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Die Maschen des Schicksals (German Edition)

Die Maschen des Schicksals (German Edition)

Titel: Die Maschen des Schicksals (German Edition)
Autoren: Debbie Macomber
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1. KAPITEL
    „E ine Socke in Handarbeit herstellen verbindet mit der Geschichte. Wir erhalten dadurch einen kleinen Einblick in das Leben der Strickerinnen, die mit der gleichen Fertigkeit und Technik arbeiteten, die wir heute anwenden.“
    (Nancy Bush, Verfasserin von „Folk Socks“ (1994), „Folk Knitting in Estonia“ (1999) und „Knitting on the Road, Socks for the Travelling Knitter“ (2001), erschienen bei Interveave Press)
    Lydia Hoffman
    Stricken hat mir das Leben gerettet. Es begleitete mich durch die beiden langwierigen Leidensphasen meiner Krebserkrankung. Einer besonders heimtückischen Art, bei der sich Tumore im Gehirn bildeten, die mich mit unbeschreiblichen Kopfschmerzen plagten. Ich ertrug Schmerzen, die ich mir vorher nie hätte vorstellen können. Der Krebs zerstörte meine Jahre als Teenager, doch ich war entschlossen zu überleben.
    Ich war gerade sechzehn geworden, als die Krankheit zum ersten Mal diagnostiziert wurde, und ich lernte stricken, während ich eine Chemotherapie durchmachte. Eine Frau mit Brustkrebs, die im Behandlungsstuhl neben mir saß, strickte ebenfalls, und sie brachte es mir bei. Die Chemotherapie war schrecklich – nicht ganz so schlimm wie die Kopfschmerzen, aber fast. Durch das Stricken konnte ich die endlosen Stunden überstehen, in denen ich mich entsetzlich schwach fühlte und mit ständigem Brechreiz zu kämpfen hatte. Mit zwei Nadeln in den Händen und einem Knäuel Wolle auf dem Schoß bekam ich das Gefühl, alles ertragen zu können. Mir fiel das Haar büschelweise aus, aber ich war in der Lage, das Garn um die Nadel zu schlingen und eine Masche zu stricken. Ich schaffte es, ein Muster einzuarbeiten und ein Stück zu vollenden. Ich konnte kaum einen Bissen bei mir behalten, aber ich konnte stricken. An diese kleinen Erfolgserlebnisse klammerte ich mich.
    Stricken war meine Rettung – die Handarbeit und mein Vater. Er gab mir die emotionale Kraft, diese letzte Phase des Kampfes zu überstehen. Ich überlebte, mein Vater traurigerweise nicht. Ironie des Schicksals, oder? Während ich die Krankheit besiegte, brachte sie meinen Vater um.
    Auf dem Totenschein steht, dass er an einem schweren Herzinfarkt starb. Doch ich glaube, es war etwas anderes. Als ich einen Rückfall erlitt, traf ihn das noch mehr als mich. Mom war immer unfähig gewesen, mit Krankheiten umzugehen. Deshalb lag die Hauptlast meiner Pflege bei meinem Vater. Meist war er es, der mich zur Chemotherapie brachte, der sich mit den Ärzten stritt und dafür kämpfte, dass ich die bestmögliche medizinische Behandlung erhielt –, der mir den Willen zum Weitermachen gab. Während ich von meinem Kampf ums Überleben vollkommen vereinnahmt war, bemerkte ich nicht, was für einen hohen Preis mein Vater für meine Genesung zahlte. Als mir bescheinigt wurde, dass ich mich auf dem Weg der Besserung befand, versagte ihm sein Herz ganz einfach den Dienst.
    Nachdem er gestorben war, wurde mir klar, dass ich entscheiden musste, was ich nun mit meinem Leben anfangen wollte. Es sollte ihm zu Ehren geschehen, was immer ich auch wählte. Das hieß, ich war bereit, ein Risiko einzugehen. Ich, Lydia Anne Hoffman, beschloss, auf dieser Welt ein Zeichen zu hinterlassen. Im Nachhinein betrachtet klingt das ziemlich melodramatisch, doch genau so dachte ich vor einem Jahr. Was, möchten Sie vielleicht fragen, könnte ich getan haben, das so bedeutend und außergewöhnlich war?
    Ich eröffnete einen Wollladen in der Blossom Street in Seattle. Das klingt wahrscheinlich nicht gerade weltbewegend, aber für mich war es ein Schritt in die Zukunft. Ich hatte etwas Geld von meinen Großeltern geerbt und verwendete jeden Cent davon, um mein Geschäft zu eröffnen. Und das, obwohl ich es nie länger als ein paar Wochen in einem Job ausgehalten hatte. Ich, die so gut wie nichts über Finanzen, Gewinn- und Verlustrechnung oder Geschäftsplanung wusste. Jeden Heller, den ich besaß, investierte ich nun in das, von dem ich etwas verstand. Das waren die Wolle und das Stricken.
    Natürlich brachte das ein paar Probleme mit sich. Zu jener Zeit fanden in der Blossom Street umfangreiche Sanierungsarbeiten statt. Die Frau des Architekten, Jacqueline Donovan, war eine der Schülerinnen in meinem ersten Strickkurs gewesen. Die Teilnehmerinnen dieses ersten Kurses, Jacqueline, Carol und Alix, sind heute meine drei besten Freundinnen. Im letzten Sommer, als ich „A Good Yarn“ eröffnet hatte, war der Laden umgeben von Baustellen. Es stellte
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