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Mehr Stadtgeschichten

Mehr Stadtgeschichten

Titel: Mehr Stadtgeschichten
Autoren: Armistead Maupin
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Beauchamp sofort argwöhnisch wurde.
    Er lehnte sich an die stabverleimte Arbeitsplatte und rieb sich die Augen. »Hast du ein Junior-League-Treffen oder so was?«
    »Kann ich meinem Ehemann nicht mal das Frühstück machen?«
    »Kannst du schon«, sagte er trocken, während er zögerlich an dem Croissant knabberte, »aber du tust es nicht.«
    DeDe warf zwei Schalotten in die Küchenmaschine. »Wir essen Omeletts. Und ein paar von den köstlichen französischen Würstchen von Marcel & Henry.« Sie lächelte matt. »Ich … mache mir einfach zu viele Sorgen, Beauchamp, und als ich heute … na ja, als ich heute diese albernen Papageien draußen im Eukalyptusbaum vor dem Fenster gehört habe, da ist mir durch den Kopf gegangen … Also, ich finde, wir haben mehr Glück als die meisten anderen.«
    Beauchamp, der noch immer mit dem Wachwerden kämpfte, massierte sich die Schläfen. »Ich kann diese verfluchten Papageien nicht ausstehen. «
    DeDe sah ihn bloß an.
    Er drehte sich um und machte sich an der Mr.-Coffee-Maschine zu schaffen. DeDes Gesicht war regelrecht getränkt mit dem idiotischen, flehenden Ausdruck, den sie bekam, wenn sie ihm ein schlechtes Gewissen machen wollte. Aber er war nicht bereit, sich damit so früh am Morgen abzugeben.
    »Beauchamp?«
    Er blieb mit dem Rücken zu ihr stehen. »Dieses verdammte Ding hat auch schon seit ewigen Zeiten keinen Wischlappen mehr …«
    »Beauchamp! Sieh mich an!«
    Er drehte sich mehr als langsam um. Auf seinem Gesicht klebte ein dünnes Lächeln. »Ja, mein Schatz?«
    »Willst du mir nicht wenigstens sagen, daß du … glücklich bist?«
    »Worüber?«
    Sie legte die Hände auf ihren dicken Bauch. »Darüber, verdammt noch mal!«
    Schweigen.
    Sie ließ nicht locker. »Und?«
    »Ich bin außer mir vor Freude.«
    Mit einem melodramatischen Seufzer wandte sie sich ab.
    »DeDe … Eltern tragen eine große Verantwortung.« Er bemühte sich um einen ruhigen Ton. »Ich habe die Verantwortung akzeptiert, ein Kind großzuziehen, wenn auch nur sehr widerstrebend. Sei mir also bitte nicht böse, wenn ich nicht gerade Freudentänze aufführe angesichts der Aussicht auf …«
    »Ach, halt doch die Klappe!«
    »Sieh an. Wie geistreich.«
    »Ich brauch keine dämlichen Thesen zur Elternschaft. Ich brauch deine Unterstützung. Alleine schaffe ich das nicht, Beauchamp. Ich schaffe das nicht!«
    Er grinste affektiert und deutete auf ihren Bauch. »Das da hast du weiß Gott auch nicht alleine hingekriegt.«
    »Nein«, gab sie sofort zurück, »aber ich hab es auch garantiert nicht mit dir hingekriegt!«
    Sie starrten sich über die Küchenmaschine hinweg an und bleckten die Zähne. Beauchamp brach das Schweigen mit einem kurzen boshaften Lachen, schlug mit der flachen Hand auf die Arbeitsfläche und ließ sich auf einen Marcel-Breuer-Stuhl sinken.
    »Das war wirklich nicht schlecht. Für dich jedenfalls.«
    »Beauchamp …«
    »Es gibt bessere Möglichkeiten, meine Aufmerksamkeit zu erregen, aber im großen und ganzen war das nicht schlecht.«
    »Es ist die Wahrheit, Beauchamp! Du bist nicht der Vater!«
    Schweigen.
    »Verdammt noch mal, Beauchamp! Kannst du nicht zwei und zwei zusammenzählen? Hör zu …« Ihre Stimme begann zu zittern. Sie zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben ihn. »Ich wollte es dir schon lange sagen. Ehrlich. Ich habe sogar überlegt, ob ich …« – »Wer?« fragte er frostig.
    »Ich glaube nicht, daß wir …«
    »Splinter Riley vielleicht? Oder wie wär’s mit dem charmanten, aber so unendlich schmierigen Jorge Montoya-Corona?«
    »Du kennst ihn nicht, Beauchamp.«
    »Wie interessant. Du vielleicht?«
    DeDe brach in Tränen aus und lief aus der Küche. Beauchamp wußte, daß sie sich im Schlafzimmer einschließen und dort schmollen würde, bis er außer Haus war. Dann würde sie sich ein paar Dutzend bunte Tabletten in die zitternde Hand schütten und alle auf einmal hinunterwürgen.
    In einer Krisensituation konnte sie ihren M & M’s nie widerstehen.
     
    Als Beauchamp am Jackson Square eintraf, überreichte ihm Mary Ann Singleton die Nachrichten, die man für ihn hinterlassen hatte.
    »Außerdem hat vor fünf Minuten D’orothea Wilson angerufen.«
    Das war alles. Nicht Mr. Day. Nicht einmal Beauchamp. Er hatte keinen Namen mehr, seit dieses Betthäschen seine Sekretärin geworden war.
    Beauchamp ächzte. »Sie hat sich wohl nicht zu einer Erklärung herabgelassen, warum sie zu dem Adorable-Fototermin im Icehouse nicht erschienen ist, oder?
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