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Meerjungfrau

Meerjungfrau

Titel: Meerjungfrau
Autoren: Camilla Läckberg
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der alles vergessen wollte und sich ein ganz normales Leben wünschte, und die Meerjungfrau oder Alice, die Christian hasste und ihm half, mit der Schuld zu leben.«
    Geduldig erklärte Erica es noch einmal. Es war nicht leicht, das Ganze zu verstehen, wenn nicht sogar unmöglich. Thorvald hatte betont, dass die Krankheit äußerst selten solche Ausmaße annahm. Es handelte sich in keiner Hinsicht um einen gewöhnlichen Fall. Aber Christian hatte auch kein normales Leben hinter sich. Er hatte Dinge erlebt, die den stabilsten Menschen brechen können.
    Â»Auch aus diesem Grund hat er sich das Leben genommen«, sagte Erica. »In seinem Abschiedsbrief steht, dass er seine Familie vor ihr retten musste. Die einzige Möglichkeit bestand darin, ihr zu geben, was sie haben wollte. Ihn.«
    Â»Aber er hat doch die Wand im Kinderzimmer beschmiert. Die Drohungen gingen doch von ihm aus.«
    Â»Genau da lag das Problem. Als er merkte, dass er seine Söhne liebte, wurde ihm klar, er konnte sie nur schützen, wenn er die Person tötete, die der Grund dafür war, dass sie den Kindern weh tun wollte. In seiner Welt war die Meerjungfrau real und keine Ausgeburt seiner Phantasie. Sie existierte wirklich und wollte seine Familie umbringen. So wie sie Maria und Emil ermordet hatte. Er nahm sich das Leben und rettete so seine Kinder.«
    Anna wischte sich eine Träne von der Wange. »Das ist alles so furchtbar.«
    Â»Ja«, stimmte Erica ihr zu, »es ist entsetzlich.«
    Ein schrilles Klingeln riss sie aus ihren Gedanken, und Erica griff verärgert nach dem Telefon. »Wenn das noch einer von diesen dämlichen Reportern ist … Hallo, hier ist Erica Falck.« Ericas Gesicht hellte sich auf. »Hallo, Annika!« Dann verdüsterten sich ihre Züge, und sie schnappte nach Luft. »Was sagst du da? Wo ist er? Wirklich? In Uddevalla?«
    Anna betrachtete Erica besorgt. Mit zitternden Fingern klammerte sich ihre große Schwester an den Hörer.
    Â»Was ist los?«, fragte Anna, als Erica aufgelegt hatte.
    Erica schluckte. Ihre Augen schimmerten feucht.
    Â»Patrik ist zusammengebrochen«, flüsterte sie. »Sie glauben, es könnte ein Herzinfarkt sein. Er wird gerade in einem Krankenwagen nach Uddevalla gebracht.«
    Im ersten Moment ließ der Schock Anna erstarren. Dann gewann ihre praktische Seite die Oberhand. Sie stand hastig auf und eilte zur Haustür. Im Vorbeigehen schnappte sie sich den Autoschlüssel.
    Â»Wir müssen nach Uddevalla. Komm jetzt. Ich fahre.«
    Erica folgte ihr schweigend. Ringsherum schien die Welt einzustürzen.
    Sie raste so schnell aus der Einfahrt, dass der Schotter aufspritzte. Es eilte. Eriks Flieger ging in zwei Stunden, und sie wollte dabei sein, wenn sie ihn festnahmen.
    Sie fuhr schnell. Wenn sie rechtzeitig da sein wollte, ging es nicht anders. Auf Höhe der Tankstelle merkte sie, dass sie ihr Portemonnaie zu Hause vergessen hatte. Bis Göteborg würde das Benzin nicht reichen. Laut fluchend drehte sie an der Kreuzung um. Sie würde Zeit verlieren, aber sie hatte keine Wahl.
    Es war trotzdem ein schönes Gefühl, die Kontrolle zurückgewonnen zu haben, dachte sie, während sie durch Fjällbacka sauste. Sie fühlte sich wie ein neuer Mensch, angenehm entspannt, und das Gefühl von Macht verlieh ihr Schönheit und Kraft. Es war herrlich, auf der Welt zu sein, und zum ersten Mal seit vielen Jahren gehörte die Welt ihr.
    Er würde staunen. Vermutlich hätte er nie erwartet, dass sie herausfand, was er vorhatte. Geschweige denn, dass sie die Polizei rief. Lachend sauste sie über die Kuppe zum Galärbacken. Nun war sie frei. Befreit von dem demütigenden Tanz. Auch seine Lügen und die erniedrigenden Kommentare brauchte sie sich nun nicht mehr anzuhören. Louise trat noch fester aufs Gaspedal und raste in ihr neues Leben. Sie hatte die Macht über die Geschwindigkeit, über alles. Sie hatte ihr Leben im Griff.
    Sie sah sie erst, als es zu spät war. Eine Sekunde lang hatte sie zur Seite geblickt, hatte aufs Wasser geschaut und über die Schönheit des Eises gestaunt. Nur einen Moment hatte sie den Blick abgewandt, aber das genügte. Sie merkte, dass sie versehentlich auf die Gegenfahrbahn geraten war, und sah noch die beiden Frauen, die den Mund aufrissen und schrien.
    Dann krachte Blech auf Blech, und der Knall hallte von der Felswand wider. Danach war alles
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