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Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern

Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern

Titel: Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern
Autoren: Margot Kaessmann
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am Rande stehen, da findest du Gott! Das wird nicht so gern gehört. Aber es wird immer wieder erlebt. Wenn ich Asylsuchende besuche und ihre Freude über die Wahrnehmung erlebe, bewegt mich das. Wenn ich die Hand eines kranken Menschen halte, spüre ich innere Ruhe. Wenn ich im Gefängnis erlebe, was es jemandem bedeutet, dass ich ihm Würde nicht abspreche, nehme ich etwas wahr von Gottes Zuwendung. Das sind doch Herausforderungen für uns heute!
    Ich kann diesen Text, die Zehn Gebote, die Seligpreisungen, die Prophetenworte, die Gleichnisse Jesu nicht lesen, ohne sie auf meinen Kontext zu beziehen. „Die Kirche“, das sind Christinnen und Christen, die miteinander leben, ihren Glauben bekennen und feiern wollen. Jeder Einzelne ist gefordert, auf der Grundlage des eigenen Glaubens Entscheidungen zu treffen – für das persönliche Leben wie für das Zusammenleben in der Gesellschaft, in der Welt. Und als Gemeinschaft wirken sie füreinander und nach außen. Das hat eine politische Dimension.
    Dieser Gedanke ist natürlich nicht neu. Das war immer so und hat sich immer wieder gezeigt. Ich denke an den römisch-katholischen Bischof von Münster, Clemens August von Galen. In seiner Predigt in St. Lamberti sagte er am 2. August 1941: „Wie steht es in Deutschland, wie steht es hier bei uns mit dem Gehorsam gegen die göttlichen Gebote? Das achte Gebot: ‚Du sollst kein falsches Zeugnis geben, du sollst nicht lügen!‘ Wie oft wird es frech, auch öffentlich, verletzt! Das siebente Gebot: ‚Du sollst nicht fremdes Gut dir aneignen!‘ Wessen Eigentum ist noch sicher nach der willkürlichen und rücksichtslosen Enteignung des Eigentums unserer Brüder und Schwestern, die katholischen Orden angehören? Wessen Eigentum ist geschützt, wenn dieses widerrechtlich beschlagnahmte Eigentum nicht zurückerstattet wird? (…) Jetzt wird auch das fünfte Gebot: ‚Du sollst nicht töten!‘ beiseitegesetzt und unter den Augen der zum Schutz der Rechtsordnung und des Lebens verpflichteten Stellen übertreten, da man es sich herausnimmt, unschuldige, wenn auch kranke Mitmenschen, vorsätzlich zu töten, nur weil sie ‚unproduktiv‘ sind, keine Güter mehr produzieren können. Wie steht es mit der Befolgung des vierten Gebotes, das Ehrfurcht und Gehorsam gegen die Eltern und Vorgesetzten fordert? Die Stellung der Autorität der Eltern ist schon weithin untergraben und wird mit all den Anforderungen, die gegen den Willen der Eltern der Jugend auferlegt werden, immer mehr erschüttert. (…) Und das erste Gebot: ‚Du sollst keine fremden Götter neben mir haben!‘ Statt des einzig wahren, ewigen Gottes macht man sich nach Gefallen eigene Götzen, um sie anzubeten: die Natur oder den Staat oder das Volk oder die Rasse.“Oh ja, die Gebote, die biblischen Texte waren und sind politisch. Und: Oh ja, ich will in dieser Tradition die Welt verbessern, immer noch! Und ich begreife nicht, warum das Wort „Weltverbesserer“ zum Schimpfwort geworden ist.
    Kleine Schritte
    Auch wenn nicht jeder Einzelne von uns Experte auf jedem Gebiet ist, auch wenn nicht jede Einzelne alle Zusammenhänge beschreiben kann: Wir können eintreten für das Leben, für ein Zusammenleben in Gerechtigkeit und Frieden. „Gerechtigkeit und Frieden werden sich küssen“ , heißt es in der Bibel (Ps 85). Eine solche Vision können wir nicht abschaffen, indem wir sagen, das sei zu komplex oder allein mit Blick auf Gottes Zukunft nach dieser Zeit und Welt gemeint! All die Machbarkeitsexperten, Realitätsfanatiker und Bedenkenträger entwerfen doch keine Bilder der Zukunft, die wir dringend brauchen, um Mut zum Handeln zu finden in großen wie in kleinen Schritten.
    Ein Sprichwort der Xhosa im Süden Afrikas lautet: „Wenn viele kleine Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können sie das Gesicht der Welt verändern.“ Und viele gehen solche Schritte: das Auto abschaffen, bewusst einkaufen, Unterschriften gegen Rüstungsexporte sammeln, sich bei der „Tafel“ ehrenamtlich engagieren, im Hospizdienst tätig sein. Das ist nicht nichts, sondern viel. Aber genügt das? Für viele wirkt das wie eine Selbstentschuldigung. Können wir uns damit zufriedengeben? Treten wir energisch an gegen das Unrecht und all das Leid auf der Welt oder haben wir uns damit in unserer Wohlstandswelt ermattet abgefunden? Auf einem Symposium seiner Stiftung in Duderstadt wurde Peter Maffay gefragt, ob seine Initiative „Schutzräume für Kinder“ nicht nur ein
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