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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen
Autoren: Alexander Kent
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schon mal hier.«
    »Ich werde voraussegeln, Sir, falls Sie mir trauen«, warf Tyacke ein.
    Gambier begleitete sie zur Pforte, dann fragte er seinen Flaggkapitän: »Bin ich eigentlich ein schwieriger Vorgesetzter?« Der Kapitän lächelte. »Es geht, Sir.«
    Gambier sah dem Wachboot nach, das hastig durch den Hafen gerudert wurde, immer wieder erleuchtet von den Bränden in der Stadt. »Eben hatte ich auf meinem eigenen Flaggschiff das Gefühl, daß Bolitho hier den Oberbefehl hat, nicht ich.«
    Auf der
Black Prince
gab Bolitho seine Befehle, als hätte er sie längst ausgearbeitet. »Schicken Sie ein Boot zu Ihrem alten Schiff, Val. Die
Nicator
soll sofort Anker lichten und uns folgen.« Er ergriff seinen Arm. »Und bitte keine Diskussionen. Tyackes
Larne
wird uns hinauslotsen. Ich habe doch geahnt, daß so etwas passiert!« Der große Dreidecker erwachte plötzlich zum Leben, als die Trommeln wirbelten und die Besatzung auf ihre Manöverstationen eilte. Alles war besser, als hier zu ankern und in dieses Inferno einzustimmen. Nur zu gern verließen sie den Hafen. Das Gangspill klickte schon, bald würde der Heckanker aufgeholt sein. Eine Hecklaterne glitt übers Wasser, und gelegentlich konnte Bolitho im Flammenschein dahinter den Umriß der
Larne
erkennen.
    Zwei große Brandbomben fielen gleichzeitig auf die Stadt und beleuchteten Dächer und Schiffe wie ein grelles Feuerwerk. Bolitho hatte die Hand vor das verwundete Auge geschlagen. Als der riesige Ball verglomm, zog er sie weg. Er sah seine Umgebung wie durch Wolken oder ein beschlagenes Glas. »Doch nicht jetzt, lieber Gott, nicht jetzt!« murmelte er verzweifelt.
    »Anker ist kurzstag, Sir!«
    Im Sprachrohr hörte sich Keens Stimme fremd an. »Wie verläuft die Trosse, Mr. Sedgemore?« Er wartete auf den nächsten Feuerblitz, um den Winkel zu erkennen, den ihm der Leutnant mit ausgestrecktem Arm wies. Im Hafen war sehr wenig Platz, Keen mußte genau berechnen, wie sein Schiff sich bewegen würde, wenn der Anker freikam. Cazalet brüllte: »Marssegel setzen!« Und nach ein paar Sekunden: »Achtung, Achterdeckswache!«
    Die unteren Stückpforten der
Black Prince
schienen fast das Wasser zu berühren, als von vorn der Schrei kam: »Anker ist frei, Sir!«
    Bolitho griff haltsuchend in die Netze und rieb sich das Auge.
    »Kann ich helfen, Sir Richard?« flüsterte Jenour neben ihm.
    Statt der erwarteten heftigen Abfuhr hörte er nur ein leises Stöhnen. »Ich verliere mein Augenlicht, Stephen. Aber würden Sie das bitte für sich behalten?«
    Jenour war zu erschüttert, um zu antworten. So nickte er nur.
    »Es darf niemand erfahren!« Bolitho packte seinen Arm, bis Jenour vor Schmerz das Gesicht verzog. »Da draußen warten Freunde auf unsere Hilfe.«
    Keen trat zu ihnen. »Schiff ist in Fahrt, Sir.« Dann sah er von einem zum anderen und begriff sofort, was geschehen war. »Soll ich den Schiffsarzt rufen lassen?«
    Bolitho schüttelte den Kopf. Vielleicht würde die Trübung ja vorübergehen. Wenn der Morgen anbrach, konnte er möglicherweise so gut sehen wie vorher. »Nein, danke, Val. Es wissen schon zu viele. Segeln Sie hinter der Hecklaterne der
Larne
her und schicken Sie Ihren besten Lotgast in den Bug.«
    Aus der Dunkelheit tauchte Allday mit einem Becher auf. Bolitho trank und schmeckte Kaffee mit Rum und noch etwas. Er fühlte, wie er sich entspannte. »Das hat gut getan, alter Freund. Jetzt ist es wohl vorbei.« Er reichte Allday den Becher zurück.
    Doch als er sich nach der brennenden Stadt umsah, hing der Nebel immer noch vor seinem linken Auge.

Die wahre Flagge
     
    Die
Black Prince
segelte so hoch am Wind wie möglich. Ihre großen Rahen waren so dichtgebraßt, daß eine Landratte geglaubt hätte, sie stünden mittschiffs. Fast die ganze letzte Nacht hatten sie damit verbracht, im engen Sund gegenan zu kreuzen. Der Donner des Bombardements von Kopenhagen war ihnen gefolgt, immer leiser werdend.
    Die
Nicator
hatte es geschafft, Fühlung zum Flaggschiff zu halten, doch Besatzung und Offiziere auf dem großen Dreidecker hatten all ihre Erfahrung gebraucht und viel Kraft. Jede einzelne Tiefenangabe des Lotgasten wurde laut nach achtern gerufen, und einmal hatte Bolitho das Gefühl gehabt, daß nur noch eine Handbreit Wasser zwischen dem Kiel des großen Schiffes und einer Katastrophe stand.
    In der Morgendämmerung fuhren sie ins Kattegat ein, ebenfalls ein flaches Gewässer, doch ihnen kam es nach dieser Nacht vor wie der weite Atlantik. Ein Blick zu
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