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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen
Autoren: Alexander Kent
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seinem Wimpel im Vortopp zeigte Bolitho, daß der Wind aus Nordost durchstand. Morgen würde ihnen das sehr helfen. Zum hundersten Mal mußte Bolitho an Herrick denken und an seine Redensart von der launischen Dame Fortuna.
    »Noch Befehle für den Tag, Sir?« fragte Keen.
    Sie schauten einander an wie Freunde über den Gartenzaun an einem ganz normalen Tag. »Morgen passiert’s – oder gar nicht, Val. Sie wissen ja, wie diese Konvois über die See schleichen, der Langsamste bestimmt das Tempo. Konteradmiral Herrick hat rund zwanzig Frachter zu begleiten. Wenn es ein Gefecht gegeben hat, dann müßten die schnellsten davon jetzt im Skagerrak stehen – falls sie dem Feind entkommen sind.« Er versuchte zu lächeln. »Sie halten mich vielleicht für verrückt, aber es könnte gut sein, daß Herrick morgen früh mit seiner Herde fröhlich grüßend an uns vorbeisegelt.«
    »Darf ich etwas fragen, Sir?« »Gern.«
    »Wenn Sie Konteradmiral Herrick wären, Sir, was würden Sie an seiner Stelle tun, wenn sich ein feindlicher Dreidecker und sein Geleit Ihrem Konvoi nähert?«
    Bolitho sah zur Seite. »Ich würde dem Konvoi befehlen, sich aufzulösen. Dann würde ich den Feind in ein Gefecht verwickeln.
    Das verschafft den verstreuten Schiffen Zeit zur Flucht, so daß wenigstens einige davon durchkommen.«
    »Glauben Sie, daß auch er das tun würde?«
    Bolitho nahm Keen am Arm und führte ihn hinter das große Doppelrad. Julyan, der Master, redete mit seiner tiefen, grollenden Stimme auf seine Gehilfen ein. Schon früher hatte Keen den Mann gelobt, er sei sein Gewicht in Gold wert. Aber was er wirklich konnte, hatte er in dieser Nacht bewiesen, beim harten Anknüppeln gegen Wind und Strömung.
    »Ich mache mir Sorgen, Val. Wenn der Feind seine Schiffe findet, wird Herrick das Gefecht zu einer ganz persönlichen Abrechnung machen.« Aus der Kombüse wehte der fette Geruch von Schweinefleisch herüber. »Sobald beide Wachen gegessen haben, machen Sie klar Schiff zum Gefecht, Val. Aber löschen Sie das Kombüsenfeuer noch nicht. Volle Bäuche haben schon mehr Schlachten gewonnen als kalter Stahl.«
    Keen musterte das Deck, als herrsche dort bereits das Chaos eines Nahkampfs. »Einverstanden.« Dann sagte er: »Ihr Mr. Tyacke könnte mit dem großen Franzosen recht haben, auch wenn ihn noch keiner kennt. Schließlich kennt auch noch kaum jemand die
Black Prince –
sie ist viel zu neu.«
    Der Wachhabende räusperte sich laut. »Wollen Sie mir vorschlagen, die Wache abzulösen, Mr. Sedgemore?« kam Keen seiner Frage zuvor.
    »Moment mal«, unterbrach ihn Bolitho. »Was haben Sie da eben gesagt, Val?«
    »Nichts weiter. Nur etwas über die hier unbekannte
Black
Prince.«
    Bolitho sah nach oben zur Flagge. »Haben Sie einen guten Segelmacher, Val? Dann bitten Sie ihn zu uns. Es muß aber schnell gehen. Und noch ehe es dunkel wird, muß ich Kapitän Huxley auf der
Nicator
verständigen.« Keen schickte einen Midshipman um den Segelmacher. Bolitho würde ihm sicherlich bald erklären, was er beabsichtigte. Und vielleicht knobelte er ja selber noch daran.
    Der Segelmacher der
Black Prince
sah so aus wie alle seiner Zunft: graues, buschiges Haar, kräftige Augenbrauen, die über die Stirn hinaus reichten, und dazu eine Lederschürze voller Werkzeug wie Faden, Nadeln und natürlich Segelmacherhandschuhe. Der Segelmacher blinzelte mit seinen wäßrigen Augen alle nacheinander an: den Admiral, seinen Kommandanten, den Wachoffizier, die Midshipmen und die Gehilfen des Masters. »Ja, Sir?« fragte er mißtrauisch.
    »Können Sie mir eine dänische Flagge nähen, Fudge, einen richtig großen Danebrog?«
    Der Mann nickte. »Zur Täuschung, Sir Richard?«
    Leutnant Sedgemore wollte den Segelmacher anfahren, aber Keen gab ihm ein Zeichen zu schweigen.
    »Richtig«, antwortete Bolitho. »Ein weißes Kreuz auf rotem Grund mit zwei Schwänzen. So wie der Wimpel eines Kommodore – nur größer.«
    Fudge straffte sich. »Ich war mit Nelson auf der
Elephant
vor Kopenhagen, Sir Richard! Ich weiß, wie eine dänische Flagge aussieht.«
    »Wann kann ich sie bekommen?«
    Fudge grinste mit seinen schlechten Zähnen. »Schnellstens natürlich. In spätestens zwei Tagen, Sir Richard!«
    »Wir brauchen sie dringend. Könnte ich sie schon morgen früh haben?«
    Fudge schaute ihn so aufmerksam an, als suche er eine Erklärung für die Eile. »Ich fange sofort an, Sir Richard.« Er betrachtete die Seeleute um sich herum, als gehörten sie zu einer
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