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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen
Autoren: Alexander Kent
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große Master grinste breit. »Ich fühle mich schon förmlich wachsen, Sir Richard!«
    Segrave wurde ruhiger, sah dem Kommenden gefaßter entgegen.
    Scherzhaft meinte Bolitho: »Unsere dänischen Kameraden haben zwar weniger auffällige Uniformen als wir, aber ein Kommandant sollte trotzdem einen Hut tragen!«
    Alle grinsten, als Julyan zuerst Keens und dann Bolithos Hut ausprobierte, der ihm perfekt paßte.
    Noch einmal musterte Bolitho das Achterdeck und sah auch kurz Segrave an. »Das Warten hat gleich ein Ende. Achtung!«
    Das zweite feindliche Schiff, ein Zweidecker, fiel jetzt ab und halste. Flaggen stiegen an seinen Signalleinen auf oder wurden niedergeholt, zur Bestätigung oder als Ausführungsbefehl. Der französische Zweidecker hatte es offenbar auf die
Nicator
abgesehen, die sich der
Black Prince
näherte, als wolle sie ihre Prise schützen.
    Der Erste riß Segrave aus seinen Gedanken. »Ab in die untere Batterie, Mr. Segrave! Melden Sie sich dort beim Dritten Offizier!« Er sah sich um. »Wo ist der verdammte Vincent? Er hätte längst zurück sein müssen. Schicken Sie ihn sofort zu mir, wenn Sie ihn sehen.« Als er Segraves Spannung merkte, fügte er hinzu: »Immer mit der Ruhe, junger Mann. Heute werden Männer sterben, aber Sie sind noch nicht dran.« Segrave rannte zum Niedergang und dachte plötzlich an die rauhe Herzlichkeit auf der alten
Miranda,
die in die Luft geflogen war. Jetzt war er ein Jahr älter, aber ihm schien es wie ein Dutzend Jahre.
    Noch einmal sah er sich um, ehe er hinabstieg. Dieses Bild würde er nie vergessen: Bolitho stand da, eine Hand auf dem Griff des alten Degens, und sein gefälteltes Hemd bauschte sich im Wind. Hinter ihm hielt sich der alte Bootsführer bereit. Keen, Jenour, Bosanquet, die Mastergehilfen, die Rudergänger, die Toppgasten – sie alle schienen ihm in diesem Augenblick um vieles lebendiger zu sein als damals die Menschen zu Hause.
    Als er sich umdrehte, erschrak er. Jenseits der Backbord-gangway wehte eine Fahne, die er bisher nur in Büchern abgebildet gesehen hatte: die Trikolore. So nahe also war der Feind schon!
    Eine Stimme rief: »Sie luvt an. Will wohl mit uns plaudern!« Doch provozierte das keine Antwort, keine spöttische Bemerkung wie sonst. Segrave schien es, als knurre jeder leise vor Wut. Er kletterte weiter abwärts, vorbei an Wachtposten an den Niedergängen, die verhindern sollten, daß Feiglinge nach unten flohen. Er wich den Pulveraffen aus, Jungen, die schon neue Ladungen zu den Kanonen brachten, obwohl die noch gar nicht gefeuert hatten. Unten in der Last des Zimmermanns hockte zwischen Bohlen und vorbereiteten Pfropfen ein Midshipman: Vincent.
    »Mr. Cazalet braucht Sie dringend an Deck!«
    Vincent schien sich zwischen die Hölzer verkriechen zu wollen.
    »Hau bloß ab! Fahr zur Hölle, Segrave. Ich hoffe, du krepierst heute!«
    Segrave ging weiter, stumm vor Entsetzen. Dieser Midshipman war erledigt, noch ehe seine Karriere richtig begonnen hatte.
    Das untere Batteriedeck lag in tiefer Dunkelheit, und doch spürte Segrave die Gegenwart der vielen Menschen, die sich hier um die Kanonen drängten. Manchmal fiel ein Lichtstrahl durch Ritzen in den Stückpforten und beleuchtete weit aufgerissene Augen und nackte, schwitzende Schultern.
    Hier unten kommandierte der Dritte Offizier, Flemyng, die stärkste Waffe der
Black Prince,
die achtundzwanzig Zweiunddreißigpfünder. Hier lebten und exerzierten ihre Mannschaften nur für diesen Augenblick.
    Flemyng, ein großer Mann, stand gebeugt bei der ersten Kanone. Als Segrave näherkam, sah er, daß er durch ein kleines Beobachtungsloch nach draußen spähte.
    »Segrave, bleiben Sie bei mir!« Seine Stimme klang abgehackt und fremd. Segrave hatte ihn bisher als den leutseligsten unter den Offizieren kennengelernt.
    Als Segraves Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er die nächste Kanone gut erkennen; ihre dunklen Verschlußstücke lagen auf der schwarz-roten Lafette. Männer hockten und knieten um sie herum, ihre Rücken glänzten wie Stahl. Der Gehilfe des Stückmeisters drückte Segrave zwei Pistolen in die Hand. »Beide sind geladen, Sir.«
    Aber würde der Feind bis hierher kommen – so tief ins Schiff hinunter? Segrave zuckte zusammen, als jemand sein Bein berührte und leise fragte: »Wollten Sie mal sehen, wie wir hier unten leben?« Es war der Mann, den er vorm Auspeitschen bewahrt hatte, Jim Fittock. Eine Stimme bellte: »Ruhe im Batteriedeck!«
    Segrave schob die
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