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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein
Autoren: Margaret Allan
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nicht mehr in der Lage, seinen Angriff zu stoppen, an ihm vorbei; Karibu wirbelte herum und versenkte Rattes Speer mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, im Rücken des Jägers.
    Ein letzter, ein schauerlicher Todesschrei entrang sich Speers Lippen, dann sackte er zusammen, für immer stumm.
    Karibu hatte nicht mehr als einen flüchtigen mitleidigen Blick für ihn übrig. Ein überaus tapferer Mann, dachte er, dann rannte er dorthin, wo die eigentliche Schlacht geschlagen wurde, und sah, daß der erste Schwung des Angriffs spürbar erlahmt war.
    Wut verschleierte seinen Blick. Hoch schwang er seinen Speer über dem Kopf, während er brüllte: »Tut es mir nach, Männer. Kämpft! Tötet sie alle!«
    Geschwächt schwankte Maya aus dem Zelt. Sie fühlte sich ganz leicht, schwerelos, als schwebe sie. In ihrer Rechten hielt sie den Mammutstein.
    Bilder gräßlichen Gemetzels boten sich ihr. Sie erblickte den verstümmelten Leichnam einer Frau, deren linker Arm an der Schulter abgetrennt worden war und die nur ein paar Fuß vor ihr auf dem Weg lag.
    Der fehlende Arm war nirgends zu sehen. Die Frau war bis hierher getaumelt und dann verblutet. Maya konnte die lange, glitzernde Blutspur sehen, die ihren Weg markierte.
    Weiter unten, zur Lagermitte hin, lagen noch mehr Körper; aus einigen von ihnen ragten Speere. Anderen waren die Schädel zertrümmert worden. Einige bewegten sich noch, ihre Glie der zuckten wie in einem schlimmen Traum.
    Nahe der Grube sah sie Speer mit dem Gesicht im Staub lie gen, eine große Wunde im Rücken. Neben ihm saß Ratte, der mit schmerzverzerrtem Gesicht seine zerschmetterte Schulter hielt.
    Vom letzten Kampfherd am Fuße der Hügel drangen Schreie herüber.
    Dorthin hatten die Bisonmenschen die letzten Überlebenden der Angreifer getrieben. Vor Mayas Augen fielen zwei weitere Mammutmänner; dann legten die anderen die Speere nieder, knieten sich hin und ergaben sich.
    Eine Bewegung auf der Hügelspitze weckte ihre Aufmerksamkeit. Zwei Gestalten, schwarze Silhouetten vor dem blauen Himmel; die Erinnerung summte in ihrem Kopf. Der Stein in ihrer Hand fühlte sich heiß an. Sie erkannte sie beide. Geist und die schmächtige Gestalt seines Lehrlings, an den sie sich noch als Jungen erinnerte. Während sie noch hinaufblickte, hob Karibu seinen Speer und winkte ihr zu. Erleichterung machte sich in ihr breit; Karibu war am Leben geblieben!
    Alles, was sie aus ihrem Bewußtsein verbannt hatte, jede ein zelne Erinnerung, die sie für immer verloren geglaubt hatte, war zurückgekehrt, als sie den Mammutstein in ihren Händen hielt. Sie war sich nicht sicher, ob sie deswegen dankbar sein sollte oder entsetzt. Doch mit der Sturzflut der Erinnerungen war die Angst zurückgekehrt - Angst um sich selbst, um das Mammutvolk, um Karibu - und um Wolf.
    Drei Männer der Bisonleute stürmten zur Hügelspitze hinauf. Kurz darauf kamen sie den Hang wieder hinunter, mit ihren beiden Gefangenen, die sie mit Speeren vor sich her trieben.
    Alle liefen ihnen entgegen. Auch die Frauen kamen hinter den Felsen hervor, hinter denen sie Schutz gesucht hatten, und versammelten sich, Stöcke schwenkend und Steine mit sich schleppend, um den überlebenden Feinden damit zu drohen. Maya sah zu dem dritten Pfahl hinüber und merkte, daß Wolf ihren Blick erwiderte.
    Auch ihm war also nichts geschehen! Der Mutter sei Dank! Sie duckte sich wieder in das Zelt und trat wenig später mit einem kleinen Messer, das sie aus einem von Karibus Rucksäcken hervorgeholt hatte, wieder ins Freie. Männer, Frauen und Kinder scharten sich um die neuen Gefangenen, niemand schenkte den beiden an die Pfähle gefesselten mehr Beachtung. Maya hastete hinüber, das Messer an ihrem Oberschenkel versteckt. Den Mammutstein hielt sie fest umklammert, als sei er ein Teil von ihr selbst. Vielleicht war er es ja auch.
    »Wolf!« flüsterte sie ihre m Bruder zu, als sie sich dem Pfahl näherte. Er sah ihr argwöhnisch entgegen. »Hab keine Angst! Ich schneide dich los!«
    Schon begann sie, seine Fesseln zu durchtrennen. Erst die Schnüre um seine Knöchel, dann machte sie sich an denen um seine Handgelenke zu schaffen. »Lauf!« raunte sie ihm atemlos zu. »Sie sind jetzt abgelenkt, du kannst dich davonmachen.«
    Seine dunklen Augen blickten traurig, als er den Kopf schüttelte. »Maya«, sagte er weich, »was hast du nur getan?«
    Zwei Lederriemen hielten Wolf noch, als Maya spürte, wie sich starke Finger um eins ihrer Handgelenke schlössen. »Ah.«
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