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Mehr Bier

Mehr Bier

Titel: Mehr Bier
Autoren: Jakob Arjouni
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Gesundheitsläden ausgestorben. Ein junger Mann wartete an einer verlassenen Kreuzung auf Grün. Als er mich die Straße bei Rot überqueren sah, bekam sein Mund einen verkniffenen Zug; am liebsten wäre er hinterher, um mir für Recht und Vaterland die Schnauze einzuschlagen. Aber die Ampel blieb auf Rot.
    An der Trinkhalle fragte ich nach der Firma Böllig. Zwei Figuren standen im Regen und tranken zu Mittag. Sie grinsten.
    »Böllisch? Mit sei kaputt Rohr?«
    Er schlug dem anderen auf die Schulter.
    »Unser Rohre sin ach kaputt. Odder? Ennst! Was sacht dei Aal dadezu? Ennst! Kaputtes Rohr!«
    »Und wie komme ich dahin?«
    »Böllisch. Ennst! Wie kimmt er dadehin? Ennst!«
    Ernst blinzelte mir gerissen zu und röchelte »Un wie komm isch zur Oper?«
    »Üben, viel üben«, sagte ich und ging.
    »Ha, ha. Des waren guder. Die Aale sinn die beste.«
    Die Bäckersfrau erklärte mir den Weg. Ich ging zum Wagen und fuhr mit dem Autostrom die Hauptstraße entlang Richtung Weinheim. Nach einem Kilometer tauchten hohe, mit Stacheldraht gespickte Backsteinmauern auf. Privatklinik Ruhenbrunn. Gleich dahinter bog die geteerte Auffahrt zur Firma Böllig ein.
    Die Fabrik klebte an einem Hang. Rechts daneben lag der berüchtigte See. Das schmuddelig gelbe Wasser plätscherte leicht gegen den hellen Kies am Ufer.
    Ich kämpfte mich durch die feuchten Steinchen bis zum demolierten Abflußrohr. Es bedurfte keiner großen Sprengladung, um solche Betonröhren kaputt zu kriegen. Die Aktion mußte so aufregend gewesen sein wie eine Reifenpanne im Parkverbot. Ich sah mir das Ufer an. Wo der Kies aufhörte, trennten kleine Schilfwälder den vermodderten Boden vom See. Man mußte außergewöhnlichen Geschmack vermuten, wenn einer sein Campingzelt hier aufstellte. Ich drehte mich um. Die Fabrik war ein Haufen Wellblech, aus dem wie zufällig drei stattliche Türme herausschauten. Auf dem einen flackerte eine magere Flamme.
    ARZNEIMITTEL BÖLLIG - FÜR DAS LEBEN, FÜR DIE ZUKUNFT, FÜR UNSERE KINDER
    konnte man in verblichener roter Farbe auf der Längsseite einer Lagerhalle lesen. Chemiebetriebe haben eine Schwäche für gewagte Werbung.
    »He, Sie! Was machen Sie da! Das ist Firmengelände!« Ein schmächtiger Mann mit Kapitänsmütze kam über den Kies auf mich zugelaufen und schnaufte, als er vor mir stehenblieb.
    »Ich schaue mich um. Hier war der Anschlag.«
    »Tja, so geht das aber nicht. Haben Sie eine Genehmigung?«
    »Ich ermittle im Auftrag des Staatsanwalts.« Er kratzte sich am Kinn.
    »Sie?«
    »Ich.«
    »Aber so sehen Sie nicht aus.«
    »Und?«
    »Staatsanwaltschaft ist ja ‘ne wichtige Sache, Gesetze und so… Also, ehrlich, mit dem Gesicht… entschuldigen Sie. Aber wenn sie von der Staatsanwaltschaft kommen.«
    Er fummelte an seiner Uniformjacke herum.
    »Sind Sie der Nachtwächter?«
    »Mhm, bin ich.«
    »Sie haben neulich Nacht eins auf den Kopf gekriegt?«
    »Mhm, ja.«
    Er wippte mit den Knien und sah immer wieder zur Fabrik hin, als habe er Angst, entdeckt zu werden.
    »Sie haben den Mann gesehen?«
    Er versuchte, meinem Blick nicht auszuweichen.
    »Habe ich schon alles der Polizei erzählt.«
    »Sie haben den Mann also gesehen?«
    »Mhm, ja.«
    Seine Augen glitten wieder zum Schotterplatz vor der Fabrik.
    »Wie sah er aus?«
    »Gar nicht. Er hatte was überm Kopf. Strumpf oder Mütze. Ich konnte es nicht erkennen. War dunkel.«
    »Mal der Reihe nach. Sie haben Ihre Runde gedreht, und da ist einer aufgetaucht und hat Sie niedergeschlagen?«
    »Nein… also, ich saß in meinem Häuschen, da…«
    Er wies mit der Hand hinter sich, und während er weitersprach, wurde sein Gesicht zusehends verquälter.
    »… ich hab gelesen, oder so… na, plötzlich springt die Tür auf, und eh ich mich richtig umdrehe, hatte ich einen Schlag übern Kopf, und dann war alles duster. Na ja, und als ich wieder zu mir kam, war die Polizei da. Mehr gibt es da nicht zu erzählen.«
    Der Wind war stärker geworden, und Nieselregen wehte über den Platz. Ich ließ ihn zappeln und zündete mir eine Zigarette an.
    »Es war dunkel, und Sie hatten sich gar nicht richtig umgedreht. Komisch, heute morgen hat mir jemand erzählt, es hätte eine Gegenüberstellung mit den Verdächtigen stattgefunden. Wollte der mich auf den Arm nehmen?«
    »Nein, das stimmt schon. Aber… warum fragen Sie nicht die Polizei, die wissen doch alles.«
    »Und er hatte einen Strumpf überm Kopf. Hätten Sie Ihre Frau zur Gegenüberstellung schicken sollen.«
    »Der Herr
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