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Max Weber (German Edition)

Max Weber (German Edition)

Titel: Max Weber (German Edition)
Autoren: Dirk Kaesler
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«sozialen Gebilden», wie etwa dem Staat, einer Genossenschaft, einer Aktiengesellschaft, um etwas Spezifisches: «Für die verstehende Deutung des Handelns durch die Soziologie sind […] diese Gebilde lediglich Abläufe und Zusammenhänge spezifischen Handelns einzelner Menschen, da diese allein für uns verständliche Träger von sinnhaft orientiertem Handeln sind.» Durch diese scharfe Abgrenzung auch von jenen Disziplinen, die die Sinngebungen der einzelnen Handelnden ignorieren, beschrieb Weber als zentrale Aufgabe seiner Soziologie: «Wir sind […] bei ‹sozialen Gebilden› […] in der Lage: über die bloße Feststellung von funktionellen Zusammenhängen und Regeln (‹Gesetzen›) hinaus etwas aller ‹Naturwissenschaft› […] ewig Unzugängliches zu leisten: eben das ‹ Verstehen› des Verhaltens der beteiligten Einzelnen […] Diese Mehrleistung der deutenden gegenüber der beobachtenden Erklärung ist freilich durch den wesentlich hypothetischeren und fragmentarischeren Charakter der durch Deutung zu gewinnenden Ergebnisse erkauft. Aber dennoch: sie ist gerade das dem soziologischen Erkennen Spezifische.»
    Nachdem Weber die Grundlagen seiner Ausgangsdefinition von Soziologie gelegt hatte, führte er anschließend den systematischen Zusammenhang seiner Kategorien aus. Hier entwickelte er eine idealtypische Vierteilung des sozialen Handelns. Demnach kann das soziale Handeln bestimmt sein
    «1. zweckrational: durch Erwartungen des Verhaltens von Gegenständen der Außenwelt und von anderen Menschen und unter Benutzung dieser Erwartungen als ‹Bedingungen› oder als ‹Mittel› für rational, als Erfolg, erstrebte und abgewogene eigene Zwecke ,
    2. wertrational: durch bewußten Glauben an den […] unbedingten Eigen wert eines bestimmten Sichverhaltens rein als solchen und unabhängig vom Erfolg, –
    3. affektuell, insbesondere emotional: durch aktuelle Affekte und Gefühlslagen, –
    4. traditional: durch eingelebte Gewohnheit.»
    Mit dieser Typologie wollte Weber weder eine «irgendwie erschöpfende Klassifikation» unternehmen noch unterstellen, dass es konkretes soziales Handeln geben könne, das allein dem einen oder anderen Typus entspräche: Vor allem eine absolute Zweckrationalität des sozialen Handelns bezeichnete er selbst als einen «konstruktiven Grenzfall». Hatte Weber in den ersten Paragraphen seine Definition von Soziologie (§ 1) und eine Typologie der Orientierungen sozialen Handelns (§ 2) vorgelegt, so präsentierte er in den folgenden fünfzehn Paragraphen die konzeptuelle Systematik seiner Soziologie. In § 3 führte er die Kategorie der «Sozialen Beziehung» ein: «Soziale ‹Beziehung› soll ein seinem Sinngehalt nach aufeinander gegenseitig eingestelltes und dadurch orientiertes Sichverhalten mehrerer heißen.» Hier nun wird erneut der Fachsoziologe Max Weber erkennbar: Bei der Kategorie der «Sozialen Beziehung» geht es um aufeinander bezogenes menschliches Handeln, unabhängig davon, ob es solidarisches Handeln ist oder nicht.
    Erst mit § 5 schloss Weber den Rahmen seiner Soziologie durch die Einführung der «Legitimen Ordnung» ab, indem er definierte: «Handeln, insbesondere soziales Handeln und wiederum insbesondere eine soziale Beziehung, können von seiten der Beteiligten an der Vorstellung vom Bestehen einer legitimen Ordnung orientiert werden. Die Chance, daß dies tatsächlich geschieht, soll ‹Geltung› der betreffenden Ordnung heißen.» Von «Ordnung» wollte Weber nur dann sprechen, «wenn das Handeln an angebbaren ‹Maximen› (durchschnittlich und annähernd) orientiert wird». Eine «Geltung» einer solchen Ordnung liegt dann vor, wenn diese «Maximen» – die sicherlich dem heutigen soziologischen Verständnis von «Normen» vergleichbar sind – «irgendwie für das Handeln geltend: verbindlich oder vorbildlich, angesehen werden». Die «Orientierung» an einer derartigen «Ordnung» heißt dabei keineswegs notwendigerweise «Befolgung». Dazu kam noch die Weber’sche Vorstellung von mehreren, nebeneinander bestehenden Ordnungen: «Es macht der Soziologie keine Schwierigkeiten, das Nebeneinandergelten verschiedener, einander widersprechender Ordnungen innerhalb des gleichen Menschenkreises anzuerkennen. Denn sogar der Einzelne kann sein Handeln an einander widersprechenden Ordnungen orientieren.»
    Von einer rein faktisch geltenden Ordnung – im Sinne ihrer Befolgung – aus rein «zweckrationalen» Motiven sagte Weber, dass diese weit
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