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Matilda - das Mädchen aus dem Haus ohne Fenster

Matilda - das Mädchen aus dem Haus ohne Fenster

Titel: Matilda - das Mädchen aus dem Haus ohne Fenster
Autoren: Ann-Kathrin Kramer
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schlimmer ist: Mama sagt, dass mein Bruder einen Vorsprung hat, also schneller wieder gesund sein wird als ich. Was das heißt, will ich mir gar nicht erst vorstellen. Mit der Rache ist es ja so: Das geht immer abwechselnd.
    Also wäre jetzt er dran. Mit Grauen stelle ich mir vor, wie mein Bruder sich mein Lieblingsauto schnappt und dann die Räder abschraubt. Wahrscheinlich wird er sie dann noch mit einem fetten Grinsen aus dem Fenster schnipsen.
    Jetzt ist guter Rat teuer. Eine Abwechslung muss her, besser noch ein Bündnis! Ich betrachte die Indianer mit den lackierten Fußnägeln.
    »Ist doch eigentlich ganz hübsch, ne?!« Ich lächle meinen Bruder so nett es geht an, aber er schaut nur, sagt kein Wort und dreht sich weg.
    Gegen Abend ist mein Kummer so groß geworden, dass ich beschließe, niemals wieder gesund zu werden.
    Aber dann kommt doch alles ganz anders. Es gibt doch noch ein bisschen Gerechtigkeit auf der Welt, und meine Mama ist die klügste Frau auf der ganzen Welt mit den besten Ideen der ganzen Welt. Am Abend, ich hatte mich und mein Lieblingsauto schon aufgegeben, da kommt sie mit einer großen Kiste Filzstifte ins Zimmer.
    Wir dürfen damit unser Bettlaken bemalen! Von oben bis unten, von links nach rechts. Und wenn es sein muss, sogar die Bettdecke und das Kissen und … ach, alles eben! Das nenne ich eine Ablenkung.
    Als mein Bruder und ich am nächsten Morgen aufwachen,sind wir viel zu beschäftigt, um uns gegenseitig zu ärgern. Auf unseren fiebernassen Körpern haben sich die Zeichnungen abgebildet, die wir bis tief in die Nacht in unsere Betten gemalt haben. Alles spiegelverkehrt und sehr geheimnisvoll. Wir sehen aus wie tätowierte Südsee-Indianer. Ob es wohl tätowierte Südsee-Indianer gibt? Und wenn ja, waren die dann alle krank, bevor sie welche wurden? Und haben die alle Mütter, die ihnen Filzstifte bringen, wenn sie die am nötigsten brauchen?
    Das sind die wirklich wichtigen Fragen, die uns seit diesem Morgen beschäftigen.

Geld ist nicht alles
    Geld ist nicht alles.
    Das sagt sich so leicht. Und dann steht man im Laden und schaut auf das Bonbonregal, und es läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Dann ist Geld alles.
    Ganz genauso ist es im Schwimmbad. Das Geld für den Eintritt hast du bekommen, aber was ist, wenn du Hunger hast? Willst du dann die ollen Stullen auspacken, die Mama dir mitgegeben hat? Willst du das wirklich? Na ja, wie sagt Papa immer? Der Hunger treibt’s rein.
    Aber viel cooler ist natürlich, wenn du Geld für Pommes hast! Finde ich jedenfalls. Übrigens, es ist nicht nur cooler, es schmeckt auch besser.
    Einmal in der Woche gehe ich in den Eisteeklub. Da treffen sich alle Kinder, und wir spielen zusammen. Manchmal basteln wir auch. Das macht Spaß. Wenn wir dann ein bisschen gebastelt haben, dann machen wir eine Pause.
    Das ist der einzige Haken an der Sache.
    Alle packen ihre Esssachen aus. Brote, Gemüse und Obst in Butterbrotdosen. Das sind die normalen Kinder.
    Manche haben außerdem noch Süßigkeiten. Diese Süßigkeitenkinder, die haben es sehr gut. Die essen das Süße, und den Rest, den lassen sie einfach verschwinden.
    Und dann sind da noch die »Fertigkinder«. Die sind richtigreich! Die haben Milchschnitten und Sandwiches in Plastikverpackung und Yes-Törtchen und Trinkpäckchen mit eingeschweißtem Strohhalm und so. Die kriegen alles fertig gekauft.

    Na ja, und dann bin da noch ich … Ich gehöre zu keiner dieser Gruppen.
    Ich bin ein Resteesser.
    Also, am Anfang war ich ein Resteesser. Da habe ich einfach alles gegessen, was die anderen übrig gelassen haben. Ganz egal was, es war lecker. Dann hat der Benno diese Bemerkung gemacht. Die mit dem Armeleutekind und dem Schmarotzer und dem »zwischen die Wurstscheiben hab ich aber reingespuckt«. Diese Bemerkung.
    Seitdem bin ich kein Resteesser mehr. Seitdem bin ich auf Diät. Diät ist, wenn man nichts isst, obwohl man Hunger hat. Das weiß ich von Mama. Die macht das fast immer.
    Heute ist wieder Eisteeklub. Heute ist es superklasse, weil: Heute spielen wir Schokoladenwettessen. Das kann ich besonders gut. Ich kann ganz schnell die Sachen anziehen. Mütze, Handschuhe, Schal und Brille, alles kein Problem. Dann geht’s richtig los. Dann säbele ich die eingepackte Schokolade auf, als hätte ich noch nie was anderes gemacht. Dieses Mal läuft es besonders gut. Ich verputze fast die ganze Schokoladentafel, bevor jemand anderes drankommt.
    Heute stört mich die Pause also nicht. Heute bin ich
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