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Mata Hari

Mata Hari

Titel: Mata Hari
Autoren: Enrique Gomez Carrillo
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seiner schwarzen Messen, die aber im Orient die Frische einer Gemeinschaft der Sinnenlust, einer schrankenlosen Betätigung des Besitzes behalten hat, deren ursprüngliche Elemente sich in allen leidenschaftlichen Seelen finden und die, mit einem Wort, nur die intensive Entwicklung oder die monströse Blüte unserer fleischlichen Lüste ist, unserer Sinne, unseres Erobererinstinkts, der uns beherrschenden Wollust, diese Magie studiert Mata Hari mit glühendem Eifer. Keineswegs wie die dilettantischen Epheben, die in ihren Zirkeln zu Oxford die sinnlichen Geheimnisse des Prem Sagar oder des Gita Govinda erläutern, indem sie sich die Hände kitzeln, sondern mit der scharfsinnigen Beständigkeit des Priesters, der nie vergißt, daß der Altardienst sein Beruf ist. Die Bibliothek, die sie bei der Abreise nach Spanien in ihrer Villa in Neuilly zurückließ, enthielt deutsche, englische und französische Übersetzungen von Sanskritschriften mit dem Thema: Die Liebe. Heute ist diese Bibliothek in alle vier Winde verstreut und bei den verschiedensten Bibliophilen zu finden. »Alle diese Übersetzungen«, sagten Augenzeugen, »sind über und über voll von Randbemerkungen in der hohen und engen Handschrift, die so viel Energie andeutet.« Eines dieser Werke, das mir ein Bekannter gab, ist höchst aufschlußreich für die zähe Beschäftigung seiner einstigen Besitzerin mit diesem Stoff, und ohne Übertreibung kann man sagen, das Wesen der orientalischen Liebe hat in ihm so etwas wie eine Bibel gefunden. Ich meine das berühmte Kama Sutram, das die Hindu jahrhundertelang in den Schulen der geweihten Bajaderen verborgen aufbewahrten und das die Engländer profaniert haben durch Übersetzungen in alle europäischen Sprachen. Das Exemplar der Tänzerin ist in schweren Purpurdamast gebunden und trägt auf dem Rücken eine fürstliche Krone. Vielleicht das Geschenk eines vornehmen Gönners, der ihre Neigungen kannte? Nichts darin zeigt seine Herkunft an. Es enthält, ausnahmsweise, auch keine Randbemerkungen. Aber in Abständen vermerkt eine tiefe Furche, mit einem Metallstift oder einem Fingernagel gezogen, Stellen, die die besondere Aufmerksamkeit dieser Frau angezogen haben, um darin die Geheimnisse der brahmanischen Wollustäußerungen zu suchen. Und diese Stellen sind so lehrreich, sie passen so vortrefflich zu dem schwankenden Bilde, das wir uns von dieser kapriziösen und abenteuerlichen, unsteten und hochmütigen, nach den seltensten Reizungen lüsternen und krankhaft gierigen Frau machen; sie scheinen so ganz und gar mit ihrer Sinnlichkeit und Eitelkeit gesättigt zu sein, daß, wenn ich sie jetzt lese, nachdem ich die unauslöschliche Spur gesehen habe, die ihre Küsse auf den Lippen ihrer Geliebten hinterließen, ich das intimste und aufrichtigste ihrer Geständnisse zu hören glaube. Zum Beispiel, in dem Kapitel:
»Über die Beweggründe, die den Kurtisanen als Führer dienen müssen«
hat ihr Werkzeug folgende Sätze unterstrichen:
»Wenn eine Kurtisane den Mann, dem sie sich hingibt, liebt, sind ihre Handlungen natürlich, wenn sie dagegen nur auf ihren Vorteil aus ist, sind sie künstlich; aber im letzteren Falle sollen sie den Eindruck der Aufrichtigkeit machen, denn der Mann hat nur zu der Frau, die ihn zu lieben scheint, Vertrauen.« ... »Die Männer, die man nur ihres Geldes wegen nehmen soll, sind: die ganz jungen mit einer Erbschaft, die hohen Beamten, entweder solche, die sich der Gunst der Herrscher erfreuen oder solche, die eitel auf ihre Reichtümer sind, die Helden usw. ... Sie muß aber auch zur Befriedigung ihrer Eigenliebe und ohne Berechnung sich um Gelehrte, Künstler und Wahrsager usw. bemühen.« »Die Kurtisane muß sich immer schön und liebenswürdig zeigen und an ihrem Leibe die Zeichen ihrer Vorbestimmung tragen. Sie muß die schönen Eigenschaften bei den Männern schätzen, ohne deshalb jemals aufzuhören, das Glück im Auge zu behalten. Sie muß gern geschlechtliche Vereinigungen eingehen und in jedem Fall von der Kaste des Mannes sein, der sie besitzt. Sie muß sich ohne Rast und Ruhe bemühen, den Schatz ihrer Erfahrung und ihrer Talente zu vermehren, was ihr gelingen wird, wenn sie sich immer hochherzig zeigt und eine treue Freundin der Unterhaltungen und der Künste bleibt.
« In einem anderen Kapitel, wo Vatsiayana die Bajadere lehrt, wie sie sich im Bett benehmen soll, sind folgende Stellen unterstrichen: »
Um den Geliebten für sich zu gewinnen, muß die Kurtisane die lebhafteste
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