Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern

Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern

Titel: Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern
Autoren: Margot Kaessmann
Vom Netzwerk:
Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.
    Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen
    (Mt 5,3–11).
    Wie anrührend, aufrüttelnd diese wenigen Sätze nach 2000 Jahren noch sind! Selig, ja, glücklich sind also alle, die noch etwas anderes denken können als das Vorhandene, das, was immer schon so war. Selig, wer andere Maßstäbe hat und nicht Leistung, Durchsetzungsvermögen, Gewinn und Ellenbogen an die erste Stelle setzt. Das bleibt bis heute eine radikale Infragestellung der vorherrschenden Werte. Eine Kontrastgesellschaft zu dem, was wir sehen und vorfinden, wird hier gezeichnet. Eine Gesellschaft, die lieben und trösten kann, Rücksicht nimmt, sich verständigen will.
    Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt hat einmal gesagt, mit der Bergpredigt könne man keine Politik machen. Warum eigentlich nicht? Warum können wir nicht einmal infrage stellen, was angeblich nicht hinterfragbar ist: die Macht der Wirtschaft und des Geldes, die ewige Angst um das Wachstum und den Euro! Das ganze Machtgebaren überhaupt: Wer hat die Atomwaffe, wer mehr Abwehrraketen? Letzten Endes sind wir eine Angstgesellschaft – wir haben Angst vor Machtverlust, Angst vor reduziertem Wohlstand, Angst vor der Zukunft. Die Seligpreisungen geben Zukunftszuversicht. Das bedeutet etwas für jeden und jede von uns ganz persönlich: Ich kann mich so verhalten, so handeln, dass sich etwas verändert. Aus Gewissensgründen und in Verantwortung! Da halte ich es gern mit dem Sänger Xavier Naidoo, der in einem seiner Lieder davon singt: „Bitte hör nicht auf zu träumen von einer besseren Welt“.
    Es ist gut und wichtig, dass es Politikerinnen und Politiker gibt, die Kompromisse schließen, das Machbare möglich machen. Aber es ist auch gut und wichtig querzudenken, über den Tag und den Kompromiss hinaus nach Denkanstößen zu fragen, die nicht gleich mit dem Machbarkeitsargument zerschmettert werden. Die Texte der Bergpredigt geben dafür eine Grundlage, die seit 2000 Jahren Menschen anregt, die scheinbar unerschütterlichen Gegebenheiten zu hinterfragen und andere Maßstäbe zu sehen.
    Ermutigung statt Moralismus
    Die Bergpredigt symbolisiert aber keinen erhobenen Zeigefinger! Die Bergpredigt hat einen völlig anderen Ton! Gut, glücklich, selig lebst du, wenn du diese andere Perspektive einnimmst. Es geht dabei auch gerade nicht nur um mich, die Egomanie kann ich getrost zurücklassen.
    Wer so leben und glauben kann, ist innerlich frei. Der Theologe Manfred Köhnlein hat die Gleichnisse Jesu einmal als „Visionen einer besseren Welt“ 8 bezeichnet. Das finde ich sehr zutreffend, denn sie malen aus, was die Bergpredigt andeutet: Es könnte anders sein! Wir könnten anders zusammenleben! Und sie bleiben damit eine Provokation gegen Trägheit und Resignation.
    Zu Ostern 2012 gab es einen Kommentar in der „Süddeutschen Zeitung“ unter der Überschrift: „Es nervt, Gott sei Dank“ 9 . Matthias Drobinski schrieb mit Blick auf die Klage von Papst Benedikt über Gewalt gegen Christen und die Mahnung des Ratsvorsitzenden der EKD, Nikolaus Schneider, hinsichtlich der sozialen Spaltung in Deutschland: „Eine gute Osterpredigt sollte nicht einfach das fromme Publikum erbauen, sondern Nerven treffen, damit sich etwas bewegt. Das Christentum will ja auch nicht die Religion der frommen Selbstbeschäftigung sein; seine Anhänger, die Christen, soll man vielmehr an ihren Früchten erkennen. Hat der Gründer gesagt – Jesus.“ 10
    Die junge Generation
    Vielleicht war es früher in der Tat leichter, Position zu beziehen: für oder gegen Kernkraft, für oder gegen Nato-Nachrüstung, für oder gegen Abtreibung, für oder gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, für oder gegen die Legalisierung homosexueller Lebenspartnerschaften. Wir sollten den jungen Leuten Raum geben, neue Wege zu finden, Positionen zu klären und ihre Form der Veränderung zu praktizieren. Wenn ich die Zeugnisse von Menschen lese, die in der Zeit des Nationalsozialismus widerständig waren oder gar aktiv Widerstand geleistet haben, zeigt sich sehr klar, dass jede Generation sich neu an den Zehn Geboten 11 , den Seligpreisungen, den Gleichnissen Jesu orientieren kann und muss.
    Viel zu viele haben offenbar den Eindruck, sie würden nicht gebraucht, seien überflüssig, könnten nicht mithalten. So manches Mal, wenn ich Berichte junger Leute
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher