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Mehr als nur ein Zeuge

Mehr als nur ein Zeuge

Titel: Mehr als nur ein Zeuge
Autoren: Keren David
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was wir nicht mitgenommen haben. Mein Laptop. Die Sachen, die Nicki günstig ergattert hat, um unsere Wohnung ein bisschen aufzupeppen: der flauschige Schaffellteppich, die rosa Seidenkissen und der blöde Perlenvorhang, der die Küchenzeile vom Wohnzimmer abtrennt. Ich habe immer rumgemeckert, dass das Zeug zu mädchenmäßig ist, aber in diesem Augenblick sehne ich mich direkt nach dem Vorhang und den rosa Seidenkissen.
    Nicki kramt nach ihrem Handy, aber der Polizist sagt: »Keine Anrufe.«
    »Aber ich muss doch meine Mutter verständigen, dass uns nichts passiert ist! Sie dreht bestimmt durch, wenn sie von dem Brand erfährt   …«
    Daraufhin erwidert der Beamte bloß: »Erst mal müssen wir dafür sorgen, dass Ihnen auch wirklich nichts passiert, einverstanden?« Er fährt weiter, bis wir London hinter uns gelassen haben, und immer weiter ins Nichts.

|17| Kapitel 2
Verwandlung
    Irgendwann fährt er an eine Tankstelle. Ich denke schon, jetzt ist Pinkelpause und wir kriegen was zu essen, aber stattdessen marschiert er rüber zu einem blauen Ford Mondeo und spricht kurz mit dem Fahrer.
    »Das ist Doug«, sagt er. »Der übernimmt euch ab hier.«
    Doug ist ein großer, kräftiger Typ und erinnert mich ein bisschen an Simon Cowell von dieser Casting-Show im Fernsehen   – schlimme Frisur, unterirdische Hose, überhebliches Grinsen, gerade als hätte er eben festgestellt, dass wir nicht genug Talent haben.
    Nicki schaut ihn hoffnungsvoll an. »Kriegen wir nicht mal’n Kaffee?«, fragt sie, aber Doug antwortet: »Nein, tut mir leid. Zu riskant«, und wir müssen in sein Auto einsteigen.
    Wir fahren ungefähr noch eine Stunde weiter, dann hält er vor einem Hotel. Es ist eher eine Art Motel, aber leider keins der gehobenen Kategorie. Erstaunlich, dass ich mir über so was immer noch Gedanken machen kann, aber es kommt mir vor, als hätte der geschockte und verängstigte Teil meines Gehirns so viel mit sich zu tun, dass er sich in die hinterste Ecke zurückgezogen hat. |18| Deshalb fühle ich mich ziemlich normal, bloß total benommen. Eigentlich spüre ich überhaupt nichts. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es wird, wenn sich mein Hirn wieder zurückmeldet. Vielleicht kommt es ja nicht dazu und ich verbringe mein restliches Leben wie hinter einer dicken Glasscheibe.
    Doug trägt uns als Jane und David Smith ein. Es ist nicht unbedingt ein Hotel, in dem man seinen Urlaub verbringen möchte. Man führt uns in ein winziges Zimmer, in das gerade mal zwei Einzelbetten und ein großer Fernseher reinpassen. Die Kommode hat nur zwei Schubladen, sodass wir nicht mal richtig auspacken können. Wobei das unsere geringste Sorge ist. Nicki und ich schlafen auf der Stelle ein, in Klamotten und alles. Ich hab mir nicht mal die Zähne geputzt.
     
    Als ich aufwache, ist es fast Mittag. Erst weiß ich nicht, wo ich bin oder warum ich mit Mum in einem Zimmer bin. Was passiert ist, kommt mir wie ein Film vor oder wie ein Albtraum. Mum hat schon geduscht und zieht sich gerade an.
    »Ich regle das heute«, verkündet sie, schmiert sich Rouge ins Gesicht und schaut kritisch in den Spiegel. »Das ist doch lächerlich. Wir helfen der Polizei, da kann man uns doch nicht hier einsperren. Das Feuer   … das muss Zufall gewesen sein. Irgendwelche Vandalen, dumme Jungs, die nicht wissen, was sie mit sich anfangen sollen. Vielleicht auch Rassisten, was weiß ich.«
    Wir gehen nach unten und stellen fest, dass es nach |19| zehn Uhr kein Frühstück mehr gibt und dass das Hotel bis sieben Uhr am nächsten Morgen keine Mahlzeiten anbietet. Ich schlage vor, dass wir uns ein nettes Frühstückscafé suchen, und Nicki verzieht das Gesicht. Dann kommen zwei Männer durch die Drehtür hereinspaziert. Doug von gestern Abend und DI Morris vom Polizeirevier.
    »Wir müssen uns noch einmal mit dir unterhalten«, sagt DI Morris.
    Ich will mich schon beschweren, dass wir kein Frühstück bekommen haben, da sagt Nicki: »Ist gut«, und wir gehen wieder rauf in das winzige Zimmer. Die beiden Beamten setzen sich auf Nickis Bett, wir setzen uns auf meins. Mein Magen grummelt und knurrt, aber alle tun so, als würden sie nichts hören.
    DI Morris erklärt uns lang und breit, dass er mit der Untersuchung des Mordes beauftragt ist und dass Doug Spezialist im Zeugenschutzprogramm ist, jemand, der sich um Leute wie uns kümmert. Gefährdete Zeugen. Er quasselt noch eine Weile, dann kommt er endlich zur Sache.
    »Wir sind davon überzeugt, dass die Brandbombe
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