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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen
Autoren: Patricia Schröder
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sagte er finster. »Ich halte es mittlerweile
nicht einmal mehr für ausgeschlossen, dass exakt das
zu Kyans Plan gehört. Ich glaube, ich habe ihn unterschätzt. Er
ist viel ausgefuchster, als ich dachte.«
    »Was meinst du damit?«, fragte ich.
    »Es ist gut möglich, dass Kyan Zak dazu gebracht hat, sich
von ihm und der Gruppe zu lösen. Er will, dass Zak irgendwo
anders an Land geht. Verstehst du, Elodie,
irgendwo
auf der
Welt.«
    Ich nickte beklommen.
    »Dummerweise habe ich mich nicht weiter um Zak gekümmert
und irgendwann seine Signale verloren«, fuhr Gordy fort.
»Und ich fürchte, Kyan hat genau darauf gesetzt. Er konnte
sicher sein, dass ich die Westküste Guernseys nicht verlassen
würde.«
    »Na ja«, wandte ich ein. »Trotzdem solltest du ihn auch nicht
übers
chätzen. Schließlich hat er weder etwas von meiner Verwandlung mitgekriegt noch davon, dass ich nach Lübeck zurückgereist
bin.«
    »Gereist?« Gordy lachte auf. »Du meinst wohl, geflohen! Vor
mir geflohen …«
    Nein, nicht vor dir,
sagte ich zögernd.
Javen Spinx und Jane
haben mir eingeredet, dass es besser für das Schicksal der Menschen
und der Nixe ist, wenn wir zwei … wenn du und ich … nicht weiter
zusammenbleiben.
    Sie haben dich aufgesucht?,
gab Gordy überrascht und auch
ein wenig verärgert zurück.
    So ähnlich,
antwortete ich ausweichend.
    Was heißt das?
    Willst du das wirklich wissen?
    »Natürlich!«
    Ich bin dir gefolgt,
flüsterte ich.
In der letzten Neumondnacht …
nachdem das zwischen uns passiert war … Javen Spinx und Jane
haben mich abgefangen!
    Die Erinnerung daran machte mich zornig. Ich schlug meine
Zähne in den Fisch, den ich noch in der Hand hielt, riss ein
großes Stück heraus, kaute es gründlich durch und schluckte
es hinunter. Mit jedem Bissen fand ich mehr Gefallen daran,
und als ich kurz darauf beide Sprotten verspeist hatte, empfand
ich tatsächlich so etwas wie Dankbarkeit dafür, dass sie
ihr Leben gegeben hatten, damit ich satt wurde.
    »Und du hast dich so leicht überzeugen lassen?«, fragte Gordian.
Gleich darauf machte er eine unwillige Geste. »Ach, verdammt!
Ich werfe dir das nicht vor, Elodie. Es ist nur …«
    »Ich habe es aus dem gleichen Grund getan wie du«, unterbrach
ich ihn. »Die Last, möglicherweise schuld am Verlust
unzähliger Menschen- und Nixenleben zu sein, hätte ich nicht tragen können, und noch weniger wollte ich sie dir zumuten.
Aber all das zählt nun nicht mehr, weil es anders gekommen
ist, als wir gehofft haben. Kyan und seine Freunde sind ohne
dich an Land gegangen. Niemand konnte es verhindern. Und
es nützt auch niemandem auf dieser Welt, wenn wir aufeinander
verzichten, Gordy, hörst du …
Niemandem!«
Während
ich auf ihn einredete, legte ich meine Hand auf seine Brust,
drückte ihn in den Sand hinunter und beugte mich über ihn.
»Außerdem hat das Meer verhindert, dass ich in Lübeck bleiben
konnte. Es hat sich mir sozusagen … entgegengestellt.«
    Gordian kniff die Augen zusammen. Irritiert sah er mich an.
    »Das kann nicht sein … Das musst du dir …«
    Ich habe es mir nicht eingebildet,
unterbrach ich ihn.
Ich wollte
zurückschwimmen. Ich war wirklich entschlossen, dich zu vergessen,
aber das Meer hat mich nicht gelassen. Es war stärker als ich … Das
musst du mir glauben. Es ist die Wahrheit.
    Die Wahrheit?
    Gordians Pupillen waren groß und rund. Die feine Mondsichel
spiegelte sich darin und das Türkis seiner Iris lag wie
ein Strahlenkranz darum. Sein Blick nahm mich vollkommen
gefangen.
    Ich nickte.
    Du wolltest mich also vergessen?
    Ganz ehrlich,
schwor ich.
    Aber das Meer hielt das für keine gute Idee?
    »Nein«, sagte ich rau.
    Mein Hals war wie zugeschnürt, und mein Puls rauschte mir
so laut in den Ohren, dass er die Geräusche des Meeres übertönte.
    Gordy lag völlig reglos da und sah mich nur an. Ich spürte seine Haut unter meinen Händen und seinen Atem in meinem
Gesicht.
    »Hörst du mein Herz, Elodie …?«, wisperte er. »Hörst du,
wie es flüstert?«
    Es flüstert und flüstert … und ich kann nichts dagegen tun.
    Seine Hände strichen so zart wie ein Windhauch über meine
Schultern und meinen Hals hinauf bis zu meinem Gesicht.
Gordy streichelte mein Kinn und meine Wangen und zog die
Linien meiner Brauen nach. Sein Blick folgte seinen Fingern,
und in seinen Augen, die mich still betrachteten, lag ein Ausdruck
von Erstaunen.
    Langsam zog er mich zu sich herunter, tippte mit seiner Nasenspitze
gegen meine und berührte meinen Mund
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