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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel
Autoren: C Walden
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anspreche – indes höre ich die Ansicht, dass Flöhe etwas mit der Pest zu tun hätten, zum ersten Mal. Ich dachte, diese Insekten wären unsichtbar und flögen einem in Mund und Nase, wenn man den Pesthauch einatmet.«
    »Achtet stets darauf, Euch von allen Tieren und Menschen fernzuhalten, die auf Euch Flöhe übertragen könnten«, sagte Cagliari, ohne weiter auf Marias Nachfrage einzugehen. »Ich kann keine Zeichen der Krankheit an Euch erkennen und auch keine frischen Flohbisse, was nicht heißt, dass Ihr nicht vor kurzem noch solche Bisse an Eurem Körper getragen habt und dass das krankmachende Dämonengift dieser Kreaturen in Euren Leib gedrungen ist. Vierzig Tage werdet Ihr nicht sicher sein, ob Ihr die Seuche in Euch tragt. Meidet in dieser Zeit alle Kontakte, soweit dies irgend möglich ist! Auch untereinander, auch wenn es Euren Bruder betrifft – letztendlich ist es durchaus möglich, dass einer von Euch die Krankheit in sich trägt und der andere nicht.« Er drehte sich um und ging zur Seite. Dort stand ein Bottich, den Maria bisher nicht bemerkt hatte. Aus dem Behälter zog er ein großes, dünnes Tuch heraus. Es wirkte feucht und schwer. Damit kam er zurück und schlang dieses Tuch um ihren bloßen Körper. Der unfassbar scharfe Geruch, den dieses Tuch ausströmte, brannte wie Feuer in Nase und Rachen. Marias Augen begannen so stark zu tränen, dass sie kaum noch etwas sehen konnte. »Lasst dieses Tuch, solange Ihr es ertragen könnt, auf Eurer Haut. In vierzig Tagen werde ich Euch erneut untersuchen. Und wenn Ihr dann nach wie vor ohne Befund seid, kann man davon ausgehen, dass Ihr nicht von der Krankheit befallen seid!«
    Maria wollte antworten, der beißende Geruch hinderte sie jedoch daran, auch nur ein einziges Wort herauszubringen.
    »Jetzt soll Euer Bruder zu mir kommen!«, ordnete Cagliari zum Abschluss noch an. Er wandte sich in Richtung der Tür und rief mit überraschender Stimmgewalt: »Bringt den anderen!«
    Die Tage bis zur nächsten Untersuchung durch Meister Cagliari waren für Maria und Marco dazu bestimmt, jeweils in der Abgeschiedenheit eines eigenen Zimmers zu verweilen, das man eigens für jeden von ihnen hergerichtet hatte. Eine Dienerin brachte Maria die Mahlzeiten und frische Kleidung. Die Frau kam nur bis zur Tür, legte an der Schwelle alles auf den Boden, klopfte dann an und verschwand sofort wieder.
    Maria wartete, bis sie ein paar sich entfernende Schritte gehört hatte, und öffnete schließlich, um die Sachen hereinzuholen.
    Bereits am zweiten Tag jedoch entdeckte sie die Dienerin an einer Ecke des Korridors, sie war dort stehen geblieben. Die junge levantinische Frau hatte blauschwarzes Haar und war sicher nicht älter als Maria selbst. Der Blick ihrer dunklen Augen senkte sich.
    »Wie heißt du?«, fragte Maria. Eigentlich kannte sie jeden der zahlreichen Angestellten und die umfangreiche Dienerschaft, die im Dienst des Hauses di Lorenzo standen. Selbst viele der Tagelöhner, die nur für bestimmte Aufgaben und für die Dauer von ein paar Stunden angeheuert wurden, um Waren ins Kontor zu bringen, waren ihr zumindest dem Gesicht nach bekannt. Von vielen wusste sie auch den Namen, denn die meisten dienten dem Handelshaus schon seit langem und wurden immer wieder verpflichtet. Früher, so hatte Maria noch die Erzählungen ihres längst verstorbenen Großvaters Francesco di Lorenzo im Ohr, hätten sich Tausende von Arbeitswilligen im Hafen gedrängt und darauf gewartet, dass man ihnen für ein paar Kupfermünzen Arbeit gab. Aber diese Zeiten waren längst vorbei. Manchmal war es inzwischen schon schwierig geworden, genügend Träger zu einem bestimmten Termin zu bekommen. All diese Veränderungen hatten wohl damit zu tun, dass die wiederholte Rückkehr des Schwarzen Todes die Stadt regelrecht hatte ausbluten lassen und ihre Bevölkerung auf ein Minimum geschrumpft war. »Nenn mir deinen Namen!«, wiederholte Maria ihre Aufforderung in sehr deutlichem Griechisch, nachdem sie die junge Frau zunächst ganz selbstverständlich in ihrem Genueser Dialekt angesprochen hatte.
    »Seriféa«, antwortete sie nun.
    »Ich habe dich hier früher noch nie gesehen.«
    »Euer Schreiber Davide hat mich angestellt. Ich bin die Tochter seines Neffen Walid und erst vor einigen Wochen nach Konstantinopel gekommen.«
    »Und woher?«
    »Aus einem Ort, der auf Griechisch Chrysopolis heißt. Ihr könnt ihn sehen, wenn Ihr über das Meer blickt.«
    Natürlich kannte Maria Chrysopolis, es lag am
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