirklich ein Einbrecher gewesen sein – sein Opfer unter Umständen noch einmal sehen wollte, hielten sie unter den Anwesenden nach Verdächtigen Ausschau.
    Jeder, der so etwas schon mal mitgemacht hat, weiß, wie es ist, dachte sich Rodriguez. Es gibt Unmengen an Blumen, obwohl in der Todesanzeige ausdrücklich darum gebeten worden ist, zugunsten von Spenden an das örtliche Krankenhaus darauf zu verzichten.
    Weit vor neun Uhr begann sich der Raum, wo der Tote aufgebahrt lag, zu füllen. Die beiden Detectives wussten, dass manche Gäste nur aus morbider Neugier erschienen – Rodriguez erkannte sie auf den ersten Blick. Sie standen unnötig lange am Sarg und suchten im Antlitz des Toten nach Anzeichen von Verletzungen. Jonathan Lyons aber hatte eine friedliche Miene, und die kosmetische Kunst des Bestatters hatte dafür gesorgt, dass von möglichen Wunden nichts mehr zu erkennen war.
    In den zurückliegenden drei Tagen hatten die beiden Detectives die Nachbarn befragt und gehofft, dass jemand den Schuss gehört oder den Täter vielleicht aus dem Haus hatte laufen sehen. Die Nachbarn gleich nebenan waren im Urlaub, ansonsten war niemandem etwas Ungewöhnliches aufgefallen.
    Mariah Lyons hatte ihnen die Personen genannt, die ihrem Vater sehr nahegestanden hatten und denen er sich bei Problemen möglicherweise anvertraut hatte.
    »Richard Callahan, Charles Michaelson, Albert West und Greg Pearson. Sie haben Dad in den letzten sechs Jahren bei seinen jährlichen archäologischen Exkur sionen begleitet«, hatte sie ihnen erzählt. »Sie alle kommen etwa einmal im Monat zu uns zum Essen. Richard ist Doktor für Biblische Geschichte an der Fordham University. Charles und Albert sind ebenfalls Wissen schaftler, Greg ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, seine Firma macht irgendetwas mit Computersoft ware.« Und dann hatte sie ihnen, ohne ihre Abneigung zu verbergen, noch den Namen Lillian Stewart genannt, der Geliebten ihres Vaters.
    Mit diesen Personen wollten sich die Detectives treffen, um sie zu befragen. Benet hatte die Pflegerin, Rory Steiger, gebeten, sie ihnen zu zeigen, wenn sie eintrafen.
    Zwanzig Minuten vor neun betraten Mariah, ihre Mutter und Rory das Bestattungsinstitut. Kathleen Lyons starrte sie mit leerer, verständnisloser Miene an, obwohl sie in den vergangenen Tagen zweimal bei ihr zu Hause gewesen waren. Mariah nickte ihnen zu und begrüßte die bereits eingetroffenen Gäste, die nahe beim Sarg standen.
    Die Polizisten wählten eine Stelle ganz in der Nähe, wo sie die Gäste und deren Gesichter erkennen konnten, wenn sie mit
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