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Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)
Autoren: Isabel Allende
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können uns bestimmt einigen.«
    »Uns einigen?« Mir war schlecht vor Angst.
    »Dein Leben und deine Freiheit. Ich schließe den Fall, dein Name taucht in den Akten nirgends auf, und niemandwird nach dir suchen. Außerdem gebe ich dir zwanzig Prozent. Du siehst, ich bin großzügig.«
    »Brandon Leeman hatte zwei Taschen mit Geld in einem Lagerraum in Beatty, Officer. Ich habe sie geholt und den Inhalt in der Mojave-Wüste verbrannt, weil ich Angst hatte, dass ich als Mittäterin beschuldigt werde. Das ist die Wahrheit, ich schwöre.«
    »Willst du mich für dumm verkaufen? Das Geld! Und die Platten?«
    »Die habe ich in die Bucht von San Francisco geworfen.«
    »Ich glaube dir kein Wort! Du Miststück! Ich bring dich um!«, schrie er und schüttelte mich.
    »Ich habe Ihr Scheißgeld und Ihre Scheißdruckplatten nicht!«
    Fákin knurrte wieder, aber Arana trat so heftig nach ihm, dass er davontaumelte. Er war ein muskulöser Mann, kampfsporterfahren und an Handgreiflichkeiten gewöhnt, aber ich bin nicht zimperlich und wehrte mich in blinder Verzweiflung. Ich wusste, Arana würde mich auf keinen Fall lebend davonkommen lassen. Ich habe von klein auf Fußball gespielt, und meine Beine sind gut trainiert. Ich holte aus für einen Tritt in seine Weichteile, aber er drehte sich rechtzeitig weg, und ich traf ihn am Oberschenkel. Hätte ich nicht die Sandalen getragen, ich hätte ihn vielleicht ernsthaft verletzt, so aber brach ich mir die Zehen, und der Schmerz durchfuhr mich wie ein weißes Gleißen. Arana nutzte meine Benommenheit und schlug mir in die Magengrube, dass mir die Luft wegblieb, im nächsten Augenblick war er über mir, und danach erinnere ich mich an nichts mehr, vielleicht wurde ich durch einen zweiten Schlag ins Gesicht ohnmächtig, jedenfalls ist meine Nase gebrochen, und ich werde ein paar neue Zähne brauchen.
    Verschwommen sah ich das Gesicht meines Großvaters vor einem weißen, durchscheinenden Hintergrund, Schichtenüber Schichten von im Wind flatterndem Tüll, ein Brautschleier, der Schweif des Kometen. Ich bin tot, dachte ich glücklich, und überließ mich der Freude, mit meinem Pop körperlos, schwerelos durch das Nichts zu gleiten. Juanito Corrales und Pedro Pelanchugay versichern, dort sei kein dunkelhäutiger Herr mit Hut gewesen, ich sei vielmehr kurz zu mir gekommen, als sie mich hochheben wollten, hätte aber gleich wieder das Bewusstsein verloren.
    Ich erwachte im Krankenhaus von Castro aus der Narkose, Manuel saß auf der einen, Blanca auf der anderen Seite meines Bettes, und der Polizist Laurencio Cárcamo am Fußende. »Wenn Sie dann irgendwann könnten, Gnädigste, dann hätte ich ein paar kleine Fragen, wenn es vielleicht möglich wäre?«, begrüßte er mich freundlich. Es war erst zwei Tage später möglich, offenbar hat die Prellung mich ernsthaft ausgeknockt.
    Die polizeiliche Untersuchung ergab, dass ein Tourist, der kein Spanisch sprach, nach der Beerdigung von Doña Lucinda auf die Insel gekommen war und in der »Taverne zum lieben Toten«, wo die Trauergesellschaft sich versammelt hatte, dem Erstbesten ein Foto von mir zeigte, nämlich Juanito Corrales. Der Junge schickte den Auswärtigen den schmalen Pfad zur Grotte hinauf, und der Mann ging in diese Richtung davon. Juanito Corrales suchte seinen Freund Pedro Pelanchugay, und weil sie neugierig waren, folgten die beiden dem Mann. Oben auf der Kuppe hörten sie Fákin bellen, das führte sie zu der Stelle, wo ich mit dem Unbekannten stand, und sie kamen eben rechtzeitig, um den Unfall zu sehen, auch wenn sie wegen der Entfernung und des Nebels nicht sicher waren, was sich da zutrug. Dadurch erklärt sich ihre im Detail widersprüchliche Schilderung. Nach ihrer Aussage standen der Unbekannte und ich über den Rand der Klippe gebeugt und sahen zur Grotte hinab, der Mann taumelte, ich wollte ihn festhalten, wir verloren das Gleichgewicht und waren verschwunden. Vonoben konnte man wegen des dichten Nebels nicht erkennen, wohin wir gestürzt waren, und weil wir auf ihre Rufe nicht antworteten, kletterten die beiden Kinder, an vorstehende Felsen und Wurzeln geklammert, hinab. Sie hatten das früher schon getan, und der Untergrund war einigermaßen trocken, was den Abstieg erleichterte, denn wenn es nass ist, wird es sehr glitschig. Sie näherten sich vorsichtig aus Furcht vor den Seelöwen, stellten aber fest, dass sich die meisten hatten ins Meer gleiten lassen, darunter auch der Bulle, der seinen Harem sonst zumeist von einem
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