Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mehr Bier

Mehr Bier

Titel: Mehr Bier
Autoren: Jakob Arjouni
Vom Netzwerk:
ebenso verdächtig wie meine Mandanten.«
    »Und wenn er mit der Polizei ein kleines Geschäft gemacht hat. Seine Freiheit gegen die Adresse Ihrer Mandanten?«
    »Das glaube ich nicht. Ein Fall, der soviel politisches Aufsehen macht. Das kann sich die Polizei nicht erlauben.«
    »Ja, gut. Die Polizei ist also hinter ihm her, und trotzdem meinen Sie, noch einen Privatdetektiv losschicken zu müssen. Für wen halten Sie mich? Wenn der Junge Grips hat, ist er über alle Berge. Nicht von Sachsenhausen ins Nordend oder andersrum, sondern viel weiter. Wenn Sie wollen, ich fahre gerne auf Spesen durch die Gegend. Aber normalerweise spiele ich Kreisliga.«
    »Ein diskreter Einzelgänger ist nach meiner Meinung wirkungsvoller. Selbstverständlich erstatte ich Ihnen sämtliche Kosten…«
    Er zögerte.
    »… wenn ich Sie nicht für einen guten Detektiv hielte - ich wäre schon längst gegangen.«
    »Seit drei Stunden hocke ich in nassen Klamotten herum. Ich leide, wenn Leute beim Essen schmatzen. Und Ihrer Freundin wäre ich lieber alleine bei Vollmond begegnet.«
    »Zu Fräulein Reedermann waren Sie auch nicht gerade freundlich.«
    »War auch kein Vollmond.«
    »Was bei unserem Fall noch dazu kommt… ich weiß nicht, wo Sie politisch stehen, aber…«
    »Ich soll einen Mann suchen, oder?«
    »Natürlich, aber die politische Einstellung spielt hier auch eine Rolle. Die Leute wollen meine Mandanten schuldig sehen. Sogenannte Grüne Terroristen sind ein gefundenes Fressen für die Rechten. Was besseres konnte denen nicht passieren. Zum Beispiel die Rheinmainfarbenwerke, da…«
    »Na schön. Wenn Sie’s beruhigt, selbstgestrickte Sokken, freilaufende Hühner, diskutierende Frauen und ungespritzte Rosinen finde ich riesig, und Seehund steht mir nicht. Aber fragen Sie jetzt nicht, wann die nächste Altpapiersammlung ist.«
    »Na gut.« Er seufzte. »Also, nehmen Sie an?«
    »Zweihundert Mark pro Tag, plus Spesen.«
    »Keinen Sonderpreis für die gute Sache?«
    »Ist schon drin. Die gute Sache bin ich.«
    Er nickte säuerlich. »Wie werden Sie beginnen?«
    »Zuerst nehme ich mir Ihre Mandanten vor, dann fahre ich nach Doddelbach.«
    »Meine Mandanten? Völlig ausgeschlossen, sie sprechen nur mit mir.«
    »Dann brauche ich Akten, Unterlagen und so weiter.« Ich überlegte.
    »Einen Nachtwächter hat die Firma Böllig nicht?«
    »Er wurde zusammengeschlagen.«
    »Und?«
    »Er hat die Person gesehen. Bei einer Gegenüberstellung hat er keinen meiner Mandanten erkannt.«
    »Der fünfte Mann?«
    Ich stand auf und steckte meine Zigaretten ein. »Wann kann ich Sie im Büro aufsuchen?«
    »Heute abend.«
    »So um acht. Wo liegt Doddelbach?«
    »Autobahn Frankfurt - Heidelberg, hinter Darmstadt. Hat eine eigene Ausfahrt.«
    »Also, bis heute abend. Wäre schön, wenn Sie den Camper vom See auch um acht da hätten.«
    Ich ging. Der Himmel war heller geworden. Es nieselte. Ein paar Wölkchen hingen wie schmutzige Wattebäusche an den Hochhäusern. Ich schlug den Mantelkragen hoch und lief zur nächsten U-Bahn-Station.

3
    Ich stieß die Haustür auf und knipste das Flurlicht an. Fast im gleichen Augenblick sprang der Gemüsehändler im Erdgeschoß aus seiner Wohnung. In Cordpantoffeln, Jeans mit Schlag und grünem Nylonnicki baute er sich vor mir auf, die glänzenden blonden Haare scharf nach rechts gelegt. Erregt wedelte er eine Zigarettenschachtel durch die Luft.
    »Was ist das?! Na, was ist das?!«
    Sein Kopf schnellte vor und zurück, als schlüge ständig einer hinten drauf.
    Und wieder keifte er: »Na, was ist das?!« Ich schloß meinen Briefkasten auf.
    »Keine Ahnung.«
    »Das ist eine leere Zigarettenschachtel, die ich heute morgen auf der Treppe gefunden habe! Ich fege nämlich meine Treppe! Haben Sie gehört?! Ich fege meine Treppe! Hier in Deutschland fegt man die Treppe vor seiner Tür! Das ist hier anders als auf dem Balkan, und daran haben Sie sich zu gewöhnen. Oder Sie gehen am besten dahin wieder zurück! Sie terrorisieren das ganze Haus mit Ihrem Dreck… ja, das ganze Haus!«
    Er drückte den Zeigefinger auf die Schachtel, als wollte er Löcher hineinbohren. »Alle Mieter im Haus haben bestätigt, daß nur Sie diese Marke rauchen. Na, was sagen Sie jetzt?! Na?!«
    Er zog die Stirn hoch und lamentierte weiter.
    »Ha! Das verschlägt Ihnen die Sprache, was?! Dafür will ich Ihnen aber was sagen, wenn ich noch einmal so eine Schachtel auf der Treppe finde, hole ich den Hausbesitzer und zeige ihm die Sauerei. Ihre Sauerei!
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher