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Matto regiert

Matto regiert

Titel: Matto regiert
Autoren: Friedrich Glauser
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das dürft ihr mir glauben, ich bin ein einfacher Mann, Herr Doktor, ich wollte tun, was in meiner Kraft stand, um euch Sorgen zu ersparen…«
    »Studer! Studer!« unterbrach Dr. Laduner vorwurfsvoll. »Das sind alles Ausflüchte! Sie entschuldigen sich zu hartnäckig… Sie haben nachher etwas getan, was Sie nur schwer verantworten können. Erzählen Sie mir das lieber, so ruhig und sachlich als möglich… Dann können wir weitersehen…«
    Studer seufzte wieder… Noch eine kleine Anstrengung, und dann war alles vorüber… Dann konnte man Mattos Reich verlassen…
    »Aber Ernst«, sagte da plötzlich Frau Laduner, »quäl doch unsern Wachtmeister nicht so…«
    »Merci, Frau Doktor«, sagte Studer erleichtert. Und dann fuhr er fort:
    »Die ganze Zeit über hatte der Dreyer unbeweglich auf dem Boden gelegen, seine Augen waren immer noch geschlossen. Aber ich merkte gut, daß seine Augendeckel zitterten… Er war schon lange nicht mehr bewußtlos… Aber ich ließ ihn noch liegen, denn ich hatte noch ein paar Fragen zu stellen. Ich sollte doch die Wahrheit finden, Herr Doktor, die Wahrheit – für uns… Darum fragte ich den Caplaun: ›Und die Brieftasche? Warum habt ihr die Brieftasche hinter den Büchern des Herrn Doktor versteckt?‹ – Da wurde der Caplaun rot und schließlich sagte er stotternd, er habe erwartet, daß ihr, Herr Doktor, ihm danken würdet für den Dienst, den er euch erwiesen habe… Denn er habe erfahren, von der Untersuchung, die der Direktor begonnen habe über die Todesfälle im U 1, und da habe der Herbert gemeint, ihr seiet in einer gruusigen Gefahr… Und nur darum habe er den Direktor hinuntergestoßen… Aber ihr hättet nicht dergleichen getan… Und da sei er toub geworden und habe gedacht, er könne euch einen Streich spielen – wenn es nämlich eine Untersuchung gäbe und die Brieftasche werde bei euch gefunden, so würdet ihr in Verdacht geraten und dann hätte er, der Herbert, hervortreten und gestehen können und alle Welt hätte dann erkennen müssen, wieviel Edelmut in einem verkommenen Subjekt stecke… Das waren etwa seine Worte… Ich gab mich mit der Erklärung zufrieden… Dann wollte ich aber noch wissen, warum der Gilgen mir den Sandsack aus dem Koffer gestohlen hatte…
    Da erfuhr ich nun, daß ich beobachtet worden war, und, so unwahrscheinlich es klingen mag, ich bin vom Pieterlen beobachtet worden… Pieterlen hatte sich in dem leeren Dachraum über meinem Zimmer versteckt, weil er gefunden hatte, dort sei er am sichersten aufgehoben… So sicher fühlte er sich dort oben, daß er sogar wagte, Handharpfe zu spielen… Darum ist der Gilgen damals so erschrocken, als ich ihn in meinem Zimmer fragte, wer da spiele… Es war ein Loch im Fußboden des Estrichs, durch das Loch konnte der Pieterlen alles beobachten, was in meinem Zimmer vorging. Da sah er mich den Sandsack und das Stück grauen Stoffes im Koffer verstecken… In der Nacht schlich er sich auf die Abteilung und in Gilgens Zimmer und erzählte ihm das. In eure Wohnung hat sich der Pieterlen nicht getraut… Darum mußte der Gilgen gehen… Die Angst vor der Entlassung war nur ein Vorwand, er wußte gut, daß er unter eurer Leitung nichts mehr zu fürchten hatte…«
    Studer schwieg eine Welle, dann fuhr er fort:
    »Caplaun hatte sich beruhigt… Auch sein Haß auf den Abteiliger Jutzeler schien verraucht zu sein… Ich trat zu dem Dreyer, gab ihm einen Stupf und sagte ihm, er solle aufhören, sich zu verstellen… Er müsse mitkommen… Der Mann schlug die Augen auf… Er hatte einen giftigen Blick… Ich hätte wirklich mehr aufpassen sollen… Aber man denkt schließlich auch nicht immer an alles…
    Wir, der Jutzeler und ich, nahmen die beiden zwischen uns. Neben mir schritt der Caplaun, dann kam der Portier und ganz zuäußerst links ging der Jutzeler… Wir gingen auf dem Sträßlein, und der Jutzeler meinte, wenn wir den Weg am Fluß entlang nehmen würden, so könnten wir bedeutend abkürzen…«
    »Sind Sie sicher, Wachtmeister, daß der
Jutzeler
den Vorschlag gemacht hat?« fragte Dr. Laduner. Studer blickte erstaunt auf. »Ja, Herr Doktor, ganz bestimmt…«
    »So«, meinte Dr. Laduner nur. Dann zog er die Hände aus seinen Schlafrocktaschen und verschränkte die Arme über der Brust. Studer wurde unsicher.
    »Ich weiß nicht«, sagte er zögernd, »ob ihr die Stelle kennt, wo das Ufer neben dem Weg ziemlich steil abfällt… Dort ist der Fluß tief!«
    Laduner nickte schweigend.
    »Der Weg ist
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