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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen
Autoren: Alexander Kent
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großen Dreidecker mit seiner rechtmäßigen dänischen Flagge unter der englischen, also ein dänisches Schiff, das von Engländern aufgebracht worden war. Doch zu einer Täuschung gehörte mehr. Als Fregattenkapitän hatte Bolitho sich manche List ausgedacht und war ebenso vielen selbst aufgesessen. In einem so langen Krieg konnte man selbst die Normalität nicht ohne Mißtrauen hinnehmen.
    Wenn sie das kommende Gefecht verloren, mußten sie einen doppelten Preis bezahlen. Keen hatte dem Bootsmann befohlen, keinerlei Ketten aufzuriggen. Spieren und Trümmer würden also an Deck fallen und das Schiff verkrüppeln, Männer an ihren Kanonen zerschmettern. Auch alle Boote blieben in den Klampen, und ihre Splitter würden mörderische Wunden reißen.
    Keen trat zu ihm. Wie alle Offiziere an Deck hatte er seine Uniformjacke unten gelassen, um sich nicht zu verraten. Auch er sah zum östlichen Himmel. »Es wird wieder ein klarer Tag, Sir Richard.«
    Bolitho stimmte zu. »Ich hatte auf Regen gehofft, zumindest auf Wolken bei diesem Nordost.« Aber sie hatten ganz klare Sicht. »Wir werden die Sonne im Rücken haben, also werden sie uns zuerst entdecken. Wir sollten schon Segel kürzen, Val.«
    Keen suchte sich einen Midshipman. »Mr. Rooke, bitten Sie den Ersten Offizier, Bramsegel und Royals wegnehmen zu lassen!«
    Bolitho wußte sich verstanden. Falls sie schon jetzt gesichtet wurden, konnte der Gegner mißtrauisch werden. Warum segelte eine schwach bemannte Prise unter Vollzeug, wenn sie nichts zu fürchten hatte?
    Keen sah den Männern nach, die schemenhaft in den Webleinen emporkletterten, um die schweren Segel aufzutuchen und an die Rahen zu binden. »Major Bourchier hat seine Männer auf dem Vordeck, hier hinten und im Großtopp aufgestellt, genauso als müsse er eine echte Prise unter Kontrolle halten, auf der die ursprüngliche Besatzung noch arbeitet.«
    Mehr konnten sie im Augenblick nicht tun. Cazalet rief: »Der Segelmacher, Sir!«
    Fudge und einer seiner Gehilfen kamen aus dem Schatten, die in der Nacht genähte dänische Flagge zwischen sich.
    »Sie haben Wort gehalten«, lobte ihn Bolitho. »Gute Arbeit. Lassen Sie Fudge die neue Flagge setzen, diese Ehre gebührt ihm.«
    Das war nun wirklich etwas Besonderes, an diesen Augenblick würde sich mancher noch lange erinnern. Männer verließen sogar ihre Kanonen, um das Hissen der Flagge zu beobachten, die schließlich unter der englischen auswehte.
    Jemand rief: »Hast wohl dein bestes Tuch dafür genommen, Segelmacher!«
    Der Segelmacher starrte nach oben und sagte trocken: »Ist noch genug übrig, um dich heute darin einzunähen, Freund!«
    »Ich habe einen unserer besten Männer in den Ausguck geschickt, Sir«, meldete Keen. »Taverner, Gehilfe des Masters. Der hat Augen wie ein Falke und einen klaren Kopf.«
    Bolitho fuhr sich über die trockenen Lippen. Kaffee, Wein, ja sogar das faulige Wasser aus den Fässern hätten ihm jetzt gut getan.
    Keen überlegte laut. »Konteradmiral Herrick könnte auch etwas ganz anderes tun, Sir: nach England zurücksegeln, weil er hofft, unterwegs auf das patrouillierende Geschwader zu treffen.«
    Bolitho stellte sich das ernste, verläßliche Gesicht Herricks vor.
    Mit einem Konvoi umkehren? Niemals. Das wäre für ihn wie Weglaufen.
    Tojohns, Keens Bootssteurer, gürtete den Flaggkapitän mit dem Gehenk für den leichten, gebogenen Säbel, den er in jedem Gefecht trug. Bolitho packte den Griff seines eigenen Degens, den Allday an seinen Gürtel gehängt hatte. Er fühlte sich an wie Eis, und Bolitho erschauerte, besorgt beobachtet von Allday. Der Alte roch stark nach Rum.
    Und dann wurde die Dunkelheit plötzlich zerrissen durch einen gewaltigen Blitz, der das ganze Schiff erhellte und die Männer wie Statuen beleuchtete. Die Wanten und Webleinen schienen zu glühen. So plötzlich, wie das Licht auf sie zugejagt war, so schnell war es auch wieder verschwunden, als habe es eine Riesenhand ausgelöscht. Dann erst, scheinbar eine halbe Ewigkeit später, kam der Knall der Explosion und mit ihm ein heißer Wind, der die Segel backschlagen ließ und die Gesichter versengte.
    Überall wurden Stimmen laut, als die Dunkelheit die
Black
Prince
wieder einschloß.
    »Was war das, alter Freund?«
    »Ein Schiff, das Pulver und Munition transportiert hat«, antwortete Allday betroffen.
    Ob jemand an Bord sich vorstellen konnte, daß auch sein Leben in solch einem Pulverblitz enden konnte? fragte sich Bolitho. Kein letzter Schrei, kein
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