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Meagan McKinney

Meagan McKinney

Titel: Meagan McKinney
Autoren: VA1 - Der Gigant und die Lady
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hatte. Es war schon fast Zynismus, aber zum ersten Mal
in ihrem Leben überlegte Alana, ob Christabel nicht die Glücklichere von ihnen
beiden war.

Lions/Löwen
    Wäre er nicht ein ausgefuchster Schurke, dann wäre er ein großer Mann.
    – George Templeton Strong
    (über Boss Tweed)

2
    Die Wall
Street nannte ihn
den »Raubvogel«. Niemand wußte, ob er mehr wegen seines Reichtums gehaßt
wurde, der sich so schnell zu vergrößern schien wie die irische Siedlung, die
im Norden von Manhattan aus dem Boden schoß, oder ob es die Tatsache war, daß
er ein Sohn Irlands war, der wie ein Phönix aus der Asche des verarmten
Geburtslandes in der Neuen Welt aufstieg. Wie auch immer, die New Yorker Elite
mied ihn in der Öffentlichkeit. Doch genauso wie die Knickerbocker den
Raubvogel mit einer Hand wegscheuchten, so streckten sie doch die andere
bettelnd aus, in der Hoffnung, im Kielwasser von Trevor Sheridans Erfolgskurs
nur noch reicher zu werden.
    An diesem
Abend dachten sie viel an Trevor Sheridan.
    Und der
Raubvogel dachte viel an sie.
    »Glaubst du, sie werden kommen?« fragte
Eagan Sheridan seinen Bruder, als die beiden im Speisesaal des Hauses in der
Fifth Avenue standen. Maras Debütball sollte in weniger als einer Stunde
beginnen, und die Tische waren für fünzig Gäste gedeckt. Kobaltfarbene
Stiegel-Glaskelche und Limoges-Porzellan mit 18-Karat-Goldgeschichtung
schmückte den Tisch. Der
zehn Fuß hohe Tafelaufsatz in der Mitte war bestückt mit dreihundertsiebzig
blaßrosa Rosen, aufgelockert durch Lilienbouquets und gekrönt von einer
majestätischen Eisskulptur, die verschlungene Schwäne darstellte. In den Ecken
des Zimmers standen –wie eine Herausforderung – Zierbäume, die in Form von
Kleeblättern 3 zurechtgeschnitten waren. Der protzende Luxus war atemberaubend, genau wie der
Raum selbst,denn der Speisesaal war die exakte Nachbildung des Saales in
Blindheim 4 ,
nur mit dem Unterschied, daß hier die schweren Skulpturen und der kostbare
afrikanische, rosafarbene Marmor echt und kein Trompe-l'Oeil waren.
    Der
Herrscher über all diese Pracht schwieg, während er um den Tisch herumwanderte
und die Dekoration einer letzten kritischen Prüfung unterzog. Sein Schritt war
so steif und formell wie der unvermeidliche goldverzierte
Ebenholz-Spazierstock mit dem Löwenkopfgriff, den er stets bei sich hatte.
    Eagan
beobachtete seinen älteren Bruder, und sein schönes, jungenhaftes Gesicht
wirkte besorgt.
    »Ich
vermute, ich sollte wohl eher fragen, was geschieht, wenn sie nicht kommen«,
versuchte Eagan noch einmal, seinem Bruder irgendeine Antwort zu entlocken.
    »Ist Mara
angezogen?« fragte Sheridan schließlich, nachdem er mit der Begutachtung des
Tisches offenbar fertig war.
    »Mara? Sie
ist schon seit einem Monat angezogen. Ich habe sie noch nie so aufgeregt
erlebt!« Eagan starrte auf den edlen Brandy in seinem Glas herab, das er in der
Hand hielt. »Ich frage mich, ob dieser Ball vielleicht ein bißchen... voreilig
organisiert wurde.«
    »Andere
Mädchen werden ebenfalls eingeführt. Sieh dir nur die Varicks, die Biddles, die
De Witts an. «
    »Ja, aber
...«
    »Ja, aber
diese jungen Damen haben keinerlei Verwandtschaft mit den irischen Shanties
aus der einundneunzigsten Straße«, beendete Sheridan bitter den Satz. Dann,
als würde er seine Offenheit bereits bedauern, warf er seinem lässig
gekleideten Bruder einen schnellen Blick zu und fragte: »Bleibst du in diesem
Aufzug?«
    Eagan
schüttelte langsam den Kopf. Er konnte mit seinen Sorgen jedoch nicht
zurückhalten und fragte leise erneut: »Was geschieht, wenn sie nicht kommen,
Trevor?«
    Sheridan
stieß einen angewiderten Seufzer aus. Er starrte einen langen Augenblick auf
die Zierbäumchen in der Ecke, als ob er die richtigen Worte suchen mußte.
Wenn sie nicht kommen würden... Er fluchte.
    »Ich gebe
keinen Penny auf Caroline Astor!« verkündete er, wobei er den Stock in seiner
Hand drehte.
    Eagan
nickte nur, um seinen Bruder zu ermutigen. Aber Trevor brauchte nun keine
Aufforderung mehr, um fortzufahren. »Sie und ihre edle Gefolgschaft! Für was
halten die sich eigentlich?« Er wirbelte herum und sah seinen Bruder an. »Aber
Gott sei mir gnädig, Eagan, was hätte ich denn tun sollen? Was kann Mara
denn mehr, verletzen? Wenn niemand auftaucht oder wenn ihr sogar die
Möglichkeit eines Debüts versagt geblieben wäre?«
    »Ich weiß
es nicht, Trevor. Im Moment weiß ich es wirklich nicht«, flüsterte Eagan.
    Sheridan
sah seinen Bruder an und
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